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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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segeln«, jammerte Gunnar der Kopf aus der Ecke des Steuerhauses.
    Sonst sagte niemand etwas. Sigbrit Holland stand am Ruder und zwang das grüne Fischerboot, das früher einmal grün-orange gewesen war, zu schneller Fahrt. Nicht ein Boot war in Sicht, und bisher hatten sie auch nicht einen Schatten der Marine gesehen. Aber es war nur eine Frage der Zeit.
    Ein stiller, aber stetiger Wind kam von Nordost, und Sigbrit Holland steuerte die Rikke-Marie zur östlichen Seite der Klippenformationen hinüber. Der Fischer Ambrosius zog die Plastiktasche mit der vergilbten Karte seines Großvaters hervor und verglich die Kreise und Kreuze mit den Klippen, an denen das Boot vorbeisegelte.
    »Holde Frau«, der Fischer legte eine Hand auf Sigbrit Hollands Arm. »Besser als jetzt wird es wohl nicht mehr.«
    Sigbrit Holland nickte, verlangsamte die Fahrt des Fischerboots und ließ es schließlich im Leerlauf laufen. Der Fischer Ambrosius, Odin und Harald Adelstensfostre zogen ihre Windjacken an und gingen nach draußen auf Deck. Hier zündete der Fischer die drei kleinen Butanbrenner an, die sie am Boot befestigt hatten, während Harald Adelstensfostre und Odin den Ballon entfalteten und dessen Vertäuungen kontrollierten. Dann führten sie die Rohre für die warme Luft in den Ballon ein. Es brauchte Zeit, bis die Brenner zündeten, aber endlich schlugen die Flammen hoch. Das System funktionierte: Die warme Luft strömte schnell und ungehindert durch die Rohre in den gigantischen Ballonsack. Eine Ballonseite hob sich ein wenig von
Deck, und der Wind ergriff sofort Besitz von ihr. Der Fischer Ambrosius und Harald Adelstensfostre mussten schwer arbeiten, damit sich die Schnüre, die zu dem Korb führten, nicht ineinander verhedderten und der Ballon nicht ins Wasser geblasen wurde.
    Es dauerte lange, bis der Ballon gefüllt war, länger als erwartet, und Sigbrit Holland wurde immer nervöser. Es war bereits halb zwei, die Marine konnte jeden Augenblick auftauchen. Endlich ging die Tür auf, und Harald Adelstensfostre und Odin erschienen. Der Eremit gab Sigbrit Holland wortlos die Hand. Odin verneigte sich so tief, dass sein langer weißer Bart über den Boden fegte.
    »Morgen ist wieder ein Tag, aber gestern währt trotzdem ewig«, sagte der kleine alte Mann.
    Dann waren beide fort. Kurz darauf wurde die Tür wieder geöffnet, und diesmal war es der Fischer, der hereinkam. Er sah Gunnar den Kopf an.
    »Ich mag nicht segeln«, murmelte der Mann mit dem riesigen Kopf und kroch noch tiefer in seine Ecke. »Ich mag überhaupt nicht segeln.«
    »Dein Kamerad braucht dich«, sagte der Fischer Ambrosius leise und legte dem Mann mit dem riesigen Kopf die Hand auf die Schulter.
    Gunnar der Kopf kam unschlüssig auf die Beine und zog mit unbeholfener Eile seine Jacke an.
    »Mein Kamerad braucht sich um nichts zu sorgen«, sagte er mit einer Überzeugung, die der Blässe in seinem Gesicht widersprach.
    »Alles ist bereit, holde Frau«, sagte der Fischer leise, als die Tür sich hinter dem Mann mit dem riesigen Kopf geschlossen hatte.
    Sigbrit Holland nickte, sagte jedoch nichts.
    Der Fischer Ambrosius verschwand die Leiter hinunter ins Innere der Rikke-Marie, tauchte jedoch gleich darauf mit einem dicken Umschlag in der Hand wieder auf.
    »Fröhliche Weihnachten, holde Frau«, sagte er kurz. »Hier sind die Papiere der Rikke-Marie. Sie gehört jetzt dir.« Der Fischer
reichte Sigbrit Holland die Papiere, küsste sie schnell auf die Stirn und wandte sich dann schnell ab.
    »Danke und fröhliche Weihnachten«, antwortete Sigbrit Holland so ruhig sie konnte. Ich habe auch ein Geschenk für dich, dachte sie und legte ihre Hand auf die leichte Wölbung ihres Bauches. Aber sie sagte nichts. »Vielleicht werde ich später, wenn sich alles geändert hat, nachkommen«, sagte sie stattdessen.
    Der Fischer Ambrosius sah sie einen kurzen Moment an, dann schüttelte er mit einem traurigen Lächeln in den Augen den Kopf.
    »Vielleicht finde ich die Einfahrtsroute«, beharrte Sigbrit Holland, und plötzlich liefen Tränen ihre Wangen hinunter.
    Der Fischer griff mit beiden Händen nach ihren Schultern, küsste sie auf den Mund und umarmte sie fest. Er öffnete die Tür und ein kalter Windstoß traf Sigbrit Hollands nasse Wangen, dann war sie alleine.
    Draußen auf Deck kämpfte Harald Adelstensfostre mit dem Ballon, der hoch in der Luft stand, aufgebläht durch die warme Luft. Er reichte Gunnar dem Kopf die Vertäuungen und zeigte dem Mann mit dem riesigen

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