October Daye - McGuire, S: October Daye
Monat, nachdem ich gegangen war, rief Sylvester an. Ich hatte die ganze Zeit von niemandem aus Schattenhügel etwas gehört oder gesehen, nicht mal von Quentin. Bis zu dem Tag, an dem ich von der Beschattung einer untreuen Ehefrau nach Hause kam und auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht vorfand. »Die Bestattung findet bei Neumond auf unserem Anwesen in den Sommerlanden statt. Bitte komm.« Das war alles, was er zu sagen braucht e – einmal war ich vor ihm davongelaufen, aber mittlerweile komme ich immer, wenn er mich ruft. Zumindest damit behielt Gordan recht. Im Grunde genommen bin ich Sylvesters Hund.
Quentin rief am nächsten Tag an und fragte nervös, ob er mich zur Bestattung begleiten dürfte. Ich sagte Ja. Was hatte ich auch für eine Wahl? Wenn er mich nur halb so dringend sehen wollte wie ich plötzlich ihn, wäre es grausam gewesen, es ihm abzuschlagen. Wir vereinbarten, uns im Japanischen Teegarten zu treffen und von Lilys Mugel aus zur Grenze des Anwesens der Torquills zu gehen. Ich war nicht bereit, in den Mugel von Schattenhügel zurückzukehren. Noch nicht.
Vielleicht nie wieder.
Hell und klar brach der Tag der Bestattung an. Ich traf Quentin fünf Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt im Teegarten. Er trug den Arm in einer Schlinge und ein schwarzes Wams mit passender schwarzer Hose. In der Aufmachung sah er wie Hamlets vergessener jüngerer Bruder aus. Ein Sieh-nicht-her-Zauber schirmte ihn vor Touristen ab, sodass keine menschliche Tarnung nötig war. Falls mich jemand beobachtete, sah er mich lächelnd den Arm in der Luft einhängen und dann die höchste Hängebrücke des Gartens erklimmen. Bei genauer Beobachtung hätte man sogar sehen können, wie ich verschwand. Aber ich glaube nicht, dass es jemand bemerkte. Die Menschen schauen fast nie so genau hin.
Wir gingen durch Lilys Mugel und betraten durch sein rückwärtiges Tor die Sommerlande. Prompt präsentierte sich die ganze Pracht des endlosen Sommers von Faerie, und ich blieb stehen, um nach Luft zu ringen. Ich lebe schon zu lange in der Welt der Sterblichen, daher dauert es eine Weile, bis ich mich umstelle. Die Luft in den Sommerlanden ist zu sauber für an die moderne Verschmutzung gewöhnte Lungen, und der sich ständig wandelnde Zwielicht-Himmel macht mich ganz orientierungslos. Ich liebe dieses Land noch immer, aber es ist nicht mehr meine Heimat, sofern es das je wirklich war.
Der Himmel hatte die Farbe von poliertem Bernstein, und die Hügel strotzten vor Blumen. Ich pflückte ein blaues Gänseblümchen und lächelte, als es sich zu einem Dutzend winziger Schmetterlinge auflöste. So ist das in den Sommerlanden. Logik ist hier nur eine zufällige Pointe; Veränderung ist die einzige Konstante, und selbst das ist unwahr, denn die Sommerlande beruhen noch auf dem Prinzip, dass das Lebe n – unser Leben, das Leben von Faeri e – ewig währen kann. Sie sind wild und seltsam, und sie sterben langsam. Sie waren nicht die erste Heimat meines Volkes. Sie werden so gut wie sicher die letzte sein.
Ich hatte als Kind in den Sommerlanden gelebt. Ich kann nicht behaupten, dass ich dort aufgewachsen bin, aber ich war dort eine Weile Kind, und sie werden immer ein Teil von mir sein. Sie haben viel gemeinsam mit den Geschichten über das Nimmerlan d – niemand wird dort erwachsen, nur älter. Faerie ist eine Welt voller ewiger Kinder, die für immer nach dem nächsten Spiel suchen und nie richtig lernen, wie das Leben als Erwachsener ist. Das lernen wir von der Welt der Sterblichen.
Quentin beobachtete mich und runzelte über meinen unangebrachten Mangel an Ernst die Stirn. Er selbst war so ernst, wie er es gewesen war, als wir uns kennenlernten. Er hatte viel von dem Boden verloren, den gutzumachen er so hart gekämpft hatte. Ich konnte den Grund dafür verstehen: Ein Teil seiner Unschuld war für immer dahin, und wenngleich mir zutiefst widerstrebte, wie er sie verloren hatte, konnte ich nicht behaupten, es täte mir leid, dass er sie verloren hatte. Wir alle müssen lernen, dass das Verlassen der Sommerlande gleichbedeutend mit dem Verlassen des Kindergartens is t – er würde heranwachsen, oder er würde sterben. Das mag vielleicht grausam sei n … aber so ist die Welt.
Ich richtete mich auf und wischte mir die Pollen von den Fingern. »Komm. Wir müssen weiter.«
»Natürlich«, sagte er und folgte mir über die Felder zu einem rosenfarbenen Wendelturm. Er mutete an wie etwas aus einem Märchen, elegant und wie aus
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