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Geheimcode Misty Hazard (German Edition)

Geheimcode Misty Hazard (German Edition)

Titel: Geheimcode Misty Hazard (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kay
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McCune, Kansas, Vereinigte Staaten
Kansas City Southern Railway
10. Dezember, 10:37 Uhr
     
    Reno Spears konnte sich nicht von den Seiten des Buches lösen. Gerade stieg der Protagonist in der siebten Etage eines Apartmenthauses über den Nachbarbalkon in ein Fenster ein, um die Wohnung zu durchsuchen. Er vermutete schon seit Wochen, dass seine Frau ein Verhältnis mit seinem besten Freund hatte, und hoffte, endlich Beweise zu finden. Unterwäsche. Fotos. Briefe. Irgendetwas. Und wenn es nur das lange braune Haar seiner Frau war, das sie vielleicht auf der Couch oder auf den Laken des Bettes verloren hatte. Ein einzelnes Haar. Das war schon genug.
    Er blätterte auf die nächste Seite und las die letzten Zeilen des Kapitels. Dann hob Spears kurz den Kopf, um zu sehen, wo sich der Zug momentan befand, und dann abzuschätzen, ob er das nächste Kapitel noch schaffte oder zumindest den kommenden Absatz lesen konnte, ehe der Zug in den Bahnhof einlief. Er entschied sich fürs Weiterlesen. Spears war nicht der Typ, der bei innerer Aufregung oder Spannung an den Fingernägeln knabberte. Aber er war sicher, dass jeder Nagel bei der Lektüre dieses Buches abgenagt worden wäre, wenn er doch einen Hang zum Kauen hätte.
    Am Rande nahm er das Klingeln eines Mobiltelefons wahr. Ein dezenter Ton. Spears schlug die nächste Seite um. Der Held in dem Roman blieb gerade vor Schreck stehen, denn er hatte ein Geräusch gehört, wo keines sein durfte.
    Ein weiteres Handy klingelte. Die quäkenden Töne eines Rocksongs. Blechern. Aufdringlich.
    Spears seufzte, las allerdings unbeirrt weiter. Sein Held lauschte angestrengt und hörte Schritte hinter der Apartmenttür.
    Der Signalton einer SMS ließ Spears auffahren. Er warf dem Besitzer des Mobiltelefons einen genervten Blick zu, doch der Typ eine Sitzreihe weiter beachtete ihn gar nicht, sondern widmete sich ganz seinem Telefon.
    Spears blätterte eine Seite um.
    Ein weiteres Handy klingelte.
    Er wollte gerade schnauben, als noch ein hoher Ton ertönte.
    Dann noch einer. Und noch einer. Das gesamte Zugabteil war plötzlich vom Klingeln und Musizieren der mobilen Telefone erfüllt. Immer mehr Fahrgäste griffen zu ihren ständigen elektronischen Begleitern. Stimmengewirr schwoll an. Hektische Telefonate. Besorgte Mienen. Blicke aus dem Fenster. Ein Mann sprang gar auf, packte seine Reisetasche aus der Gepäckablage und eilte durch den Gang. Spears fluchte innerlich. Nächstes Mal würde er nicht mehr die günstigen Tickets für einen Großraumwagen nehmen, sondern sich in ein geschlossenes Abteil zurückziehen. Er versuchte, sich wieder auf das Lesen zu konzentrieren, doch bei dem permanenten Geschnatter der permanent lauter werdenden Gespräche und den weiterhin aufdringlich klingelnden Telefonen, war daran nicht mehr zu denken.
    Spears zuckte zusammen, als sein eigenes Handy piepste und gleichzeitig ein Vibrieren durch seine Hose ging. Er runzelte die Stirn, griff in die Tasche und förderte das Gerät zutage. Der Lärm im Zug machte es fast unmöglich, jetzt ein Telefonat zu führen. Spears blickte auf das Außendisplay: Rose, seine Frau. Er klappte den Deckel auf, drückte die Verbinden-Taste und hielt sich das Handy ans rechte Ohr, während er das linke mit einer Hand zuhielt.
    »Ja?«
    »Schatz? Reno? Wo bist du?« Ihre Stimme klang aufgeregt, fast panisch. Spears blickte sich um. Mehrere Menschen sprangen auf und folgten dem Mann, der bereits das Abteil verlassen hatte. Irgendjemand näherte sich der Notbremse.
    »Noch im Zug, Baby«, sagte Spears.
    »Hast du … du musst sofort … hast du denn nichts gehört?« Die Stimme seiner Frau wurde schriller. Sie überschlug sich fast.
    »Jetzt beruhig dich erst einmal.«
    »Ich … Schatz, verlass sofort den Zug. Sie kommen. Oh, mein Gott, sie kommen!«
    Plötzlich war die Leitung tot.
    »Hallo? Rose? Baby, hörst du mich?« Er sah auf das Display. Kein Netz. Verwirrt blickte er sich um und registrierte, dass die anderen Fahrgäste ein ähnliches Problem zu haben schienen. Alle Telefone, die zuvor noch geklingelt hatten, waren verstummt. Schlagartig. Die Gespräche abgebrochen und beendet. Manch einer starrte erstaunt auf sein Handy, schüttelte es, rief hinein oder hielt es näher ans Fenster.
    Alle Netze waren ausgefallen. Gleichzeitig.
    Unmöglich! , dachte Spears.
    Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr und drehte den Kopf zum Fenster. Zwei Schatten flogen seitwärts direkt auf den Zug zu. Es dauerte ein oder zwei

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