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Obsession (German Edition)

Obsession (German Edition)

Titel: Obsession (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck , Wolfram Alster
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von der Frühschicht haben den Jungen nämlich an die Wand gefesselt gefunden, mit dem Kopf nach unten in Form eines umgedrehten Kreuzes fixiert, geknebelt und mit verbundenen Augen. Der Gerichtsmediziner hat dazu festgestellt, dass die Verletzungen an Hand- und Fußgelenken von den Stricken und Seilen herrühren, mit denen der Junge gebunden worden ist, er hat sich wohl den Rest jeglicher Haut im Todeskampf von den Knöcheln gescheuert. Die Bissspuren auf Lippen und Zunge hat er sich offensichtlich selbst zugefügt, bei dem Versuch, zu schreien. Der Tod ist durch Verbluten eingetreten. Seine Augen sind voller Grauen und weit aus ihren Höhlen hervorgetreten, als er starb, während die Verletzungen auf seinem Rücken wohl von einer Peitsche oder einem Gürtel herrühren, um dem Jungen Schmerzen zuzufügen. Allerdings sind diese einige wenige Stunden älter als die schätzungsweise zweihundert Schnitte auf Brust, Bauch, Hüfte und Schenkeln, die ein blutiges Alphabet aus germanischen Runen darstellen. Die Brandverletzungen und Wachsreste im Anus des Jungen lassen auf eine Kerze schließen, die dort niedergebrannt ist, während die blutunterlaufenen Hoden eher auf gezielte Faustschläge schließen lassen.
    Der seltsame Geruch im Zimmer entpuppte sich nach Auskunft des Gerichtsmediziners als Weihrauchmischung, die dabei geräuchert wurde. Dummerweise wurde kein einziger Fingerabdruck gefunden, und der Nachtportier, der laut seinen Unterlagen das Zimmer um neunzehn Uhr vermietet hat, kann sich absolut an kein Gesicht in Verbindung mit dem Zimmer erinnern – nur daran, dass es mehrere Männer gewesen seien, die das Zimmer wollten, und dass eine Frau dabei war. Mehr weiß er allerdings nicht, so das Protokoll.
    Lars schüttelt sich bei der Vorstellung, welche Schmerzen der Junge erlitten haben muss, Illegaler hin oder her. Dafür ist er Polizist geworden. Sven rückt im Moment völlig in die Ferne. Und Lars beschließt, wieder mal alles Private zu vergessen, bis der Täter geschnappt ist. Außerdem, welch Privates? Seine Freunde kann er ruhig mal ein bisschen vernachlässigen, und Sven interessiert sich sowieso nicht für ihn.
    Was Lars nicht weiß, ist, dass Sven sich sehr wohl für ihn interessiert. Allerdings denkt Sven in anderen Bahnen. Sven ist Romantiker, er würde sehr gerne mal mit Lars zum Italiener gehen, Essen bei Kerzenschein, leise Musik, danach ein Spaziergang im Park beim Licht des Vollmonds. Und dann, bei einem Blick in die scheinbar unschuldigen Augen von Lars, würde er ihm vielleicht – aber auch nur vielleicht – seine Liebe gestehen. Aber diese Variante fällt flach, schon alleine, weil Lars nun wirklich keine unschuldigen Augen hat. Nicht im geringsten, nein, er hat es faustdick hinter den Ohren!

8
    Brix
     
    Als ich bei der zweiten Runde auf dem Parkplatz des MiniMal Marktes endlich den letzten Parkplatz erwische, der faktisch zu klein für meinen Wagen ist, wird mir klar, dass ich nicht einfach ohne Shahin hätte fahren sollen, als ich wach geworden bin. Ich weiß, mein Freund braucht seinen Schönheitsschlaf und er hätte mir auch keinen größeren Parkplatz herbeizaubern können, aber ... ich wäre mit Sicherheit nicht so genervt! Ich weiß nicht, wie er es macht, aber er schafft es irgendwie, meine schlechte Laune und meine Gereiztheit zu neutralisieren. Okay, nicht immer ... aber oft. Ziemlich oft.
    Aber nun bin ich alleine hier, und ich beginne schon jetzt hier draußen, mir selbst gut zuzureden. Hoffentlich wird’s nicht schlimmer! Mit einem Stoßseufzer öffne ich die Autotür einen Spalt – weiter ist nicht drin, ohne dem Nachbarwagen eine Beule zu verpassen – und zwänge mich durch die winzige Lücke. Für welche Autos diese Parkplätze erschaffen wurden, ist mir völlig unklar.
    Ich schlängele mich jedenfalls elegant zwischen den anderen Wagen hindurch und ramme prompt einen Außenspiegel mit meinem Hüftknochen. Autsch, das gibt einen blauen Fleck! Zum Glück reiße ich das Teil nicht gleich ab, aber viel hätte sicher nicht gefehlt – das Geräusch, das der altersschwache Passat von sich gibt, spricht Bände. Gut, dass mich niemand beobachtet.
    Ich schnappe mir den letzten Einkaufswagen und stelle bereits nach ein paar Metern fest, dass die vierte Rolle nur sporadisch den Boden berührt. Außerdem zieht das Ding derart nach links, dass ich fast eine ältere Dame über den Haufen fahre, als ich schwungvoll um die Ecke biege, um den Einkaufsmarkt zu betreten. Na, herzlichen

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