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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Strand spielen. Darum habe ich oft überlegt, ob er in die Alvar gelaufen ist. Ich weiß, dass es merkwürdig klingt, aber Gerlof glaubt das auch.«
    »Wir haben auch in der Alvar gesucht«, sagte Lennart leise.
     »Wir haben in den folgenden Tagen überall gesucht.«
    »Ich weiß. Sind wir uns damals eigentlich schon begegnet?«, fragte Julia.
    Die Polizisten, die ihr Fragen gestellt hatten, als Jens verschwand, waren in ihrer Erinnerung nur eine Reihe namenloser Gesichter. Erst viel später war ihr klar geworden, dass
     einigeder Fragen von der Möglichkeit ausgegangen waren,
     dass sie selbst ihren Sohn getötet hatte.
    Lennart schüttelte den Kopf.
    »Nein, wir sind uns nicht begegnet, zumindest haben wir
     uns nicht unterhalten«, sagte er. »Für den Kontakt mit Ihnen
     und Ihrer Familie waren andere zuständig, und ich war Leiter der Suchtrupps. Ich habe die Freiwilligen in Stenvik zusammengetrommelt, die den Strand absuchten, und bin mit
     dem Wagen durch Stenvik und die Alvar gefahren. Aber wir
     haben ihn nicht gefunden …«
    Er verstummte und seufzte.
    »Das waren furchtbare Tage«, fuhr er fort, »vor allem weil
     ich … ich früher etwas Ähnliches erlebt hatte, privat. Mein
     Vater wurde …«
    Er verstummte.
    »Ich habe davon gehört, Lennart«, sagte Julia und legte ihre
     Hand auf seine. »Astrid Linder hat mir erzählt, was mit deinem Vater geschehen ist.«
    Lennart nickte und sah zu Boden.
    »Ja, das ist kein Geheimnis.«
    »Sie hat von Nils Kant erzählt«, sagte Julia. »Wie alt warst
     du, als es passierte?«
    »Ich war acht«, sagte Lennart. »Ich ging in die erste Klasse,
     es war der letzte Schultag, sonnig und schön. Ich war ausgelassen, freute mich auf die Sommerferien. Dann tauchten auf
     einmal Gerüchte auf, im Zug nach Borgholm hätte es eine
     Schießerei gegeben, und jemand aus Marnäs sei getötet worden. Aber niemand wusste Genaueres. Erst als ich nach Hause
     kam, habe ich es erfahren. Meine Mutter und ihre Schwestern
     waren da. Sie saßen lange schweigend vor mir, bis mir meine
     Mutter endlich erzählt hat, was geschehen war …«
    Lennart verstummte, sein Blick verlor sich in der Vergangenheit. Julia sah in seinen Augen den Schock und die Verzweiflung des Achtjährigen, der er an jenem Tag war.
    »Dürfen Polizisten nicht weinen?«, fragte sie ihn behutsam.
    »Doch«, sagte Lennart flüsternd, »aber wir sind besser darin, unsere Gefühle auszublenden. Nils Kant … ich wusste
     nicht einmal, wer das war. Er war mehr als zehn Jahre älter
     als ich, wir waren uns nie begegnet, obwohl wir nur wenige
     Kilometer voneinander gewohnt haben. Und auf einmal
     hatte er meinen Vater erschossen.«
    Es wurde wieder still in der Küche.
    »Was hast du danach gefühlt?«, wagte Julia ihn zu fragen.
     »Ich meine, ich könnte verstehen, wenn du ihn gehasst
     hast …«
    »Es stimmt, ich habe Nils Kant gehasst«, gestand er. »Aus
     tiefstem Herzen. Aber ich hatte auch furchtbare Angst vor
     ihm. Besonders nachts, wenn ich nicht einschlafen konnte.
     Ich hatte Todesangst, er könnte nach Öland zurückkehren
     und meine Mutter und mich umbringen. Es dauerte lange,
     bis diese Gefühle schwächer wurden.«
    »Einige Leute behaupten, dass er noch lebt«, sagte Julia.
     »Hast du davon gehört?«
    Lennart sah auf.
    »Dass wer lebt?«
    »Nils Kant.«
    »Er soll leben?«, sagte Lennart. »Das ist vollkommen ausgeschlossen.«
    »Nein. Ich glaube auch nicht, dass …«
    »Kant lebt nicht«, erklärte Lennart und schnitt sich ein
     Stück Pizza ab. »Wer sagt denn so was?«
    »Ich glaube ja auch, dass er tot ist«, sagte Julia schnell.
     »Aber Gerlof redet davon, seit ich angekommen bin, ich habe
     den Eindruck, als würde er mir einreden wollen, dass Nils
     Kant etwas mit dem Verschwinden von Jens zu tun hat. Dass
     mein Jens damals seinem Mörder, Nils Kant, begegnet ist, obwohl der schon seit über zehn Jahren tot war.«
    »Er starb neunzehnhundertdreiundsechzig«, Lennarts
     Stimme klang förmlich. »Der Sarg wurde im Herbst des Jahres nach Borgholm geschifft.« Er sah zu Boden. »Ich weiß
     nicht, ob es gut ist, dass es herauskommt, aber der Sarg wurde
     von der Polizei in Borgholm geöffnet. Man ging äußerst diskret vor, vielleicht aus Angst oder Respekt vor Vera Kant, immerhin war sie ziemlich wohlhabend und besaß viel Land
     auf der Insel, aber er wurde geöffnet.«
    »Und es war eine Leiche darin?«, fragte Julia.
    Lennart nickte.
    »Ich habe ihn gesehen«, sagte er leise

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