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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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gesetzt«, erklärte er schließlich. »Eine Theorie. Er war
     der Ansicht, dass mein Enkelkind, also unser Jens, in dem
     dichten Nebel in die Alvar gelaufen ist und nicht zum Wasser.
     Und er war der Meinung, dass Jens dort seinem Mörder begegnet ist.«
    »Wem?«
    »Vielleicht Nils Kant.«
    »Nils Kant?«
    »Dem toten Nils Kant, ja. Er war damals schon zehn Jahre
     tot und begraben. Du hast ja seinen Grabstein gesehen. Aber
     es gab da dieses Gerücht …«
    »Ja, das kenne ich«, unterbrach Julia ihn. »Astrid hat mir davon erzählt. Aber wie ist dieses Gerücht aufgekommen?«
    Gerlof seufzte.
    »In Stenvik lebte ein Briefträger, Erik Ahnlund. Nach seiner
     Pensionierung erzählte er allen, die es hören wollten, folgende Geschichte: Vera Kant habe Postkarten ohne Absender
     geschickt bekommen.«
    »Aha?«
    »Wann das angefangen hat, weiß ich nicht«, sagte Gerlof, »aber laut Ahnlund erhielt sie in den Fünfziger- und
     Sechzigerjahren Postkarten von verschiedenen Orten in Südamerika. Mehrere über das Jahr verteilt. Und immer ohne
     Absender.«
    »Waren die von Nils Kant?«
    »Vermutlich. Das liegt jedenfalls nahe.« Gerlof ließ seinen
     Blick über die Alvar schweifen. »Ein paar Jahre später kam
     Nils Kant dann in einem Sarg nach Hause und wurde in Marnäs begraben.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Julia.
    »Aber das mit den Postkarten ging weiter, auch nach dem
     Begräbnis«, sagte Gerlof. »Aus dem Ausland und ohne Absender.«
    Julia sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Stimmt das wirklich?«
    »Ja, das glaube ich«, sagte Gerlof. »Erik Ahnlund war zwar
     der Einzige, der die Postkarten an Vera gesehen hat, aber er
     hat geschworen, dass sie auch noch viele Jahre nach Nils’ Tod
     ankamen.«
    »Und das hat die Leute in Stenvik glauben lassen, dass Nils
     Kant lebt?«
    »Es hat bestimmt dazu beigetragen«, sagte Gerlof. »Die
     Leute haben schon immer in der Stunde der Schatten zusammengesessen und sich Geschichten erzählt. Und Ernst, der
     von Klatsch und Tratsch überhaupt nichts hielt, glaubte es
     auch.«
    »Und was glaubst du?«
    »Ich halte es mit dem Apostel Thomas«, antwortete Gerlof.
    »Ich will einen Beweis dafür haben, dass er lebt. Aber ich habe
     bisher keinen gefunden.«
    »Und warum wolltest du dir diesen Blomberg ansehen?«,
     fragte Julia.
    Gerlof zögerte mit einer Antwort, wollte nicht als alt und
     verrückt abgestempelt werden.
    »John Hagman glaubt, Robert Blomberg könnte Nils Kant
     sein«, sagte er schließlich.
    Julia starrte ihn an.
    »Aha«, sagte sie. »Aber der Ansicht bist du nicht, oder?«
    Gerlof schüttelte vorsichtig den Kopf.
    »Das scheint mir zu weit hergeholt zu sein«, gestand er.
     »Aber John Hagman hat ein paar gute Argumente: Blomberg
     war Seemann. Er wuchs in Småland auf und fuhr schon als
     junger Mann zur See, als Maschinist. Er war viele Jahre weg …
     zwanzig oder fünfundzwanzig oder sogar mehr. Dann kam er
     wiederzurück und zog nach Öland. Er hat geheiratet und
     Kinder bekommen. Ich glaube, das in der Werkstatt war sein
     Sohn.«
    »Das klingt aber nicht besonders verdächtig«, stellte Julia
     nüchtern fest.
    »Nein«, stimmte Gerlof ihr zu, »das einzig Merkwürdige ist
     nur, dass er so lange weg war. John hat gerüchteweise gehört,
     dass er von seinem Schiff geschmissen wurde und dann jahrelang trinkend in einem Hafen in Südamerika herumlungerte, bis sich ein schwedischer Kapitän seiner erbarmt und
     ihn mit nach Hause genommen hat.«
    »Aber Blomberg ist doch nicht der Einzige, der nach Öland
     gezogen ist.«
    »Oh, nein«, sagte Gerlof. »Hierher sind Hunderte vom Festland gezogen.«
    »Hat John jetzt jeden, der zugezogen ist, im Verdacht, in
     Wirklichkeit Nils Kant zu sein?«
    »Nein. Und ich fand auch nicht, dass er ihm ähnlich sah«,
     verteidigte Gerlof ihn. »Aber man sieht ja immer, was man
     sehen will. Meine Mutter, also deine Oma Sara, hat einmal
     einen Troll gesehen, als sie jung war … Erinnerst du dich? Sie
     nannte ihn nur den grauen Mann.«
    »Ja, ich habe die Geschichte schon oft gehört, du musst sie
     mir nicht mehr …«
    Aber Gerlof ließ sich nicht aufhalten:
    »Wie dem auch sei, sie hat ihn an einem Frühlingstag Ende
     des vergangenen Jahrhunderts gesehen, als sie dabei war,
     am Kalmarsund Wäsche zu waschen. Auf einmal hörte sie
     schnelle Schritte hinter sich, dann kam er aus dem Wald gerauscht. Ein kleiner Mann, nur einen Meter hoch. Er trug
     graue Kleidung und sagte kein Wort, rannte nur auf

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