Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
Wochen. Jedes Mal muss ich extra ein Taxi nehmen. Jeden Tag, hin und zurück.« Offenbar wollte sie uns mitteilen, welch große Opfer sie für ihren Mann brachte.
    »Warum fährt Sie Ihr Sohn denn nicht?«, fragte Vince. »Das ist aber nicht nett von ihm, Sie so allein zu lassen.«
    »Er hatte zu tun.« Sie bewegte sich ein paar Zentimeterauf uns zu, als wollte sie uns von der Veranda schubsen.
    »Hoffentlich ist es nichts Ernstes«, sagte ich. »Mit Ihrem Mann.«
    »Er liegt im Sterben«, sagte sie. »Er hat Krebs. Es ist bloß noch eine Frage der Zeit.« Sie hielt einen Augenblick inne. »Haben Sie hier angerufen und nach Jeremy gefragt?«
    »Äh, ja«, sagte ich. »Ich muss dringend mit ihm sprechen.«
    Sie fixierte mich argwöhnisch. »Und er hat Ihnen erzählt, er sei nach Connecticut gefahren?«
    »Soweit ich mich erinnere«, sagte ich.
    »Nie im Leben. Ich habe ihn nämlich gefragt. Er hat niemandem erzählt, wo er hinfährt. Woher wollen Sie das also wissen?«
    »Das können wir in Ruhe drinnen besprechen.« Vince trat einen Schritt auf sie zu.
    Die alte Frau umklammerte die Räder ihres Rollstuhls. »Ganz bestimmt nicht.«
    »Doch, doch«, sagte Vince, packte die Armlehnen des Rollstuhls und schob sie zurück. Seiner Kraft hatte sie nichts entgegenzusetzen.
    »He.« Ich berührte ihn am Arm, da es mir nicht gefiel, wie er mit der alten Frau umsprang.
    »Nur mit der Ruhe«, sagte Vince unbeeindruckt. »Ich mache mir nur Sorgen wegen der Kälte. Nicht dass sich Mrs Sloan hier draußen noch den Tod holt.«
    Die alte Frau schlug nach seinen Armen. »Fassen Sie mich nicht an!«
    Er schob sie ins Haus, und mir blieb nichts anderesübrig, als ihm zu folgen. Ich schloss die Tür hinter mir.
    »Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum«, sagte Vince. »Also, was wollen Sie wissen?«
    Sie spie die Worte regelrecht aus. »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    »Machen wir’s kurz«, sagte ich. »Mein Name ist Terry Archer. Meine Frau heißt Cynthia. Ihr Mädchenname war Cynthia Bigge.«
    Mit halb offenem Mund starrte sie mich an.
    »Anscheinend sagt Ihnen der Name etwas«, sagte ich.
    »Nicht wahr?«
    Sie gab immer noch keinen Ton von sich.
    »Ich würde Sie gern etwas fragen«, fuhr ich fort. »Auch wenn es sich vielleicht ein bisschen verrückt anhört.«
    Schweigen.
    »Nun ja«, sagte ich. »Sind Sie Cynthias Mutter? Sind Sie Patricia Bigge?«
    Ein verächtliches Lachen drang aus ihrer Kehle. »Ich verstehe kein Wort«, sagte sie.
    »Warum lachen Sie dann?«, sagte ich. »Offenbar wissen Sie doch genau, von wem ich spreche.«
    »Verlassen Sie mein Haus. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    Ich sah Vince an, der uns mit ausdrucksloser Miene zuhörte. »Haben Sie Cyns Mutter je kennengelernt?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte er. »Ich habe sie nur einmal gesehen. Im Dunkeln, an jenem Abend vor fünfundzwanzig Jahren.«
    »Wäre es möglich, dass sie es ist?«, fragte ich.
    Er kniff die Augen leicht zusammen und musterte sie. »Keine Ahnung. Wohl eher nicht.«
    »Ich rufe die Polizei«, sagte die alte Frau und wollte sich umwenden. Vince packte den Rollstuhl, um sie aufzuhalten, aber ich hob die Hand.
    »Schon okay«, sagte ich. »Das ist gar keine so schlechte Idee. Dann können wir zusammen mit der Polizei warten, bis Jeremy eintrifft. Und ihm dann ein paar Fragen stellen.«
    Abrupt wandte sie sich um. »Ach ja? Warum sollte ich Angst vor der Polizei haben?«
    »Ja, warum eigentlich? Vielleicht wegen einer Sache, die vor fünfundzwanzig Jahren passiert ist? Oder wegen ein paar Dingen, die sich vor kurzem in Connecticut ereignet haben, während Jeremy unterwegs war? Vielleicht weil sie etwas mit dem Mord an der Tante meiner Frau zu tun haben? Und dem Mord an einem Privatermittler namens Denton Abagnall?«
    »Raus!«, keifte sie. »Verlassen Sie mein Haus!«
    »Jeremy«, sagte ich. »Er ist Cynthias Bruder, stimmt’s?«
    Mit hasserfülltem Blick sah sie mich an. »Sagen Sie das nie wieder!«, zischte sie.
    »Warum?«, gab ich zurück. »Weil es die Wahrheit ist? Weil Jeremy in Wirklichkeit Todd ist?«
    »Was?«, sagte sie. »Wer behauptet das? Das ist eine verdammte Lüge!«
    Ich wechselte einen Blick mit Vince, der den Rollstuhl eisern an den Griffen festhielt.
    »Lassen Sie mich ans Telefon«, zischte sie. »Ich will sofort telefonieren!«
    »Wen wollen Sie denn anrufen?«, sagte Vince.
    »Das geht Sie nichts an!«
    Er sah mich an. »Sie will Jeremy warnen«, sagte er. »Das halte ich für keine so gute

Weitere Kostenlose Bücher