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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Jude. »Baldowerer! nemm die Würscht vom Feier und setz ä Schüssel für Mr. Oliver an den Herd. Ah, Sie sehen sich die Taschentücherlich an, lieber Freind? Ja ja, es sind ihrer ä ganze Menge. Mir haben se eben sortiert, weil se sollen gewaschen werden; das ist alles, Mr. Oliver, weiter nix, hähä.«
    Die Rede des alten lustigen Juden wurde von seinen hoffnungsvollen Zöglingen mit einem wiehernden Gelächterbegrüßt, und sich noch schüttelnd vor Lachen machten sie sich an ihr Abendessen.
    Oliver aß, was ihm zugeteilt wurde, und nachher braute ihm der Jude ein Glas heißen Grog, den er auf der Stelle austrinken mußte, da noch ein anderer Gentleman das Glas brauche. Oliver tat, wie ihm befohlen wurde, und gleich darauf fühlte er, daß er sanft auf einen Strohsack gelegt wurde. Dann verfiel er in tiefen Schlaf.

NEUNTES KAPITEL
    Enthält weitere Einzelheiten über den liebenswürdigen alten Herrn und seine hoffnungsvollen Zöglinge
     
    Spät am nächsten Morgen erwachte Oliver nach langem, festem Schlummer. Es war niemand im Zimmer als der alte Jude, der Kaffee zum Frühstück in einer Pfanne kochte und leise vor sich hin pfiff, beständig mit dem Blechlöffel in dem Topf herumrührend. Jedesmal, wenn auch nur ein leises Geräusch von der Straße heraufdrang, hielt der Jude inne, um zu lauschen, beruhigte sich aber jedesmal wieder und pfiff und rührte weiter. Oliver war zwar aufgewacht, befand sich aber noch in jenem Zustand zwischen Schlafen und Wachen, wo man mit halboffnen Augen daliegt und, obgleich man alles, was um einen ringsum vorgeht, genau wahrnimmt, doch näher dem Traume ist als wirklichem Wachsein. Mit halbgeschlossenen Augen sah er den Juden, hörte sein leises Pfeifen und das Geräusch, wie er mit dem Löffel in der Pfanne herumkratzte. Als der Kaffee fertig war, schob der Jude den Kessel vom Feuer weg, stand eine Weile unschlüssig da, drehte sich dann nach Oliver um und rief ihn an.
    Oliver antwortete nicht, sondern schien allem Anscheinnach weiterzuschlafen. Hierauf schlich der Jude leise zur Türe und schloß sie ab. Dann zog er aus einer Falltüre im Boden eine kleine Schatulle hervor, setzte sie sorgfältig auf den Tisch, und seine Augen funkelten, wie er den Deckel aufhob und in das Kästchen hineinblickte. Dann rückte er einen alten Stuhl herbei, setzte sich und holte eine prachtvolle goldene Uhr mit Diamanten besetzt hervor.
    »Verdammt pfiffige Hunde«, murmelte er vor sich hin, zog die Schultern in die Höhe und verzerrte die Muskeln seines Gesichts zu einem scheußlichen Grinsen. »Verdammt geschmierte Hunde und verbissen bis zum letzten Atemzug. Nix haben sie dem alten Pfaffen verraten, nix haben se versetzt den alten Fagin, hihi. Worüm hätten se auch sollen? Was hätt’s ihnen auch geholfen? Das Malheur hätten se doch nix abgehalten; nicht um ä Minute. Famose Burschen, feine Burschen.«
    Dann legte er die Uhr wieder in das Kästchen zurück, holte noch mehrere andere ähnliche hervor, dann: Ringe, Armbänder und sonstige Pretiosen, alle so wundervoll gearbeitet, daß Oliver förmlich geblendet war.
    Den Schluß bildete ein Schmuckstück, das so klein war, daß der Jude es ganz in seiner Handfläche verbergen konnte. Es schien sich eine sehr kleine, kaum sichtbare Inschrift darauf zu befinden, denn Mr. Fagin legte das Kunstwerk flach auf den Tisch, hielt die Hand darüber und betrachtete es lange und ganz nah und mit scharfem Blick. Dann legte er es, offenbar nicht imstande, die Inschrift zu entziffern, wieder weg, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und murmelte:
    »Ist do ä feine Sache das Hinrichten. Ä Toter bereit nix mehr. Ä Toter kann nix mehr verraten. Haast ä Geschäft. Fünfe aufgehängt hinter enander und keiner mehr da, um den Reumütigen zu spielen.«
    Plötzlich fielen die funkelnden schwarzen Augen des Juden, der bisher gedankenverloren vor sich hingestarrt, auf Olivers Gesicht und begegneten dessen Blicken, die mit stummer Neugier auf ihn gerichtet waren. Heftig schlug er die Schatulle zu, ergriff das Brotmesser, das auf dem Tische lag, und sprang wütend auf. Er zitterte vor Entsetzen, denn das Messer, das er in der Hand hielt, zuckte in der Luft heftig hin und her, wie Oliver deutlich bemerken konnte.
    »Was soll das?« rief der Jude. »Was spionierst de da? Warum bist de plötzlich wach? Was hast de gesehen? Sprich, sag ich dir, wenn dir dein Leben lieb ist.«
    »Ich konnte nicht mehr schlafen, Sir«, erwiderte Oliver demütig. »Verzeihen Sie, wenn

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