Obsession (German Edition)
gerne mal bei uns im Streifenwagen. Dann kurz in den Wald und ’ne kleine Nummer ...« Er verstummt, holt tief Luft, als er das Grinsen von Sven sieht.
»Hättest ihm ja deine Nummer geben können ... Handy, versteht sich«, fügt Sven an, als ihm die Doppeldeutigkeit seiner Aussage klar wird. »Ich hatte schon lange keinen Sex mehr im Dienst«, lenkt er ab und ahnt gar nicht, wie sehr sich Lars genau das wünscht.
Aber der traut sich nicht mehr, seit Sven ihm unmissverständlich klar gemacht hat, dass er ein gutes kollegiales Verhältnis oder gar eine entstehende Freundschaft niemals durch die sexuelle Komponente bereichern wird, um zu verhindern, dass etwas zerstört wird, was für die Zusammenarbeit wichtig ist. Mehr hat Lars gar nicht wissen wollen, denn ihm war klar, dass Sven kein Interesse an ihm hat. Obwohl er das eigentlich nicht versteht, denn er sieht ja, welchen Typen Sven hinterherschaut, und er weiß, dass er eigentlich der Idealtyp genau dieses Typs Mann ist. Aber das könnte auch damit zu tun haben, dass Sven »auf dem Dorf« wohnt, wie er sich immer ausdrückt. Tausend Einwohner, genau auf halbem Weg zwischen Hanau und Fulda. Eine Gegend, in der Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen. Ach, und Sven geht auch kein bisschen schwul weg, zumindest nicht in Frankfurt, weil er Interessenkonflikte zwischen den Bürgern und seinen Bekannten vermeiden will. Höchstens mal in Fulda, aber da ist doch tote Hose. Einmal im Monat Stammtisch und so, aber da kann Sven nur hin, wenn es dienstlich passt.
Lars dagegen ist jeden Abend auf ein Feierabendbier in der Szene, und wenn er am Wochenende frei hat, tanzt er sich in den verschiedensten Szenelokalitäten die Seele aus dem Leib und feiert bis in die frühen Morgenstunden ab – in der letzten Zeit bevorzugt im »Addiction«. Und genau dort sucht er sich auch seine Partner, die allerdings nie mehr als mal ein, zwei Nächte mit ihm verbringen. Für mehr langweilen diese Typen ihn nämlich viel zu sehr.
Bei Sven ist das anders. Sven ist mehr als ein Kollege. Sven ist ein Kumpel, ein Freund. Mit Sven kann Lars über alles reden. Sven hat Lars’ Angst verstanden, als dem ein Kondom geplatzt war und Lars sich nicht getraut hat, zum Aidstest zu gehen. Sven hat Lars getröstet und ist mit ihm hin. Zum Glück ist der Test negativ ausgefallen, aber spätestens da war Lars klar, dass er mehr will von Sven als »nur Freundschaft«. Und Sven hat sich auch manchmal schon so verhalten, als ob ... aber es war, nie einwandfrei, denn immer wenn Lars gedacht hat, jetzt könnte er ..., hat Sven sich ganz anders verhalten, und dann hat Lars sich nicht mehr getraut.
Gerade jetzt wird die Hose von Lars gerade wieder sehr eng. Sven hat die obersten zwei Knöpfe seines kurzen Diensthemds, das er auf der nackten Haut trägt, wie Lars gerade festgestellt hat, geöffnet und fächert sich mit der Dienstmütze Luft zu. Offenbar ist ihm heiß, und Lars wird jetzt heiß, wie er feststellt. Zum Glück hat Sven es nicht bemerkt, oder er lässt sich nur nichts anmerken. Und um sich abzuregen, nimmt Lars noch einmal die kopierten Zettel vom Rücksitz, als sie ihren Stammplatz in der Stiftstraße wieder erreicht haben, der Stelle, wo man die ganze Kreuzung im Blick hat, wo Schatten ist und ein Kiosk, falls sie Durst bekommen, und liest sich die kopierten Ermittlungsunterlagen zum Todesfall im Hotel Gabriel durch, die ihr Chef vorhin ausgegeben hat.
Das ist eigentlich nur so, weil der Fall genau mitten auf dem Gebiet des ersten Reviers liegt, denn das »Hotel Gabriel« ist im vergangenen Jahr öfter Ziel der Einsätze des Reviers gewesen. Mal ist ein Freier beklaut worden, mal wurde eine Rechnung nicht bezahlt, ein anderes Mal hatten irgendwelche Gäste Drogen dort deponiert, die dann von der Putzfrau durch Zufall gefunden wurden. Und da die Kollegen vom Morddezernat bis jetzt absolut keine Spur zu haben scheinen, sind eben ein paar Unterlagen an die Schutzpolizei ausgegeben worden, so nach dem Motto ›Blindes Huhn findet auch mal ein Korn oder so‹, denkt sich Lars.
›Wir sollen wieder die Drecksarbeit machen‹, denkt Sven, der das schon kennt. ›Falls euch was Seltsames über den Weg läuft‹, et cetera. Als wären die Umstände des Falls nicht schon merkwürdig genug.
Oder wie ist es zu deuten, dass das Opfer – ein achtzehnjähriger Rumäne, illegal in Deutschland, vermutlich auf der Straße lebend und Stricher – auf ausgerechnet diese Art umgebracht worden ist. Die Kollegen
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