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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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geredet hast«, sagte Ljunger. »Sie haben die vielen Besuche beunruhigt, die Martin
     in letzter Zeit von alten Kapitänen bekommen hat. Zuerst
     war Ernst Adolfsson da, und dann bist du gekommen. Zweimal in den letzten beiden Wochen. Es scheint ein ziemliches
     Gedränge bei Martin geherrscht zu haben.«
    »Bist du mit Ann-Britt befreundet?«, fragte Gerlof müde.
    Ljunger nickte.
    »Eigentlich sind Martin und ich alte Geschäftspartner, abermitihm kann man ja nicht mehr so gut reden«, erklärte er.
     »Ann-Britt kümmert sich um die Geschäfte und fragt mich
     oft um Rat.«
    Gerlof lehnte sich ergeben in den Sitz zurück. Jetzt mussten sie wirklich keine
Höflichkeiten mehr austauschen.
    »Geschäftspartner?«, wiederholte er. »Das seid ihr schon
     länger, oder? Seit den Fünfzigerjahren?«
    Er holte das Jubiläumsbuch aus seiner Aktentasche.
    »Ich habe Martin das Foto hier gezeigt«, sagte er, »und ich
     habe es mir auch unzählige Male angesehen … Aber es hat
     lange gedauert, bis ich erkannt habe, was man darauf sehen
     kann.«
    »Ach ja?« Ljunger tat interessiert und fuhr mit Schwung
     um eine Gruppe von Ulmen herum. Sie waren nur noch wenige hundert Meter vom Wasser entfernt. »Aber jetzt hast du
     es gesehen?«
    Gerlof nickte.
    »Da stehen zwei mächtige Männer auf dem Kai im Hafen in
     Ramneby: Fabrikbesitzer August Kant und Reeder Martin
     Malm vor einer Gruppe junger Arbeiter des Sägewerks. Augusts Hand scheint kameradschaftlich auf Martins Schulter
     zu ruhen. Aber das ist gar nicht die Hand von August Kant! Sie
     gehört dem Mann, der hinter Martin steht. Aber das habe ich
     erst vor einer Stunde begriffen, als ich im Bus saß.«
    »Heißt es nicht so schön: Ein Bild sagt mehr als tausend
     Worte?«, zitierte Ljunger und hielt an.
    Der Strand der Ostküste lag hinter einer kleinen Wiese mit
     gelbem Gras. Es regnete, es war ein kalter Regen, der eigentlich Schnee sein wollte.
    »Und der Mann hinter Martin Malm ist ein Arbeiter des
     Sägewerks mit dem Namen Gunnar Johansson, der später seinen Nachnamen geändert hat, stimmt’s?«, fasste Gerlof seine
     Ergebnisse zusammen.
    »Nicht ganz, ich war zu dem Zeitpunkt schon Vorarbeiterim Sägewerk«, sagte Ljunger. »Aber es stimmt, dass ich meinen Namen geändert habe, als ich nach Öland gezogen bin.«
    Er stellte den Motor aus, und es wurde auf einmal ganz
     still. Das Einzige, was man gedämpft hörte, waren der Wind
     und der Regen.
    »Dieses Bild hätte nie veröffentlicht werden dürfen«, sagte
     Ljunger. »Ann-Britt hat es ausgewählt, ich habe erst davon
     erfahren, als das Buch schon gedruckt war. Aber nur Ernst
     und du habt mich darauf erkannt. Ernst erinnerte sich noch
     sehr genau an mich, weil wir zusammen zur Schule gegangen sind …«
    »Ja, genau, er ist auch in Ramneby aufgewachsen«, sagte
     Gerlof. »Für mich war es nicht ganz so einfach, dich wiederzuerkennen. Aber eines habe ich mich die ganze Zeit gefragt …«
     Er wusste, dass er erledigt war; Ljunger würde ihn töten, so
     wie er Ernst getötet hatte. Gerlof redete nur noch weiter, um
     das Unvermeidliche hinauszuzögern.
    »… Du warst doch Vorarbeiter und hast bestimmt die Geschichten von August Kants schrecklichem Neffen Nils gehört. Wann hattest du die Idee, ihn…«
    »Ich bin ihm sogar begegnet«, unterbrach Ljunger ihn.
    »Wem?«, fragte Gerlof verwirrt. »Nils Kant?«
    »Nils, ja.« Ljunger nickte. »Ich hatte gerade als Laufbursche im Sägewerk angefangen, das war kurz nach dem
     Krieg. Nils kam dorthin, er war auf der Flucht. Er versteckte
     sich in den Büschen, als wir uns begegneten. Er bat mich,
     Direktor Kant rauszuholen. Das habe ich auch getan, aber
     der wollte nichts von ihm wissen. Er gab mir fünf Hundertkronenscheine, die ich Nils aushändigen sollte, damit er verschwindet. Ich habe zwei selber eingesteckt und Nils drei gegeben.« Ljunger lachte bei dem Gedanken an seine Dreistigkeit. »Den Rest des Sommers habe ich mit dem Geld wie ein
     König gelebt.«
    »Du hast sehr früh begriffen, dass sich mit Nils Kant Geldverdienen lässt«, sagte Gerlof und schaute in den Nieselregen.
    »Das habe ich«, sagte Ljunger fast stolz, »aber nicht, wie viel es zu verdienen gab. Ich hatte ja keine Ahnung. Ich hatte mit
     ein paar Tausendern und einer Gratisreise über den Atlantik
     gerechnet, um Nils zurückzuholen, wenn der ganze Wirbel
     sich gelegt hatte. Das hatte ich August vorgeschlagen, nachdem er mich zum Vorarbeiter gemacht hatte, aber er

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