Ödland - Thriller
ihm eine kreidige Hautfarbe und zerhacken sein grimassenhaftes Greisengesicht in grausige Scheiben. Seine hervortretenden grauen Augen halten Pamelas ängstlichen Blick fest und lassen ihn nicht mehr los. Mit offenem Mund, stoßweisem Atem, geweiteten Pupillen und sich ihrer Bewegung nicht bewusst, fällt sie vor Tony Junior auf die Knie. Sie sieht nichts anderes mehr als diese überdimensionalen Augen, wie zwei Seen aus Quecksilber, in denen sie ertrinkt, hört nichts mehr als einen entsetzlichen Schrei in ihrem Kopf, als entlade sich das Leid der gesamten Menschheit in einer einzigen, gewaltigen Klage, und spürt nichts mehr als eine unendliche Kälte, die sie erstarren lässt.
Und ganz langsam entstehen Bilder in der heulenden und zähneknirschenden Finsternis ihrer gequälten Seele.
Zunächst sind sie undeutlich und verschwommen - Formen, Silhouetten und Bewegungen. Sie zucken wie eine Kerzenflamme im Wind, werden aber allmählich deutlicher. Ein Mann und eine Frau. Beide sind nackt. Sie haben Sex. Der Mann treibt Unzucht mit der auf den Knien liegenden Frau - nein, sie haben Analverkehr! Pamela fühlt sich aus tiefster Seele von solcher Obszönität abgestoßen, die sie am liebsten schnell aus ihrem Kopf verbannen möchte - bloß wie? Denn die Vision kommt nicht aus ihr selbst. Sie empfängt sie, flimmernd und ungenau wie einen schlecht eingestellten Fernsehkanal. Erst in der Großaufnahme erkennt sie die beiden. Der Mann ist Anthony, die Frau Consuela. Anthony schwitzt, ächzt und legt eine bestialische Lust an den Tag. Consuela weint vor Schmerz und Scham.
Ein Blitz schlägt ein. Das gesamte Haus erzittert. Und eine neue Vision erscheint. Consuela liegt angekettet auf ihrem Bett in ihrem kleinen Zimmer. Sie ist nackt, mit weit gespreizten Armen und Beinen. Auf ihrer Haut zeichnen sich blutige Striemen ab. Anthony, der sein Gesicht unter einer Ledermaske verborgen hat, peitscht sie wütend aus. Eine schwarze Billardkugel in ihrem Mund hindert Consuela am Schreien.
Die Quecksilberteiche pulsieren in Pamelas Augen und vernichten jegliches Gefühl bis auf eins, das wie ein Kribbeln, wie eine seltsame Wärme in ihrem Genitalbereich entsteht. Ein neues Bild taucht auf. Consuela kauert in Anthonys Arbeitszimmer nackt vor ihm auf dem Boden. In ihrem Mund steckt sein Penis, aus dem ein Spermafaden austritt.
Tief in ihrem Innern fühlt sich Pamela von so viel Lasterhaftigkeit abgestoßen. Doch die Quecksilberseen sind wie endlos tiefe Brunnen, die jeden Gedanken in sich einsaugen. Und diese Wärme, die zwischen ihren Schenkeln pulsiert und auf ihre Scham, in ihre Vagina und die Gebärmutter ausstrahlt ...
Erneut schlägt der Blitz in die Villa oder unmittelbar daneben ein - ein nuklear anmutender Strahl, ein Getöse, als gehe die Welt unter oder als öffne sich die Erde über den Abgründen der Hölle. Die elektrischen Geräte im Haus brennen durch. Es knistert, Funken sprühen, und es riecht nach verschmortem Plastik. Die Hitze, die Pamelas Uterus verbrennt, wird zu einer bebenden Welle, die in den ganzen Bauch ausstrahlt, sich in den Solarplexus ausbreitet, auf ihre Brüste überspringt, ihre Lippen schwellen lässt und sich im Kopf mit einem genüsslichen Stöhnen auflöst. Pamela bäumt sich keuchend auf, die weiße Hitze überschwemmt sie, strömt wie eine immer schneller werdende Brandung intensiv und orgiastisch aus ihrer Vulva und reißt sie in ihrer unwiderstehlichen Flut mit sich - ja, ja, o ja! -, während in ihrem Kopf neue, unanständige Bilder entstehen. Anthony, der eine Zigarre in Consuelas Vagina einführt, der sie dabei filmt, wie sie von drei Männern überwältigt wird, der sie schlägt, während er sie nimmt wie eine Hündin; eine vergewaltigte, beschmutzte, gedemütigte und verängstigte Consuela neben einem dominierenden, triumphierenden, sadistischen, mitleidlosen Anthony.
Ohnmächtig sinkt Pamela zu Boden. Der Kontakt ist unterbrochen.
Das Gewitter entfernt sich. Der Donner wird schwächer, die Blitze seltener, Regen und Wind lassen nach. Nur langsam kommt Pamela wieder zu sich. Sie braucht einige Zeit, bis ihr bewusst wird, dass sie zwischen dem Fenster und Tony Juniors Rollstuhl auf dem Boden liegt. Was ist geschehen? Hat sie das Bewusstsein verloren? Oder zu viel Prozac4 eingenommen? Allerdings fühlt sie sich wirklich wohl. Es geht ihr so gut wie schon lange nicht mehr - sie ist zufrieden, entspannt und erfüllt von einer wohligen Wärme -, und solche Gefühle verursacht Prozac4
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