Ohne Netz
ich anfing zu erklären, lachte er plötzlich los:
»Ach, Moment, jetzt fällt’s mir ein: Sie sind dieser Irre!«
»Ja. Genau der.«
»Krass. Ganz krass. Wie sind Sie eigentlich drauf? Wenn ich wählen müsste zwischen Internet wegnehmen und kleinen Finger abhacken, ich würde nicht eine Sekunde zögern.«
»Oha. So schlimm?«
»Was heißt da schlimm? Ich könnt’ nicht leben ohne Netz. Ohne Finger schon.«
DANKE!
Ich danke meinen Kollegen vom Feuilleton, vom Redaktionsausschuss und vom Archiv, vor allem aber unseren beiden Sekretärinnen Gabriela Schimpf und Michaela Metz, dass sie mich sechs Monate lang analog ertragen haben. Svenja Flaßpöhler, Andres Veiel, Nicolas Humbert, Karin Meißner, Barbara Schindler, meinem Bruder Felix und den Zehntklässlern der Ricarda-Huch-Realschule danke ich für ihre Briefe, Antje Kunstmann für die postalische Belieferung mit Schokolade und Kaspar Nürnberg für die regelmäßigen aufmunternden, privaten Faxe, auch wenn die immer mitten in der Redaktion ankamen und das Sekretariat gut unterhielten.
Axel danke ich für den täglichen Morgenkaffee, die Idee mit den Google-Kapiteln, auch wenn daraus am Ende nichts wurde, und die angenehme Hintergrundstrahlung. Meiner Mutter danke ich unter anderem für das schüchterne Löschen des Internets, meinem Vater für Goethe, Kafka und die wöchentliche FAZ-Nachlese. Christian Topp weiß alles über Apple-schriften und das Fälschen des Google-Logos. Dirk von Gehlen, Friedmann Harzer, Florian Opitz, Anja Pohl, Christopher Schmidt und Barbara Wenner haben immer wieder verschiedene Fassungen gelesen, kritisiert, zerpflückt, großartig der Moment, als Anja in der Pizzeria sagte, »also weißte, dieser theoretische Eintrag im Dezember interessiert mich einen Scheiß«. Friedmann danke ich außerdem für das mutige Onlinebuchen eines Ferienhauses und eine Kiste voller schöner Briefe, die auf meinem Kleiderschrank verstaubt, seit wir beide online sind. Ich danke Thomas Mohol, der in Wahrheit anders heißt, für die Hälfte seiner wertvollen monatlichen Besuchszeit und dafür, dass er in den sechs Monaten mein treuester Briefpartner war. Ich danke auch Regina C., die in Wahrheit ebenfalls anders heißt, für ihr Vertrauen.
Max Dorner danke ich für das ganz und gar unjournalistische Lektorat und seine Aversion gegen falsche Predigten, Thom Yorke für »Analyse«, Gustav für »Verlass die Stadt« und Peter Licht für »Marketing«.
LITERATUR
Hartmut Rosas Studie »Beschleunigung – Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne« war mir Stecken und Stab. Die Szene, in der Franz Kafka in einer Dorfkneipe den Genuss des Biertrinkens an andere Gäste delegierte, habe ich beim Querlesen von Robert Pfallers »Ästhetik der Interpassivität« gefunden. Darin habe ich gerade eben auch mit Schrecken entdeckt, dass Douglas Coupland anscheinend bereits 1993 die ironische Frage gestellt hat, ob sich die Geräte für uns all die Filme anschauen, die wir sie aufnehmen lassen. Ich habe »Generation X« nie gelesen. Ist mein Eintrag vom 25. März jetzt trotzdem eine Raubkopie? Mal Helene Hegemann und ihre Kritiker fragen.
Die Thoreau-Zitate stammen aus der Diogenes-Ausgabe von »Walden«, einige auch aus dem Essay »Vom Spazieren«; die beste Biographie über Thoreaus Leben stammt von Walter Harding: »The Days of Henry Thoreau – A Biography«. Odo Marquards Erbsenvergleich habe ich aus Manfred Ostens Buch »Geraubtes Gedächtnis«, die E-Mail-Adressen im Wüstensand aus »Bilal« von Fabrizio Gatti. Victor Klemperer beschreibt den Schock über die Abführmittelreklame, die sich durch seinen Geburtstagsartikel schlängelt, im »LTI«. Miriam Meckels Zusammenbruch kann man nachlesen in ihrem Buch »Brief an mein Leben«. Wichtige Bücher waren Wolfgang Schivelbuschs »Geschichte der Eisenbahnfahrt. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert« und Hermann Lübbes »Im Zug der Zeit: Verkürzter Aufenthalt in der Gegenwart«. Obwohl das nur ganz am Rande Thema dieses Buches war: Auf aktiv-gegen-mediensucht.de findet man eindrückliche Texte zum Thema Onlinerollenspiel-Sucht, von geradezu literarischer Wucht ist das dort abgedruckte »Tagebuch eines Ausstiegs – Goodbye WoW«.
Den letzten Satz aus Tanizaki Junichiros »Lob des Schattens« habe ich nach Rücksprache mit einem japanischen Bekannten aus der englischen Fassung übersetzt, die anscheinend näher am Original bleibt als die deutsche: »I do not ask that this is be
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