Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Olafur Davidsson 02 - Herbstwald

Titel: Olafur Davidsson 02 - Herbstwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
Vom Netzwerk:
das wirklich glücklich gemacht hat?«
    »Er sieht nicht so aus«, sagte der Kriminalanalyst, der sich an den regungslosen Gesichtsausdruck des Innenministers erinnerte. »Schließlich hat er seine Frau und später auch seine Tochter verloren.«
    »Und zu seinem Sohn hat er ein sehr gespaltenes Verhältnis, wenn man das überhaupt noch als Verhältnis bezeichnen kann.«

    Sie hielten vor dem Hauptgebäude der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt. Der rote Backsteinbau überraschte Davídsson, der schon in mehreren Gefängnissen gewesen war, um Insassen zu verhören.
    Von außen sah diese Haftanstalt jedoch aus wie ein normaler Verwaltungsbau. Es gab keine Gitter vor den Fenstern, nur silberfarbene Jalousien, die jedoch fast alle in Kästen über den Fenstern verschwunden waren.
    »Jetzt werde ich also auch mal den Luxusknast sehen«, erklärte Schedl, als sie sich an der Pforte angemeldet hatten. »Die Gefangenen haben hier sogar ein eigenes Schwimmbad.«
    Davídsson dachte an die wenigen isländischen Gefängnisse, die es gab. Das berüchtigte und zugleich größte war das Fangelsið Litla-Hrauni in Eyrarbakka. Die anderen fünf isländischen Haftanstalten standen dem, was er hier sah, in nichts nach.
    Drinnen nahm sie wenig später ein Beamter in Empfang, der sich ihnen als Torsten Schröteler vorstellte. Die dunkelblaue Uniform ließ seine Haut farblos erscheinen. Davídsson fand die Blässe unnatürlich und sah sie als ein Zeichen für den ständigen Aufenthalt im künstlichen Licht der Haftanstalt. Auch wenn er selbst kein Typ war, der sich in seinem Urlaub an den Strand legte, um braun zu werden, achtete er auf einen leichten Teint, den er sich auf einer Sonnenbank holte.
    Schröteler führte sie über eine lange überdachte Versorgungsstraße, die offensichtlich alle Teile der Anstalt miteinander verband.
    »Wir nennen das hier die Zeil. Sie ist 350 Meter lang und erstreckt sie sich von der Küche im Norden bis zum Ausgang im Süden«, erklärte Schröteler.
    Eine Truppe Gefangener zog Essenswägen hinter sich her und sie mussten sich zur Seite stellen, um Platz für die lange Kolonne zu machen. Vor einem der Hauseingänge wurden drei Wagen abgekoppelt und die Luft füllte sich mit undefinierbaren Essensgerüchen.
    »Ich würde vorschlagen, dass wir uns im Aufenthaltsraum unterhalten. Da sind wir ungestörter und ich muss nicht laufen, wenn es Alarm gibt.«
    Der Aufenthaltsraum der Besuchsabteilung war schlicht eingerichtet. Vor den silberfarbenen Jalousien hingen blaue Vorhänge. Der buchefarbene Tisch in der Mitte des Raumes war neu, aber er wirkte – wie die gesamte Einrichtung – billig. In der Ecke brodelte eine Kaffeemaschine auf einem Aktenbock, bei dem das Buchefurnier bereits abblätterte.
    Davídsson und Schedl setzten sich Schröteler gegenüber auf alte Bürostühle.
    »Bevor überhaupt die ersten Häftlinge nach Weiterstadt gekommen sind, explodierte hier am 27. März 1993 eine Bombe der Roten-Armee-Fraktion. Dabei wurden drei Unterkunftsgebäude und dieser Verwaltungstrakt zerstört. Der Rest der Anlage war mehr oder weniger schwer betroffen. Der Wiederaufbau hat anschließend vier Jahre gedauert.«
    »Wurde der Anschlag aufgeklärt?«, fragte Schedl.
    »Nein, leider nicht. Aber dieser Anschlag war wohl die letzte Aktion der RAF.« Schröteler sah nach dem Kaffee in der Maschine. »Das dauert leider noch ein bisschen. Hat Ihr Fall denn etwas mit diesem Anschlag zu tun?«
    Schedl sah Davídsson an, als würde er tatsächlich über eine Verbindung zu dem Fall nachdenken.
    »Äh, nein. Ich glaube nicht«, antwortete Ólafur Davídsson, der davon überzeugt war, dass es keinen Zusammenhang gab. »Uns interessiert vielmehr, worum es bei einem Gefangenenbesuch ging, bei dem Sie offenbar die Aufsicht hatten. Der Häftling Tsuyoshi Saitô wurde vor etwa drei Monaten von einem gewissen Herrn Susumu Tanaka besucht. Das genaue Datum weiß ich leider nicht.«
    Schröteler überlegte.
    »Das mit dem Datum ist nicht das Problem … Ich arbeite in der Besuchsabteilung und bin natürlich bei vielen Besuchen anwesend.«
    »Soweit wir wissen, musste dieser Besuch gedolmetscht werden. Sowohl der Gefangene als auch sein Besucher sind Japaner.«
    Davídsson wünschte sich, dass Schröteler sich an den Besuch genauso gut erinnern konnte wie an die Details zu dem Anschlag der RAF.
    »Ja, jetzt erinnere ich mich. Wir haben in unserer Dolmetscherliste niemanden für die japanische Sprache und ich hatte deshalb Mühe,

Weitere Kostenlose Bücher