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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Lebenszeichen mehr von sich.
    Ich blickte zum Turm hinauf. Unterhalb der fensterartigen Öffnung waren hinter der Rauchwolke ein paar morsche Balken zu sehen, die Reste eines Umgangs. An ihnen hatte Hauk die Leiter aufgehängt. Doch beim hastigen Hinabsteigen des schweren Mannes war wohl einer der Balken weggebrochen. Die Leiter, die dort noch hing, musste ins Schwanken geraten sein und Hauk hatte einen Mauervorsprung verfehlt, der ihm den Abstieg in den zugeschütteten Graben ermöglicht hätte. So war er kopfüber in die Grube gestürzt und wohl gleich erstickt.
    Man konnte nur noch den Leichnam bergen und der Graf befahl ein paar Knechten hinabzusteigen.
    „Dummer Kerl“, sagte er, als der leblose, mit Unrat bedeckte Körper heraufgezogen wurde. „Warum musste er uns beschießen? Warum fliehen? Warum sich umbringen?“
    „Er fürchtete wohl, von Euern Leuten erschlagen zu werden“, erwiderte ich nicht ohne Vorwurf.
    „Dazu wäre es nicht gekommen. Sie waren wütend. Aber im letzten Augenblick hätten sie sich beherrscht. Schließlich war er einer der ihren.“
    Lupus schwieg dazu. Der Graf sah ihn etwas unsicher an.
    „Was sollte ich machen? So lange warten, bis es Tote gab? Es fehlte nur eine Handbreit und Herr Odo wäre nicht mehr am Leben. Der Kerl war toll geworden, man musste ihn bändigen!“
    „Ich hätte ihn lieber vor Gericht gestellt“, sagte ich seufzend.
    „Gewiss, das hätte ich auch vorgezogen, ich bin vollkommen Eurer Meinung!“ Die finstere Miene des Grafen nahm plötzlich einen spöttischen Zug an. „Es war wirklich sehr dumm von ihm, sich uns nicht gefangen zu geben. Was hätte ihm Schlimmes passieren können, nach Recht und Gesetz, für alles, was er getan hat? Der Königsbann von sechzig Solidi und der Entzug des Benefizes. Man hätte ihm aber ein anderes gegeben, vielleicht in einer schlechteren Gegend, in Sachsen, Friesland oder der Bretagne. Aber er hätte sich schon eingelebt. Und dort sechzig Solidi herauszupressen … Kleinigkeit. Bald hätte er wieder fröhlich jagen können!“
    Der Graf deutete mit einer verächtlichen Geste auf die Abfallgrube und wandte sich ab.
    Dieser Hrotbert erscheint mir wie einer, der ein paar Jahrhunderte zu spät gekommen ist. Wie einer der alten Kriegsfürsten der Wanderzeit, die die Dinge auf ihre Weise regelten. Natürlich weiß er, dass er die Eigenmächtigkeit nicht zu weit treiben darf, er ist ja nur Vasall und als Graf Vertreter des Königs. Er gibt sich uns gegenüber auch eifrig bemüht, doch im Grunde sind ihm Kapitularien, Prozessvorschriften, Kompetenzbeschränkungen und alle juristischen Haarspaltereien ein Gräuel. Einer wie er würde am liebsten alle Missetäter, selbst Vasallen des Herrschers und Amtsträger, gleich und wie Verbrecher behandeln: Du stiehlst – das kostet ein Auge, du stiehlst zweimal – das andere Auge und die Nase, du stiehlst dreimal – du hängst. Männer wie Mommo und Hauk waren seiner redlichen Natur zuwider und er ergriff erfreut die Gelegenheit, diese Pestbeule aus seinem Gau zu entfernen. Wenn er sich auch bekümmert gab, so erfüllte es ihn in Wahrheit mit Genugtuung, einen Übeltäter wie Hauk auf eine zwar waghalsige, doch immerhin nicht gesetzlose Art dem irdischen Richterspruch entzogen zu haben. Mochte er gleich vor seinen himmlischen Richter treten, damit hatte Graf Hrotbert nichts mehr zu tun!
    Tatkräftig und gut gelaunt ging er nun gleich daran, den Brand, den er selbst gelegt hatte, zu löschen. Mit weit schallender Stimme trieb er alles, was Beine hatte, zur Arbeit an. Knechte und Mägde bildeten eine Kette zum Brunnen, Krüge und Kannen wurden von Hand zu Hand gereicht. Bald versiegten die Flammen, die alle brennbaren Bestandteile des Turms verzehrt hatten. Dicker schwarzer Rauch drang aus den Öffnungen und Ritzen und kroch in langen Schwaden über den Boden des alten Castells. Inzwischen steht nur noch der hohle steinerne Klotz und erwartet, was seine Bestimmung ist: den Zerfall.
    Ich kam nun endlich dazu, mich um meinen verletzten Amtsgefährten zu kümmern. Er hatte sich auf meinem Mooslager niedergelassen. Rouhfaz und Fulk verarzteten ihn, indem sie ihre bescheidenen Kenntnisse in der Heilkunde vereinigten. Der Pfeil war bereits entfernt und die Wunde gewaschen, Fulk legte einen Verband an. Odo wälzte sich auf dem Bauch im Gras, stöhnte und fluchte.
    „Hast du große Schmerzen?“ Ich fühlte mich mitschuldig an dem Unfall.
    „Was zählt das!“, erwiderte er. „Es schmerzt viel

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