Olafur Davidsson 02 - Herbstwald
darüber informiert worden, dass sie den Besprechungsraum im Gebäude der Fuggereiadministration nicht mehr benötigten. Für drei Personen war genügend Platz in einem der beiden Hotelzimmer, die die Kriminalanalysten immer noch angemietet hatten.
Landhäuser hatte dabei Wert darauf gelegt, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen waren und dass auch kein Zusammenhang zwischen den bisherigen Ergebnissen und der Fuggerei hergestellt werden konnte.
»Wann ist eigentlich der andere Justizvollzugsbeamte zu sprechen?« Davídsson hatte den bandagierten Fuß auf einen kleinen Hocker am Fenster gelegt, um die Schmerzen zu lindern. Der gleichfarbige Sessel war eigentlich dafür zu niedrig und er musste sich vom Zimmerservice zusätzliche Kissen bringen lassen, um einigermaßen bequem sitzen zu können.
»Er kommt übermorgen von einem Kurzurlaub in Italien zurück. Er hat ausgerechnet dann Dienst, wenn ich im Polizeipräsidium als Zeuge aussagen soll.«
»Wir können das auch erledigen«, bot Schedl an.
»Mittlerweile wissen wir, dass beide Besucher von Saitô ein Visum hatten. Die Bundespolizei hat mich gestern Abend noch angerufen. Allerdings wird uns das noch nicht viel weiterhelfen, weil wir alle anderen Daten noch nicht von unserer Botschaft in Japan bekommen haben. Die haben leider Probleme mit der Datenbank.« Sie warf einen kurzen Blick in ihre Notizen. »Der eine, Tsubasa Ito, hat ein Geschäftsvisum, das wohl noch eine Weile gültig ist. Der Justizvollzugsbeamte, mit dem ich gesprochen habe, war bei seinem Besuch anwesend. Und der andere, Susumu Tanaka, hatte nur ein Touristenvisum für ein paar Tage Aufenthalt in Deutschland. Mit dem Beamten, der bei diesem Besuch dabei war, müssen wir noch sprechen.«
»Kann es nicht sein, dass jemand über einen anderen Mitgliedsstaat nach Deutschland eingereist ist?«, fragte Schedl.
»Eigentlich nicht. Die Visa werden in Europa in einer gemeinsamen Datenbank gespeichert und gelten für den ganzen Schengenraum, der nicht ganz mit der Europäischen Union identisch ist. Island gehört zum Beispiel dazu, obwohl die Isländer noch nicht in der EU sind. Beim Visa-Antrag muss man nachweisen, dass man genügend Geld besitzt, um hier auch den Lebensunterhalt zu bestreiten. Japaner müssen mindestens vier Millionen Yen Vermögen nachweisen. Das sind etwa 30.000 Euro. Dazu muss noch eine Bestätigung über eine Krankenversicherung und eine Kopie der sogenannten Alien Registration Card vorgelegt werden. Der Aufenthalt ist in beiden Fällen auf maximal neunzig Tage beschränkt, wobei es beim Geschäftsvisum auch Ausnahmen geben kann. Der einzige Unterschied zwischen einem Geschäftsvisum und einem Touristenvisum ist, dass man beim Geschäftsvisum hier in Deutschland keine weitere Arbeitsgenehmigung mehr benötigt und deshalb schon beim Antrag die Geschäftsbeziehung nachweisen muss.«
»Das heißt, dass wir all diese Daten haben, wenn das System der Botschaft wieder funktioniert? Eine Kopie dieser Karte, die Geschäftsbeziehung von diesem Herrn Ito und sogar Passfotos?«
»Ja.«
»Apropos Passfotos. Gibt es in der JVA Weiterstadt keine Videoüberwachung? Dann hätten wir zumindest jetzt schon einmal eine Aufnahme der beiden Besucher für unsere Datenbanken«, fragte jetzt Ólafur Davídsson.
»Daran habe ich auch schon gedacht, als ich dort die ganzen Videokameras gesehen habe. Aber die Daten werden aus Datenschutzgründen nach achtundvierzig Stunden überschrieben, wenn es während dieser Zeit keinen Vorfall gibt.«
»Schade. Wittkampf ist es bisher übrigens immer noch nicht gelungen, dass wir mit Schirmer-Lunz sprechen können. Die Kollegen vom Bundesinnenministerium stellen sich offenbar quer und schieben irgendwelche Formalien vor. Ich habe heute Morgen mit ihm telefoniert.« Davídsson wechselte das Thema. Sein Blick war auf die Zeichnung mit den Kreisen gefallen, die neben ihm auf der unbenutzten Seite des Bettes lag. Sie hatten Hofbauers Namen mit grünen Klammern versehen. Hinter Martin Schirmer-Lunz stand jetzt ein Fragezeichen.
Für Ólafur Davídsson war es eher unwahrscheinlich, dass der bayerische Innenminister am Tod seiner eigenen Tochter schuld war.
Für Martin Schirmer-Lunz galt die gleiche Vermutung.
Er hatte die ganze Nacht gegrübelt, wer noch zu dem Kreis in der Mitte gehören konnte. Aber ihm war bisher kein weiterer Name eingefallen.
»Und die Sache mit der Plastiktüte?« Schedl setzte sich auf die Kante des Schreibtisches und Davídsson
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