Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
„Saarbrücken … und im Hunsrück der Hahn. Stimmt’s?“
Tannenberg nickte schweigend.
„Ich informiere sofort die Kollegen vom Bundesgrenzschutz, dass sie die Flughäfen, die Straßen und die Züge verschärft kontrollieren sollen.“
„Vergessen Sie ja die Flüsse nicht!“, brabbelte Tannenberg vor sich hin.
„Flüsse? – Ja, klar, gute Idee! Könnte ja wirklich sein, dass die auf der Mosel oder dem Rhein ein Motorboot liegen haben.“
„Aber es gibt ja auch noch Ramstein!“, rief einer der BKA-Mitarbeiter, die sich ein paar Höhenmeter unterhalb des Gittertores neben ihren Dienstwagen aufhielten, zu den beiden Männern hinauf.
„Das können Sie getrost vergessen, meine Herrn Profi-Ermittler. Die Air Base ist ein reiner Militärflughafen“, belehrte Tannenberg. „Glauben Sie etwa, die haben sich dort eine Galaxy gechartert?“
„Blödsinn“, stimmte Kriminaldirektor Dr. Pfleger zu.
Den Leiter der Kaiserslauterer Mordkommission interessierte etwas anderes: „Sagen Sie mal? … Ihre Leute haben doch das Schloss observiert?“
„Ja, klar, die ganze Zeit über.“
„Und es hat nicht ein Auto die Klinik durch die Ausfahrt verlassen?“
„Nein, so viel ich weiß, nein. Aber ich frag gerne noch mal nach.“
Diesmal benutzte er nicht sein Handy, sondern fragte in die Runde seiner versammelten Kollegen.
„Nein, kein Auto, nur vor gut einer halben Stunde ein Notarztwagen. Kurz bevor das SEK und wir vorhin am Schloss eingetroffen sind“, antwortete ein hünenhafter Blondschopf.
„Ein Notarztwagen?“
„Ja.“
„Und da hat sich keiner von euch Idioten etwas dabei gedacht?“, schimpfte Tannenberg ungehalten los. „Das gibt’s doch überhaupt nicht. Da fahren die in aller Seelenruhe mit Blaulicht und Sirene an euch vorbei und ihr kapiert nicht, dass die nicht zu einem Unfall gerufen worden sind, um einen Schwer verletzten zu bergen und in die Klinik hinein zutransportieren, sondern um diese Schwer verbrecherbande aus der Klinik heraus zutransportieren.“
„Aber woher sollten wir das denn wissen?“, fragte einer der Männer betroffen. Ein unmittelbar danebenstehender, größerer Mann, ergänzte: „Das hat doch wirklich niemand ahnen können.“
Der Leiter des K1 ignorierte gänzlich die stümperhaften Rechtfertigungsversuche seiner BKA-Kollegen. „Da war garantiert auch der arme Max und dieser Wessinghage drin! – Mann oh Mann! Und wir tappen hier im Brunnenstollen rum! Los, los, auf geht’s! Lösen Sie jetzt wenigstens eine Dringlichkeitsfahndung nach diesem verdammten Notarztwagen aus!“
„Machen wir sofort!“, erwiderte Dr. Pfleger und gab seinen Mitarbeitern ein aufforderndes Handzeichen. „Los, Jungs – dalli, dalli!“
Nach einer kleinen Besinnungspause revidierte sich Tannenberg unvermittelt: „Obwohl, das ist ja auch Quatsch! Das können wir uns eigentlich sparen!“
„Warum denn?“
„Weil die bestimmt schon irgendwo die Autos gewechselt haben. – Mir reicht’s jetzt jedenfalls! Ich hab die Nase gestrichen voll von euch!“
Ohne einen Abschiedsgruß verließ er mit schnellen Schritten die sichtlich geschockten BKA-Ermittler und eilte zu seinem Auto.
Er musste dringend in Ruhe nachdenken.
Als er langsam den Waldweg entlangfuhr, wurde sein Gehirn von der Frage gemartert, wie man wohl einen Komapatienten mitsamt der für dessen Lebenserhaltung unabdingbaren medizinischen Gerätschaften nicht nur aus der Klinik, sondern auch außer Landes schaffen konnte.
Zunächst kann man dafür natürlich einen Krankenwagen benutzen, dachte er. Aber dann? Mit dem Notarztwagen über die Grenze? Das ist zu auffällig, viel zu riskant. Der Tausch mit einem anderen Wagen? Das ist ja irgendwie auch unlogisch, denn die brauchen ja die Geräte. Der Transport mit einem Hubschrauber? Das würde natürlich gehen. Aber nur, wenn nicht mehr als ein oder zwei Begleitpersonen dabei wären. Aber das sind ja bestimmt mehr. Außerdem ist dieser Dr. Wessinghage wahrscheinlich auch noch mit von der Partie, wenn auch vielleicht nur als Leiche. Verdammter Mist! Alles nur eine ziemlich gewagte Hypothese! Vielleicht ist Max ja auch schon tot und liegt gemeinsam mit diesem Oberarzt irgendwo in einem Seitenarm des Stollens. – Was soll ich bloß machen?
Er grübelte und grübelte.
Dann stand plötzlich sein Entschluss fest: Ich setze alles auf eine Karte. Und wenn ich daneben liege, hab ich’s wenigstens probiert!
Er beschleunigte den BMW, fuhr ein Stück das Tal hinunter, hielt an und
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