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Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Oksa Pollock. Der Treubrüchige

Titel: Oksa Pollock. Der Treubrüchige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Plichota
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Geheimnis um die Geburt von Leomido, Orthon, Dragomira und Remineszens bekannt war – alle vier waren Maloranes Kinder –, wirkte diese Bemerkung besonders grausam. Widerwärtig. Krank. Ocious war ein grauenhafter Mensch. Oksa verspürte unwillkürlich ein tiefes Mitleid mit Orthon, diesem verletzten, von seiner leiblichen Mutter im Stich gelassenen und von seinem Vater verachteten Jungen. Leomido war nicht Ocious’ Sohn, und doch hatte Ocious ihm Respekt und Wertschätzung entgegengebracht. Oksa konnte sich gut vorstellen, welche Wut Orthon seine gesamte Kindheit und Jugend hindurch verspürt haben musste, bis zu dem Zeitpunkt, wo die Liebesbeziehung zwischen Leomido und Remineszens die Wahrheit über ihre Herkunft ans Licht brachte und ihrer aller Existenz zerstörte. Geheimnisse haben die Eigenschaft, sich in Zeitbomben zu verwandeln, die irgendwann einmal explodieren und denen um die Ohren fliegen, die ihnen zu nahe kommen …
    Plötzlich flackerte ein neues Bild an der Wand auf. Oksa muss­­te ein Schluchzen unterdrücken, als sie das Gesicht ihrer Mutter erkannte. Der Bildausschnitt vergrößerte sich, und nun erschien ein ländliches Anwesen hinter Pavel, der von mehreren Rette-sich-wer-kann umgeben war, alle etwa fünfzehn Jahre jünger als heute. Es war ein sonniger Tag, Pavel und Marie trugen Hochzeitskleidung und strahlten vor Glück. Ohne den Blick voneinander zu wenden, begaben sie sich auf die Tanzfläche unter freiem Himmel. Oksa spürte eine tiefe Zärtlichkeit, als das Lachen ihrer Mutter den Raum erfüllte. Wie schön sie war … und wie sehr sie ihr fehlte …
    Das Filmauge machte einen Zeitsprung: Oksas Eltern befanden sich jetzt in ihrer Pariser Wohnung. Sie saßen auf dem Sofa, Pavels Hand lag auf Maries gewölbtem Bauch, und er hatte den Kopf nachdenklich in den Nacken gelegt. Anscheinend sahen sie Dragomira beim Teekochen zu.
    »Wir könnten sie Oksa nennen«, sagte Marie. »Das wäre doch hübsch, oder?«
    Ein Schatten glitt über Pavels Gesicht.
    »Wer weiß, vielleicht wird es ja ein Junge.«
    »Es wird ein Mädchen, da bin ich mir ganz sicher! Sie wird wunderhübsch und intelligent sein, wir werden sie wahnsinnig lieben und zusammen glücklich bis ans Ende unserer Tage leben.«
    Sie warf ihrem Mann einen liebevollen Blick zu und stupste ihn sanft mit dem Ellbogen an.
    »Wann hörst du endlich mal auf, dir ständig solche Sorgen zu machen? Es wird alles gut gehen, du wirst schon sehen.«
    Das Filmauge brach mit einem Geräusch wie von einem Lichtblitz ab. Die beiden Huldvollen schwiegen bedrückt. Oksa wurde bewusst, wie groß die Unterschiede zwischen ihr und Orthon waren. Die Liebe – beziehungsweise das Fehlen von Liebe – jener Menschen, die sie in die Welt gesetzt hatten, bestimmte ihr ganzes Leben und hatte aus ihnen das gemacht, was sie heute waren. Es war ein wesentlicher Teil ihres Schicksals. Dieser tief greifende Einfluss war erschreckend, aber irgendwie auch faszinierend. Fest entschlossen wandte Oksa das Gesicht ihrer Großmutter zu und wiederholte Maries letzte Worte aus Dragomiras Erinnerung:
    »Es wird alles gut gehen, du wirst schon sehen.«
    Dragomira nickte.
    »Davon bin ich überzeugt, meine Duschka. Fest überzeugt.«

Neue Verbündete
    D
ie Abreise zu den Hebriden war für den nächsten Abend geplant.
    »Warten wir nicht länger«, hatte Pavel mit Blick auf den düsteren Himmel gesagt, aus dem immer noch der Regen in Strömen niederging.
    Das Haus war inzwischen voller Leben: Abakums, Dragomiras und Leomidos Geschöpfe und Pflanzen feierten ihr Wiedersehen mit einem Getöse wie auf dem Jahrmarkt – einige von ihnen hatten einander nicht mehr gesehen, seit Leomido sich vor mehreren Jahrzehnten in Großbritannien niedergelassen hatte. Abgesehen von den drei Kapiernixen, die der ganze Trubel vollkommen kaltließ, wuselte alles, was Flügel oder Beine hatte, wild durcheinander. Und auch die Pflanzen legten, ungeachtet der Tatsache, dass sie sich nicht von der Stelle bewegen konnten, eine lärmende Erregung an den Tag, die der ihrer gefiederten oder pelzigen Freunde in nichts nachstand. Nicht einmal die sonst so vernünftige und autoritätsgebietende Centaurea konnte sich dem Tohuwabohu entziehen. Oksa hörte mit an – nicht ohne ein gewisses Vergnügen –, wie vier Goranov-Pflanzen mit tragischem Unterton das Schicksal ihrer Artgenossin kommentierten, die von den Treubrüchigen aus Dragomiras Atelier geraubt worden war.
    »Ob die Diebe in der Lage sind,

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