Stern der Liebe ueber Kenia
1. KAPITEL
Schon auf die Entfernung fiel Shanna der Mann auf, der die belebte Straße entlang auf die Terrasse des "Thom Tree Cafe" kam. Man konnte ihn nur schwer übersehen. In dem farbenfrohen Menschengewühl aus kamerabewaffneten Touristen, Geschäftsleuten, Inderinnen in exotischen Saris und Arabern in wallenden Gewändern hob er sich durch seine Größe, die leichte Khakihose und das kurzärmelige Hemd von der Menge ab. Er hatte lange Beine und bewegte sich athletisch geschmeidig - wie ein ungezähmtes Raubtier.
Der Mann betrat die Terrasse, auf der Shanna mit Nick saß, und sah sich um.
Sein lockiges dunkles Haar war kurz geschnitten, der Blick seiner blauen Augen klar und scharf.
Jetzt kam er auf sie zu.
In Shannas Magen begann es zu kribbeln, und ihr Herz schlug schneller. Eine seltsame Erregung ergriff sie, die sie sich selbst zücht, erklären konnte.
Erst am Abend zuvor war sie in Nairobi aus der Maschine gestiegen, und schon schien sie zu träumen. Aber warum auch nicht? Heute war ein ganz besonderer Tag.
Ein Tag voller Versprechungen und exotischer Eindrücke unter tropischer Sonne. Was würde er ihr bringen? Endlich war sie an den Ort zurückgekehrt, wo sie als Mädchen die vier glücklichsten Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Wie lange hatte sie davon geträumt?
Lächelnd legte Nick ihr den Arm um die Schultern. "Schön, dich glücklich zu sehen", sagte er. "Weiter so."
Der warmherzige Ausdruck in seinen Augen rührte Shanna, und sie rieb ihre Wange an seiner Schulter. "Der Tapetenwechsel tut mir gut, Nick. Hier werde ich auf andere Gedanken kommen."
Er drückte sie an sich und küsste sie auf die Wange. "Fein, Shanna. Ich bin froh, dass du da bist."
Dann war er da, der Mann, und blieb vor ihnen stehen.
Prompt sprang Nick auf, und die beiden schüttelten sich die Hände. Der Ankömmling überragte sogar Nick, der an sich schon groß war. Alles an diesem Mann wirkte selbstsicher und siegesgewohnt ... als würde ihm die Welt gehören.
Und ein Teil davon gehörte ihm ja tatsächlich.
Fünfundsiebzigtausend Hektar Hügel-, Savannen-und Dschungelland in Rift Valley, wo er Schafe und Vieh züchtete und am Rande einer Klippe in einem großen atemberaubenden Haus lebte. Shanna kannte die Fotos, die Nick vor einigen Jahren aufgenommen hatte. Und voriges Jahr hatte eine Zeitschrift einen Artikel über die Ranch und die dortigen Forschungsarbeiten der kenianis chen Regierung und der African Wildlife Organisation gebracht. Shanna konnte sich den Mann gut in einem Landrover oder zu Pferd oder im Cockpit einer Cessna vorstellen, was für ihn wohl auch zum normalen Alltag gehörte.
Lächelnd wandte Nick sich ihr zu. "Shanna, das ist Rand Caldwell. Rand, meine Nichte Shanna Moore."
Sie reichte ihm die Hand, und er umschloss sie mit seinen großen, kräftigen Fingern. Einen Moment lang sagte er nichts, sondern sah Shanna nur mit seinen blauen Augen durchdringend an. In seinem gebräunten Gesicht wirkten sie unglaublich hell und seltsam kalt.
"Miss Moore", sagte er kühl und gab ihre Hand frei.
Normalerweise fühlte sie sich bei Begegnungen mit Fremden entspannt, doch dieser Mann verunsicherte sie. Warum sah er sie so an?
"Freut mich, Sie kennen zu lernen. "Sie lächelte liebenswürdig, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er sie verwirrte. "Nick hat mir viel von Ihrer Ranch erzählt, Mr. Caldwell."
Nun sah er Nick an. "Du hast sie doch aber seit Jahren nicht mehr gesehen", bemerkte er trocken.
Amüsiert lächelte Nick. "Sie hat bei mir einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Besonders die Löwin, die mich um ein Haar zerrissen hätte."
Eigentlich war Nick Shannas Onkel, doch da er nur elf Jahre älter war, sah sie in ihm eher so etwas wie einen großen Bruder, vor allem da er viel Sinn für Spaß und Abenteuer an den Tag legte. Seit dem Tod ihrer Eltern vor sechs Jahren waren Nick und seine Frau Melanie ihre Familie geworden, mit der sie Weihnachten und andere Feiertage verbrachte.
"Wie geht es Melanie?" fragte Rand.
"Bestens", erwiderte Nick. "Die Kinder halten sie auf Trab. Deshalb konnte sie zu ihrem Bedauern auch nicht mitkommen." Rand hatte einige Jahre in den Vereinigten Staaten studiert und sich damals mit Melanie und Nick angefreundet.
Die Männer bestellten Bier, Shanna einen zweiten Passionsfruchtsaft. Nur mit halbem Ohr lauschte sie der Unterhaltung, trank Saft und beobachtete das bunte Treiben auf der Straße.
Eine große blonde Frau mit einem friedlich schlafenden Baby
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