October Daye - McGuire, S: October Daye
eigentlich ganz wohl. Ich schwenkte eine Hand und murmelte: »Fiedelbum fiedelreigen, die Katze kann geigen, die Kuh springt über den Mond.« Die Schutzbanne flammten kurz auf und verpufften. In der Luft hing der Kupfergeruch meiner Magie. Ich schloss die Augen wieder. »Erledigt.«
»Kinderreime?« Er klang belustigt.
Ich zuckte mit den Schultern. »Sie funktionieren.«
»Trotzdem. Der Schlüssel?«
»Oh.« Ich befreite eine Hand, um in meiner nutzlosen Handtasche zu kramen, und ertastete den Schlüssel. Tybalt nahm ihn mir aus der Hand, verlagerte mühelos mein Gewicht auf einen Arm, schloss die Tür auf und trug mich hinein.
Irgendwo zwischen Wohnzimmer und Flur schlief ich ein.
Zwei
D as Aufwachen wurde durch den Umstand erschwert, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich mich befand. Ich schlug die Augen auf und blinzelte zur Decke empor. Die Luft schmeckte wie Asche. Es war kurz nach Sonnenaufgang; wahrscheinlich hatte mich das geweckt.
Die Decke wirkte vertraut. In einer Ecke prangte ein Wasserfleck, der annähernd der Form von Iowa entsprach. Das genügte, um mich davon zu überzeugen, dass ich zu Hause in meinem Schlafzimmer war. Ich linste an mir runter und stellte fest, dass ich nach wie vor Ausgehklamotten tru g – ein knappes, spitzenbesetztes Oberteil und einen Minirock. Nur die abgewetzte braune Lederjacke schien nicht recht dazu zu passen. Es sei denn, ich hätte mich für die weibliche Hauptrolle in einem Indiana-Jones-Streifen beworbe n …
Ich stöhnte auf und ließ den Kopf zurück aufs Kissen plumpsen. »Oh, Eiche und Esche .« Meine Erinnerung an die vergangene Nacht war recht verschwommen, aber nicht verschwommen genug. Dass ich Tybalt gestattet hatte, mich nach Hause zu tragen, rangierte ziemlich weit oben auf der Liste der größten Dummheiten, die man im Suff begehen kann. Und er würde es mich garantiert nie vergessen lassen.
Mit etwas Mühe setzte ich mich im Bett auf und schwang die Füße auf den Boden. Dabei trat ich einen der Schuhe um, die ich letzte Nacht getragen hatte. Der andere thronte auf meiner Handtasche, und in der Ferse steckte mein Wohnungsschlüssel.
»Wenigstens ist er ein rücksichtsvolles Ärgernis«, murmelte ich, stand auf und bewegte mich vorsichtig in Richtung Küche.
Drei Köpfe annähernd gleicher Größe und Form lugten über die Rückenlehne der Couch, als ich vorbeikam. Zwei waren braun-beige und gehörten meinen Siam-Mischlingen Cagney und Lacey. Der dritte war graugrün und gehörte Spike, dem ansässigen Rosenkobold.
»Morgen«, sagte ich. Die Katzen zogen sich zurück, während Spike auf die Lehne krabbelte und in einer begeisterten Begrüßung mit den Dornen rasselte. Hinreißend, wenn auch bizarr.
Das Prinzip »Wenn du etwas mit einem Namen belegst, gehört es dir« gilt seit jeher für alles, was mit Faerie zu tun hat. Leider dachte ich daran erst, nachdem ich Spike einen Spitznamen verpasst hatte, wodurch ich ihn an mich band. Luna war zu froh, dass ich nicht tot war, um etwas dagegen zu haben, dass ich ihren Rosenkobold übernah m – außerdem hat sie noch genug ander e – , und die Katzen stellten das Schmollen ein, sobald sie dahinterkamen, dass er kein Katzenfutter frisst. Mich stört es nicht, ihn um mich zu haben. Er ist ziemlich pflegeleicht. Alles, was er braucht, ist Mulch, Blumenerde und etwas Sonnenlicht.
Meine Trugbanne waren mit dem Aufgehen der Sonne verpufft. Zurück blieb mein wahres Ich, halb Daoine Sidhe, halb Mensch, samt spitzen Ohren. Dank der genetischen Geschenke meiner reizenden, klinisch geisteskranken Mutter passe ich ebenso schlecht in die Welt der Menschen wie Spike. Immerhin kann ich mich entsprechend tarnen, wenn es sein muss. Das macht es wesentlich einfacher, Lebensmittel einzukaufen.
Die meisten Fae-Rassen sind nachtaktiv. Dazu gehören auch die Daoine Sidhe. Durch meine Lebensumstände muss ich öfter morgens raus, als mir lieb ist, folglich ist Kaffee für mich schon immer wichtigster Bestandteil eines »ausgewogenen« Frühstücks. Nach drei Tassen fühlte ich mich zwar noch nicht bereit, Tybalt wieder unter die Augen zu treten, aber es mochte genügen, um mich dem kommenden Tag zu stellen. Mit dem Becher in der Hand verließ ich die Küche und ging zurück ins Schlafzimmer. Erster Punkt der Tagesordnung: Raus aus den Ausgehklamotten, die nach Alkohol und Schweiß stanken. Zweiter Punkt: Duschen. Danach konnte der Tag beginnen.
An meiner Schlafzimmertür klebte eine Nachricht.
Ich blieb stehen und
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