Objekt Lambda
Mission der Aurora von Erfolg gekrönt sein, dann würde die Galaxis ihr Opfer voll Selbstgefälligkeit hinnehmen. Oder die Mission schlug fehl, dann würde man an sie als an die Dummköpfe denken, die ihr Leben für nichts und wieder nichts aufs Spiel gesetzt hatten. Pertin war klar, er mußte sich damit abfinden, daß es keinen Augenblick des Glücks mehr für ihn gab.
Ein anderer Ben Pertin, Zehntausende von Lichtjahren entfernt, versuchte seine junge Frau zu beruhigen. »Schatz, ich wußte doch, worauf ich mich einließ, als ich mich bereiterklärte. Mein anderes. Ich auf dem Schiff hätte nicht anders gehandelt.«
»Aber dein anderes. Ich wird sterben!« rief Zara Pertin. »Verstehst du denn nicht? Ich liebe dich. Und er ist du. Ich ertrage es nicht, auch nur daran zu denken, was mit ihm geschieht. Sag mir ehrlich, wie sieht es dort aus, Ben?«
Ben Pertin blickte sich hilfesuchend um, aber sie waren ganz allein an dem kleinen, simulierten Strand neben dem großen Wassertank, der ihr »Ozean« war.
»Also komm, sprich schon«, drängte Zara.
»Es sieht nicht gut aus«, gestand er zögernd. »Die Sensoren seines Kokons meldeten bereits eine Abnahme seiner weißen Blutkörperchen. Es wird bald zu Nasenbluten und schließlich zu inneren Blutungen kommen. Er wird immer schwächer werden, seine Temperatur wird ansteigen, und dann dauert es nicht mehr lange, bis er stirbt. Innerhalb einer Woche, vermutlich.« Er wich ihrem forschenden Blick aus. »Das heißt, wenn er an der Strahlungsverseuchung stirbt, und nicht schon vorher eines gewaltsamen Todes. Einige der elektronischen Wesen dort sind bereits dem Wahnsinn verfallen, denn die Strahlung beeinflußt ihre Synapsen. Viele der Organischen sind krank. Und alle haben sie Angst. Es kam bereits zu – zu ein paar Morden.«
»Ich hätte mit dir gehen sollen«, sagte Zara nachdenklich.
»O nein! Wieso denn? Was wäre dadurch gewonnen?«
»Mir wäre leichter ums Herz, und dir auch! Wenn du glaubst, dich wieder einmal irgendwohin melden zu müssen, dann komme ich mit dir!«
4.
Der Tachyar bestätigte die Umlaufbahnen der winzigen Satelliten. Die Schätzung der Masse war richtig, also mußte auch die der Dichte stimmen. Objekt Lambdas durchschnittliche Dichte war demnach die eines hohen Vakuums. Und trotzdem schien es eine feste Oberfläche zu haben. Pertin nahm diese Neuigkeiten mit Apathie zur Kenntnis. Auf dem Schiff war es für ihn zu wichtigeren Entwicklungen gekommen. Erstens einmal gab es für sie an Bord keinen Tachyonen-Empfänger mehr. Es würde nie mehr etwas hierhergesendet werden, weder neue Besatzungsmitglieder, noch Ersatzteile – nichts mehr!
Das letzte, das man geschickt hatte, waren die Einzelteile für ein winziges, unbemanntes Beobachtungsschiff, das gerade zusammengesetzt wurde und in das der Tachyonen-Kristall der Aurora bereits eingebaut war. Sie mußte für das kleine Schiff auch einige ihrer Schotte opfern. Das schwächte natürlich ihre Struktur. Aber obwohl Pertin sich als Ingenieur dafür interessierte, war es ihm als Mensch, dessen Leben schließlich von der strukturellen Integrität der Aurora abhing, schon völlig egal. Wer immer dieses Boot geplant hatte, er hatte die Aurora bereits aufgegeben. Von Bedeutung war nur noch die Sonde, die in ihrem Bauch Form annahm.
An einem gewissen Punkt in der Nähe von Objekt Lambda würde sie abgeschossen werden und dann mit eigener Kraft den geheimnisvollen Himmelskörper erreichen, wo sie schließlich in eine Umlaufbahn gehen würde – mit einem eigenen Tachyonen-Empfänger!
Die Aurora und ihre Besatzung war damit abgeschrieben.
Inzwischen wurden die Beschleunigungsphasen immer länger, die des freien Falls dafür kürzer und weniger häufig. Sonne I hatte ihr Interesse an der Beobachtung verloren, die von der Aurora aus angestellt wurde. Sie wartete nur noch darauf, daß das kleine Schiff, die Sonde, in die Umlaufbahn von Lambda kam.
Die psychologische Wirkung machte sich natürlich bei der Besatzung bemerkbar.
»Ben James! Ben James!« Die schluchzende Stimme Doc Chimps weckte Pertin. Er starrte mit roten Augen durch die Sichtscheibe des Kokons. Der Chimp sah wahrhaftig bedauernswert aus. Der große grüne Federschild seiner Kappe war abgebrochen, sein Pelz mit Blut und Schmutz verschmiert, eine offene Wunde klaffte entlang seiner flachen Nase.
»Was ist los?« erkundigte sich Pertin mit schwerer Stimme.
»Ich muß mich verstecken, Ben James. Die Sheliaks sind hinter
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