Ohrwuermer und Quallenpest
geflickte,ebenfalls schwarze Strickjacke. Jeden einzelnen ihrer Finger schmückte ein mit bunten Steinen besetzter Ring.
Polly ging mit ausgestreckter Hand auf Pauletta zu. »Hallo! Ich bin Polly und das sind meine Brüder Pampe und Palme und mein Schulfreund Pit. Der lange Dünne dort ist der Cousin meiner Mutter und heißt Debilius.« Pauletta Rottentodd nahm Pollys Hand und schien sie nie mehr loslassen zu wollen.
»Und ihr alle besucht mich?«
»Na klar!«, antwortete Polly. »Wir hatten direinen Brief geschrieben, und … na ja, du wolltest uns eigentlich heute am Bahnhof abholen lassen. Von einem Fynn …«
Großtante Pauletta ließ Pollys Hand los, als sei sie eine heiße Kartoffel. »Mein Gott! Das habe ich vollkommen vergessen. Sicherlich wegen des Konzerts.« Sie faltete entschuldigend die Hände vor der Brust. »Das passiert mir in letzter Zeit immer öfter. Ich glaube, ich werde langsam alt!«
»Aber das macht doch nichts«, meinte Pit. »Jetzt sind wir ja da.«
»Und ihr seid patschnass!«, rief Pauletta Rottentodd fast vorwurfsvoll und stand erstaunlich flott aus ihrem Sessel auf. »Ich koche uns erst mal einen frischen Tee und ihr zieht euch trockene Sachen an.« Sie stürmte an allen vorbei und klopfte laut an Fynns Zimmertür. »Komm raus, du alter Brummbär! Wir haben Besuch! Zeig den Kindern die Zimmer!« Dann lief sie weiter zum Herd.
Fynn kam mit seiner qualmenden Pfeife im Mund in die Küche. »Von Besuch hat mir aber keiner was gesagt.«
»Es sind die Kinder meiner Nichte«, sagte Pauletta Rottentodd aufgeregt. »Ich hatte vollkommen vergessen, dass sie heute kommen würden. Das Konzert … du verstehst?«
Fynn nickte verständnisvoll. »Na, dann schnappt euch mal eure Seesäcke und hoch zum Deck!«
»Wohin?«, fragte Pampe.
Großtante Pauletta breitete entschuldigend die Arme aus.
»Oh, Ihr müsst verzeihen, aber Fynn redet immer noch so, als wäre er auf einem Schiff, obwohl er jetzt schon über zweihundert Jahre nicht mehr auf See war.«
»Das Holzbein!«, erklärte der alte Seebär und klopfte mit der Pfeife gegen die Prothese. Dann stieg er die Treppe hinauf.
»Vorsicht! Eine Stufe ist locker!«
Polly warf Pit einen vielsagenden Blick zu, ehe sie den fünfen nach oben folgte.
»Vorsicht!«, sagte Fynn erneut. »Die Töpfe! Ich leere sie nachher aus, wenn es aufgehört hat zu regnen. Das Dach ist ziemlich marode.«
»Ziemlich!«, bestätigte Pit.
Aus unzähligen kleinen Löchern tropfte es immer noch in die auffangbereiten Kochtöpfe.
»Warum wird das Dach nicht repariert?«, wollte Polly wissen.
»Wegen des ganz eigenen Stils des Hauses«, erklärte Fynn.
»Hier wurde noch nie was repariert. Soll mir recht sein.« Er steuerte auf die eine von zwei gegenüberliegenden Zimmertüren zu. »Die Matrosen steuerbord, die junge Lady backbord«, bestimmte Fynn.
»Was?«, fragte Pampe.
»Die Jungs ins rechte Zimmer, Polly ins linke«, übersetzte Palme Fynns Seemannssprache.
»Woher weißt
du
denn so was?«, staunte Pampe. Sein Zwillingsbruder zuckte nur mit den Schultern.
»Ich soll allein schlafen?«, rief Polly entrüstet.
»An Bord bekommt eine Lady immer ’ne Einzelkajüte!«, brummte Fynn in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.
»Das ist Gesetz!«
Sie folgten dem alten Seebären im Slalom zwischen den Töpfen hindurch.
»In den Kajüten ist es trockener«, knurrte Fynn. Dann öffnete er die linke Zimmertür.
Pollys Blick fiel auf zwei mit bunten Flicken übersäte Hängematten, ein klappriges Regal voller modriger Taue und unzählige Spinnweben. »Gemütlich!«, murmelte sie und rümpfte die Nase.
Großtante Paulettas Konzert
»Magia!« Pauletta Rottentodds Augen begannen zu funkeln.
»Dann ist es also doch kein Gerücht!«
Es hatte aufgehört zu regnen und alle saßen gemeinsam am Küchentisch und tranken fürchterlich bitteren Wildkräutertee mit Zitrone.
»Nein, die Zauberbücher existieren tatsächlich«, erklärte Polly. »Und zwei haben wir schon.«
»Aber nur mit allen drei Bänden kann man wirklich zaubern!«, ergänzte Pampe.
»Wer’s glaubt …« Pit machte eine abfällige Handbewegung.
»Hättest ja nicht mitkommen müssen«, motzte Pampe.
Großtante Pauletta hob beschwichtigend die Hand und schaute ihre Gäste der Reihe nach an. »Euch fehlt also der dritte Band? Warum sucht ihr den ausgerechnet hier in Kiekenförde?«
»In Magia Zwei ist der Stempel einer Buchhandlung … aus Kiekenförde«, erklärte
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