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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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ungemäszigter GANZGROSS- und ganzkleinschrift – jederzeit ersehen läßt, aus welcher deutschen Feder welches deutsche Wort unter die Deutschen kam. O FEN zum Beispiel. Oder B ANK . Oder O FENBANK . Oder O FENLEISTE . Oder W ASSERHAHN .
    Falls jemand es genau wissen möchte, Wasserhahn findet sich nur beim Dichter Detlev von Liliencron aus Hamburg-Rahlstedt, bei dem als einzigem man auch T ONBANK antrifft, und O FEN ist ein »gemeingermanisches wort mit ursprünglich gutturalem wurzelkonsonanten«.
    Die Bezeichnung O FENLEISTE kommt in dieser Form nicht vor, aber beim nie ganz versagenden Wolfgang Göthe steht: »der ofen war von weiszem porzellan, mit messingnen bändern umgeben.« An Schiller schreibt er, als habe er meine Lage gekannt: »es wird immer kälter, man mag gar nicht von dem ofen weg, ja es ist die gröszte lust, sich oben drauf zu setzen.« Schiller, der ebenfalls von mir und der nahen Lösung geahntzu haben scheint, antwortet Göthen: »ich habe mit vergnügen gesehen, dasz sie und unser groszer ofenfreund die kalte region glücklich passiert sind.« Im Grimm-Wort O FENZINS schließlich läßt sich mühelos das grimmige Wort G EBÜHRENBESCHEIDE erkennen, wie sich andererseits mein Ringen mit diesen in des schuldturmerfahrenen Johann Christian Günthers Versen spiegelt: »ja wenn mir auf der ofenbank / ein lied vom deutschen kriege klang.«
    Doch will ich, ehe ich mich an die Lockungen des Wörtermagazins verliere, weitere Titel nennen, die den Regalverhau füllen und mein warmes Herz von der Kälte trennen sollten. Alle Drucksachen gehörten dazu, die mir als Arbeitsgeschirr gelten; Duden, Wahrig, Büchmann, Fowler, Philosophisches Wörterbuch, Kulturfahrplan und synchronoptische Weltgeschichte. Über diese hinaus Rammler’s Universal-Briefsteller oder Musterbuch zur Abfassung aller in den allgemeinen und freundschaftlichen Lebensverhältnissen, sowie im Geschäftsleben vorkommenden Briefe, Documente und Aufsätze. Ein Handund Hülfsbuch für Personen aller Stände von 1848. Und dazu aus demselben Jahr 1848, aber in einer Ausgabe von 1997, das bei Geschwister Ingermann erworbene Kommunistische Manifest.
    Hier stecke ein Problem, sagte G., ein stockvernünftiger Mann, der nicht nur nach mir sieht, wenn ich um Hilfe rufe. Da er Zimmermann ist und Philosoph dazu, konnten nun Traktate beginnen oder Gedanken zur Statik von Wänden aus Büchern. Letzteres war der Fall, hatte aber mit Philosophischem Wörterbuch wie Kommunistischem Manifest zu tun. Diese Werke seien, wie ich sehe, sagte er, von unterschiedlichstem Umfang. Zweimal siebenhundert großformatige Seiten in dem einen Fall und fünfundneunzig halb so hohe, halb so breite im anderen. Das ergebe, auf die restlichen Bände und meine Wand gesehen, Lücken. Die aber seien für eine Hausbefestigung so ungut wie für Festungspläne. General Winter, ich kenne den Kerl, liebe Lücken. Brocken wie den Brockhaus umgehe er. Wo ein Computer-Schinken seinen Vormarsch sperre, fege er über Lyrikbändchen voran. An der Deutschen Geschichte in Daten wie auch den Dokumenten zur Geschichte der Akademie der Künste stoße er vorbei, weil ihm gleich daneben die Hürden in Insel-,Dieterich- oder Penguin-Maßen oder im Loseblattblatt- O KARINA -Sammelband-Format kaum nennenswert Widerstand böten. – Ob er fortfahren solle, fragte milde der Freund. Ich hob ergeben die Hände.
    So saßen wir nach der Schlacht, die, kaum begonnen, schon verloren war, auf meiner Bank. Der Kühle wegen drückten wir, dem Ofen nahe, doch nicht zu nahe, unsere runden Rücken gegen dessen warme Leiste. Nimm herein die Wand! murmelte ich. Er tat, als habe er nicht gehört, und antwortete, als habe er gehört. Wolle ich den Stürmen aus Kälte und Tarifen gewachsen sein, müsse ich um den Ofen herum eine Kajüte aufschlagen. Er sang mir nicht, wie wir in jungen Jahren neben Amur und Suliko häufig sangen, vom Herrlichen Baikal und der Lachstonne, in der wir das heilige Meer zwingen wollten, aber von einer Nußschale sprach er, die mir nötig sei. Einer mit Wänden wenn nicht aus Nußholz, so doch aus Holz. Mit Isolierung und Paneelen. Zu nichts als meinem Frommen schwebte ihm eine Nußschale mit ordentlicher Thüre vor.
    Was soll ich sagen, er ist mein Freund, er ist der Zimmermann, so wurde es gemacht. Unerhört unentfremdet und unannehmbar arbeitsteilig ging es zu: Er tat die Arbeit, ich zahlte die Teile. Ich gab halbwegs den Gehilfen, gab auch den Koch, worin ich gut bin, wie Frau Dora

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