Öl!
ein Dampfstrahl, dort eine grelle, lodernde Flamme, wo das Gas verbrannt wurde, das brüllend aus der Erde schoss und für das man keine Verwendung hatte.
Ja, wer in einem bequemen Auto vorbeifuhr, konnte es fälschlicherweise für ein Märchenland halten. Er musste sich schon vergegenwärtigen, dass dort ein Heer von Männern arbeitete – schwer arbeitete, in Zwölfstundenschichten und unter Gefahr für Leib und Leben. Nicht zu vergessen das Hin- und Hergezerre, das Ränkespiel und der Verrat, der Ruin und die zerstobenen Hoffnungen. Man musste sich Dads Geschichten über die kleinen Leute anhören, die Investoren, die zu Tausenden aufs Gelände gestürzt waren wie Motten in die Kerzenflamme. Dann verwandelte sich das Märchenland in ein Schlachthaus, wo die vielen als Futter für die wenigen zu Hackfleisch zerkleinert wurden.
Dad hatte jetzt ein großes Büro mit einem Geschäftsführer und einem halben Dutzend Angestellten, und dort saß er wie der Kapitän eines Kriegsschiffs in seinem Kommandoturm. Was immer den anderen widerfahren mochte, auf sich und die Seinen gab Dad gut acht. Jedermann wusste inzwischen, dass er der bedeutendste unabhängige Unternehmer hier in der Gegend war, und alle möglichen Leute kamen mit Vorschlägen zu ihm, mit neuen, wundersamen, glühenden Plänen. Bei seiner Kreditwürdigkeit könne Dad doch für zehn oder zwanzig Millionen Dollar eine Firma gründen, die Anleger würden ihm bestimmt in Scharen zulaufen. Aber Dad lehnte alle derartigen Vorschläge ab; er wolle warten, sagte er zu Bunny, bis Bunny erwachsen und mit seinem Schulkram fertig sei. Dann hätten sie einen Haufen Geld und würden etwas wirklich Großes in Angriff nehmen. Und Bunny sagte, in Ordnung, das sei ihm recht. Er hoffe, dieses «Große» werde sich in Paradise abspielen, denn dann könne er wirklich daran teilhaben. Dad sagte, klar, die Watkins-Ranch sei ja seine Entdeckung, und wenn sie dort einmal bohrten, würde das Bohrloch Ross Junior heißen.
Bisher hatten sie dort nichts unternommen; sie warteten ab, denn beim Landkauf hatte es eine unselige Panne gegeben. Ein missgünstiges Schicksal hatte es gewollt, dass Mr Bandy, der Eigentümer des großen Bandy-Areals, an dem Tag, als Mr Hardacre seine Optionsscheine einsammelte, nicht zu Hause war, und als Mr Bandy heimkam und von den plötzlichen Verkäufen erfuhr, schöpfte er Verdacht und beschloss, sein Land nicht zu verkaufen. Zumindest lief es darauf hinaus, denn er schraubte seinen Preis von fünf auf fünfzig Dollar pro Acre hoch. Das war besonders schlimm, weil das Bandy-Areal mit seinen über tausend Acre direkt neben der Quadratmeile der Watkins’ lag, in der Nähe der Stelle, wo Dad und Bunny das Öl gefunden hatten. Genau genommen glaubte Dad, dass die dünne Ölschicht auf Mr Bandys Land lag, aber ohne Vermessung konnte er sich dessen nicht sicher sein. Sie würden warten, sagte Dad, und Mr Bandy ein paar Jahre schmoren lassen. Das sei wie bei der Katze vor dem Rattenloch. Wer gibt als Erster auf? Bunny fragte, was Mr Bandy war, die Katze oder die Ratte, und Dad antwortete, wer jemals Jim Ross für eine Ratte halte, dem werde er schon heimleuchten.
Und so warteten sie. Eines Tages würde Dads legendärer kranker Verwandter sich in diesen steinigen Bergen niederlassen und einige tausend Ziegen züchten, und bis dahin blieben die meisten Höfe an die Leute verpachtet, die sie vorher besessen hatten. Drei oder vier standen leer, aber das kümmerte Dad nicht, die überlasse er den Schopfwachteln, sagte er und befahl Mr Hardacre, auf den zwölftausend Acre, die er gekauft hatte, ein paar tausend «Betreten verboten!»-Schilder aufzustellen, um Mr Bandy mit Dads Niederwildgefräßigkeit zu beeindrucken.
3
Inzwischen lagen große Teile der zivilisierten Welt miteinander im Krieg. Die Zeitungen, die Dad und Bunny lasen, verwandelten sich in Plakate mit seitenbreiten Schlagzeilen und berichteten tagtäglich von Schlachten und Feldzügen, bei denen Tausende, vielleicht Zehntausende von Männern ihr Leben verloren. Für die friedlichen, wohlhabenden Menschen in Kalifornien war dies «ein Leid aus längst vergangnen Tagen» 18 , das man unmöglich als wirklich empfinden konnte. Amerika hatte sich offiziell für neutral erklärt, und das bedeutete, dass im Fach «Zeitgeschehen», in dem Bunny lernte, was in der Welt vor sich ging, der Lehrer den Krieg objektiv behandeln und jedes Kind, das Partei ergriff und ein anderes beschimpfte, zurechtweisen musste.
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