Oh, diese Verwandschaft!
weniger geduldet, weil man der Jugend freien Lauf lassen will. Aber so ein Streit mit einem Polizisten ist doch eine ernstere Sache. Es ist wohl am besten, wenn ich ein paar Worte mit dem Mann spreche, der vermutlich über diese Angelegenheit entscheidet.«
Laura fühlte sich als Gastgeberin; sie sagte: »Aber zuerst müssen Sie mit uns kommen und eine Tasse Kaffee trinken. Wir sind alle so weit gefahren. Dann kann Hugh heim zu Marie gehen und ein Bad nehmen, wonach ihn bestimmt verlangt.«
Derek hatte noch kaum etwas gesagt; er meinte: »Eine gute Idee. Der Kaffee wird den Beigeschmack dieses Ortes vertreiben. Aber, Hugh, sag doch, warum staffieren sich manche Studenten so komisch aus?«
Hugh war noch immer viel zu deprimiert, um über diese naive Frage lächeln zu können. Er sagte: »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich, um aufzufallen. Ich selbst bin nicht scharf auf so einen Aufzug, aber manchen steht es ganz gut.«
James Gilbert bemerkte großzügig: »Da werden sie schon noch rauswachsen. Ich bin aber froh, daß du diese Mode nicht mitmachst, Hugh. Es ist schon besser, sich ein wenig konventionell zu geben, wenigstens eine Zeitlang, bis diese Sache vergessen ist. Ich will nicht noch weiterpredigen, aber dir ist doch klar, daß du jetzt aufpassen mußt. Dazu mußt du dich durchringen.«
Hugh sah ein wenig traurig aus, aber er nickte und sagte: »Das werde ich bestimmt tun.«
Jetzt konnte Derek nicht mehr an sich halten. »Was machte denn der Bobby, daß du so in Fahrt kamst, Hugh?« fragte er.
»Er war verdammt grob; er zog das Mädchen über das Pflaster und verdrehte ihr den Arm.«
»Und du hast seinen Helm runtergeschmissen?«
»Ich war ungeschickt. Aber er ließ das Mädchen doch los, um mich festzuhalten, und das war schon etwas.«
Wie nett und ritterlich er doch war, dachte Laura liebevoll. Sie war neugierig auf das Mädchen. War es wohl eine, die er besonders gern mochte? Sie schwankte: ihr romantisches Gemüt hätte es schön gefunden, wenn dieser Parzival in Liebe entbrannt wäre; andererseits sagte sie sich mit gereizter Voreingenommenheit, ein Mädchen, das sich über die Straße zerren ließ, könne nicht sehr nett sein. Betont gleichgültig fragte sie: »Wer war denn das Mädchen? Wie ist sie?«
Seine Antwort war beruhigend. »Das Mädchen? Hab sie vorher nie gesehen. Sie sah nicht sehr hübsch aus: verschmutztes Gesicht und zerzauste Haare.«
Laura seufzte erleichtert auf; sie mied Dereks spöttische Blicke. Sie beschlossen, in ihrem Wagen zu warten, bis Gilbert von seiner Aussprache mit den Professoren zurückkam, die er gut zu kennen schien. Zu ihrer Überraschung fragte er Laura, ob sie ihn begleiten wolle. Sie lehnte sofort ab und stellte dabei ärgerlich fest, daß Hugh erleichtert aussah. Er wollte absolut nicht, daß sie sich seinetwegen aufregte.
Das Gespräch dauerte nicht lange. Gilbert redete kurz und sachlich.
»Er ist ein anständiger Kerl. Tadelloser Charakter. Mein bester Primus seit Jahren. Es war nur eine Dummheit, daß er sich an der Demonstration beteiligt hat.«
»Wir haben nichts gegen Kundgebungen. Die gibt’s überall. Schließlich waren es immer die Protestierenden, die in der Welt etwas zuwege gebracht haben. Aber wir verurteilen jede Behinderung der Polizei.«
»Da muß ich Ihnen zustimmen. Ich könnte mir aber vorstellen, daß der Polizist seine Befugnisse überschritt... Ich kann es ihm nicht verdenken. So eine dumme Gans, die sich auf die Straße setzt und nicht weitergehen will, kann einen in Wut bringen. Aber er muß doch ziemlich grob gewesen sein, und Hugh ist ein ritterlicher Mensch. Er gibt offen zu, daß er die Fassung verlor. Aber er verspricht, sich in Zukunft aus solchen Veranstaltungen herauszuhalten. Wenn ich meine Meinung äußern darf: ein strenger Verweis würde den Fall erledigen.«
Als er sich erhob, fügte Gilbert lächelnd hinzu: »Erinnern Sie sich noch an den Abend nach dem Ruderwettkampf, als Sie den Helm eines Polizisten in die Themse warfen?«
Sie lachten beide.
Daraufhin mußte Gilbert selbstverständlich noch einmal Platz nehmen; sie mußten Erinnerungen austauschen. Eine halbe Stunde später traf er die Familie wieder, die unruhig auf seine Rückkehr gewartet hatte.
»Für dieses Mal ist alles in Ordnung«, sagte er fröhlich. »Du sollst dich sobald wie möglich melden, Hugh. Du wirst einen gehörigen Krach kriegen und damit ist die Sache erledigt. Aber sei von jetzt an vorsichtig.«
Die Familie verabschiedete sich mit dem
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