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Odins Insel

Odins Insel

Titel: Odins Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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Apostel hin, um herauszufinden, was der Herr und der Große Mann meinten. Aber Simon Peter II. hatte keine Worte mehr. Seine Stimme war durch die Kälte stumm geworden, sodass selbst die Frömmsten mitten in ihrem mutigen Versuch, durch das Fegefeuer die Insel des Paradieses zu erreichen, ratlos stehen blieben. Im Laufe von wenigen Sekunden übernahm Verwirrung die Herrschaft. Die Wiederauferstandenen Christen, die im Wasser waren, versuchten zurück an den Strand zu kommen, während andere, die das Wasser noch nicht erreicht hatten, noch immer von hinten drängten. Fromme stießen gegen Fromme, und es ließ sich nicht umgehen, dass einige in das kalte Wasser fielen. Es gab ein Johlen und Schreien, und bald war der Strand ein einziger großer Kampfplatz.
    Das war der Moment, auf den der unbesiegbare Lennart Torstensson
gewartet hatte. Mit großen festen Schritten, die schwere trojanische Tasche noch immer dicht an die Brust gepresst, kam er aus seinem Versteck oben am Weg und lief über den schneebedeckten Strand.
    »Halt!«, rief er, als er in Hörweite war. »Halt!«
    Die Wiederauferstandenen Christen sahen neugierig zu dem angezogenen Mann hin, der auf die Plattform aus Schnee kletterte, die Simon Peter II. vor wenigen Minuten verlassen hatte.
    »Das alles stimmt nicht«, rief der unbesiegbare Lennart Torstensson in seinem besten Südnordisch. »Gott sagt, dass ihr nicht ins Wasser gehen sollt …«
    Die wenigen frierenden und zitternden und noch immer standhaften Wiederauferstandenen Christen, die noch da waren, brauchten nicht mehr, um sich der Welle umkehrender Frommer anzuschließen, die bereits auf dem Weg aus dem Wasser waren. Der Gedanke an das wartende Paradies wurde zur Seite geschoben, und nasse wie noch trockene, fast erlöste nackte Körper beeilten sich, zurück zu ihren Kleiderbündeln im Schnee zu kommen.
    »Gott sagt, dass der Weg zur Insel des Paradieses nicht durch das Wasser führt«, rief der unbesiegbare Lennart Torstensson, und die Wiederauferstandenen Christen strömten jetzt neugierig zu der Plattform aus Schnee und ihrem neuen Anführer.
    Ermuntert von seinem unmittelbaren Erfolg vergaß sich der unbesiegbare Lennart Torstensson.
    »Herr Odin Odin ist nicht der wiedergekehrte Christus«, rief er in klingendem Nordnordisch.
    Sofort wich die Neugier dem Hass, und nackte sowie halb nackte Fromme warfen sich auf die Plattform, auf der der unbesiegbare Lennart Torstensson stand.
    »Verräter!«, schrie einer. »Kommst du da wohl runter!«
    »Komm runter!«, stimmten andere ein. »Er ist schuld, dass sich das Wasser nicht geteilt hat!«
    »Ihr irrt euch!«, schrie der unbesiegbare Lennart Torstensson. »Herr Odin Odin ist …«
    »Verräter!«
    Mit der ganzen ungebärdigen Raserei, die nur ein fehlgeschlagener
Versuch, das Paradies zu erreichen, hervorbringen kann, sprangen mehrere der Wiederauferstandenen Christen auf die Plattform aus Schnee und zerrten den unbesiegbaren und laut schreienden Lennart Torstensson herunter.
    »Ich kann es beweisen! Ich kann es beweisen!«, schrie er und versuchte auf die Beine zu kommen. Doch noch bevor er das Gleichgewicht wiedergefunden hatte, wurde er wieder umgestoßen. »Ihr irrt euch!«, rief der unüberwindliche Lennart Torstensson etwas schwächer und hob die schwere trojanische Tasche mit der einen Hand, während er mit der anderen versuchte, sich gegen die Schläge zu schützen, die auf ihn hinabregneten. »Herr Odin Odin ist Odin«, flüsterte er mit dem Mund voll Schnee und Blut.
    Aber niemand war bereit zu hören, was der unüberwindliche Lennart Torstensson zu sagen hatte, solange er das auf Nordnordisch tat. Eine nackte Ferse traf seine Rippen, eine andere traf ihn im Schritt, und es dauerte nicht lange, bis sein Gesicht keine Ähnlichkeit mehr mit seinem Gesicht hatte. Aus allen Richtungen trafen ihn Fußtritte, dann sprang einer der Wiederauferstandenen Christen, der der Erlösung besonders nahe gewesen war, auf seinen Brustkasten, und der unüberwindliche Lennart Torstensson fühlte nichts mehr.
     
    Während die letzten nackten Wiederauferstandenen Christen die Hoffnung durch das Fegefeuer zur Insel des Paradieses zu kommen zu Gunsten des Gedankens an ihre kürzlich verlassenen Heime aufgaben und über den Strand vom Wasser weggingen, kam eine Gruppe ziemlich umnebelter, in Kutten gekleideter Männer und Frauen den entgegengesetzten Weg entlanggewandert.
    Durch seinen göttlichen Nebel hindurch begriff der heilige Anders Andersen vage, dass die

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