Obsession (German Edition)
erwartet.
»Guten Tag, was ist denn passiert?«, begrüßt Sven als Lars’ De-facto-Vorgesetzter den Anrufer, einen gewissen Dirk Schiffner, den Lars hier noch nicht gesehen hat. Im Großen und Ganzen hört sich die ganze Geschichte ziemlich unwichtig an, und Svens gelangweilter Reaktion zufolge sieht er das genauso: Ein Mitarbeiter hat vom Schichtleiter die Kündigung bekommen, das ausgesprochene Hausverbot ignoriert und sich oben in die Kneipe gesetzt. Allerdings gibt der Schichtleiter auf Svens Nachfrage auch unumwunden zu, dass er ihm das Hausverbot bloß hinterher gerufen hat, es also sein könne, dass der ehemalige Mitarbeiter das gar nicht gehört hat.
Sven klärt den Schichtführer über die fehlende rechtliche Handhabe auf und verabschiedet sich von ihm, nicht ohne zugesagt zu haben, dass Lars und Sven mal nach oben gehen und versuchen, die Angelegenheit gütlich zu regeln.
Auf dem Weg nach oben stellt Lars ein weiteres ungezähltes Mal fest, wie sexy Sven eigentlich in seiner Sommeruniform aussieht, und reiht eine weitere Fantasie in sein Wunschdenken ein: Lars als Verdächtiger und Sven mit ihm in der Zelle, als Polizist. Es beginnt wie immer in Lars’ Träumen. Sven verführt Lars, und das, obwohl Lars im wirklichen Leben eher der Typ Verführer ist und Sven eher der spröde Kühle. Nur bei Sven traut Lars sich eben nicht. Verdammter Mist! Als wäre es nicht schon schlimm genug, seit Monaten Dienst mit diesem Traumtypen zu schieben, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Warum muss der Sommer nur so heiß sein?
6
Shahin
»Hi, Liebes.« Zwischen Carola und mir herrscht inzwischen ein sehr lockerer Umgangston, und dies, obwohl Peters Mutter zunächst ein sehr verkrampftes Verhältnis zu mir hatte und auch heute mit fast allen Angestellten per Sie ist – eine Respektsperson, die aber jeder Laden braucht.
Ich zwinkere ihr zu, wusste ich doch schon vor einer halben Stunde, dass Markus in Gießen bei seiner besten Freundin Nadine sitzt und den Tröster für Nadines Liebeskummer spielt. Ergo musste einfach Carola kommen, erstens wohnt sie in der Nähe, und zweitens ist sie als stellvertretende Geschäftsführerin allen gegenüber weisungsbefugt.
»Die beiden Glückspilze sind gerade am Spielen«, kommentiere ich emotionslos, während ich ihr den obligatorischen Milchkaffee zubereite, den sie nicht bestellt hat – aber ich kenne doch ihre Wünsche und Vorlieben.
»Und? Was sagst du dazu?«, fragt sie mich, ganz so, als würden wir übers Wetter reden oder Kochrezepte austauschen.
»Schwachsinn. Eine völlig unsinnige Aktion von Dirk. Fühlt sich nach Eifersucht oder unterdrückten Machtspielchen an«, kommentiere ich in belanglosem Ton. Göttin, was für ein Kindergarten. Hey, ist doch wahr! Wir sind doch alles erwachsene Menschen, könnte man meinen. Aber nein, Herr Dirk muss aus einer Mücke einen Elefanten machen ...
Carola jedenfalls trinkt einen Schluck von ihrem Milchkaffee ab, damit er nicht überschwappt, wenn sie damit geht, verbrennt sich prompt die Lippen, und geht dann zu einem Tisch neben dem Billardtisch, an dem inzwischen Fabrice gegen Brix spielt, lässt sich dort nieder und schaut die beiden auffordernd an. Schon wenige Augenblicke später sind die drei in ein ernstes Gespräch vertieft, das Brix mit kurzen, prägnanten Gesten dominiert. Kurz darauf spricht Carola, und Brix hört zu. Fabrice ist stumm vor Verwunderung, denn er hat selbstverständlich einen Mordsrespekt vor Carola.
Die beiden Polizisten, die vor mir an der Theke stehen, sehe ich jedenfalls erst, als der jüngere von beiden sich räuspert. Ich kann nicht sagen, welcher von beiden attraktiver ist, denn sie sehen beide ausgesprochen gut aus. Der eine, den ich als Gast aus dem »Addiction« zu kennen glaube, mustert mich eher ziemlich unverhohlen, während der ältere sich wesentlich zurückhaltender gibt, obwohl auch sein Blick Interesse verrät.
»Guten Abend«, begrüße ich sie, bevor auch nur einer von beiden zu Wort kommen kann.
»Wo finden wir Herrn Mendelssohn?« Ich überlege einen Moment, während ich fieberhaft nachdenke, was die beiden von Brix möchten.
»Um was geht es?«, versuche ich mit einer Gegenfrage Zeit zu gewinnen.
»Das sagen wir ihm selbst.« Die Distanz in der Stimme des Älteren ist unüberhörbar. »Also?«
Ich gebe nach, deute mit dem Kopf ein Nicken in Richtung Billardtisch an. Der Jüngere grinst mich provozierend an, und ich bin mir fast schon sicher, dass er sich kurz über die
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