Olivers Versuchung
Treppe marschierten. Es schien nicht so, als ob es im Erdgeschoss zu einem Kampf kommen würde, und er würde viel lieber dort hingehen, wo sich etwas rührte.
„Scheiß drauf!“, fluchte er. Mit Effizienz suchte er die Tanzfläche ab, bemerkte aber nichts, das fehl am Platze war. Nur eine Menge Menschen, die in einem monotonen Techno-Rhythmus tanzten.
Er schob sich vorbei an den schwitzenden Körpern, ignorierte den Geruch von erhitztem Blut, der umso intensiver war, wenn ein menschlicher Körper durch körperliche Aktivitäten wie zum Beispiel Tanzen erhitzt war. Eine ganze Palette verschiedener Düfte vermischte sich in der klimatisierten Luft des Clubs, aber die Klimaanlage konnte nicht damit Schritt halten, die verbrauchte Luft zu erneuern. Dazu kam der Geruch von Alkohol. Die Clubbesucher tranken, während sie tanzten, und verschütteten die Hälfte ihrer Getränke auf dem Fußboden.
Cain suchte die Bar hinter der Tanzfläche ab. Drei Barkeeper waren damit beschäftigt, den nie enden wollenden Durst ihrer Kunden zu befriedigen. Allerdings sah er auch an der Bar nichts Ungewöhnliches. Er wollte sich gerade abwenden, als seine Augen auf einen Mann fielen, der eine junge Frau an sich drückte. Kein Mann , korrigierte er sich sofort. Es war ein Vampir, wie seine Aura verriet. Cain fokussierte seine Augen, aber der Vampir verhielt sich weder wild noch unkontrollierbar.
Cain bahnte sich einen Weg durch die Menge in Richtung Bar, um die Situation aus der Nähe zu betrachten, nur um sicherzugehen, dass die Frau nicht in Bedrängnis war. Er näherte sich in einem Winkel, von dem aus der andere Vampir ihn nicht sehen konnte, obwohl er sich bewusst war, dass der Vampir ihn dennoch spüren würde.
Als Cain nahe genug an dem Pärchen war, um ihr Gespräch zu belauschen, blieb er stehen.
Die Frau war Anfang Zwanzig, hübsch und mit einem Busen beschenkt, um den sie jedes Hollywood-Sternchen beneiden würde. Ihre Hand lag auf dem Hintern des Vampirs, der in einer Jeans steckte, und sie drückte ihn eindeutig gegen ihren – zugegebenermaßen sehr verlockenden – Körper.
Cain hörte den Vampir stöhnen. „Süße, wenn du so weiter machst, dann muss ich dich gleich hier vernaschen.“
Sie kicherte. „Dann sollten wir vielleicht von hier abhauen.“
Er senkte seinen Kopf zu ihrem Hals. Cain ging auf Alarmbereitschaft. Würde der Vampir sie vor mehreren hundert Zeugen beißen? Cains Beine bewegten sich automatisch ohne nachzudenken und brachten ihn näher zu dem unbekannten Vampir.
Plötzlich hob der Vampir seinen Kopf vom Hals der Frau und drehte sich zu Cain, um ihn anzustarren. Cains Blick fiel sofort auf die Haut der Frau, aber diese war makellos. Dann begegnete er den Augen des anderen Vampirs.
Der Fremde nickte kurz und ließ Cain damit wissen, dass er ihn gesehen hatte und wusste, dass er auch ein Vampir war. Dann wandte er sich der Frau in seinen Armen zu.
„Ich glaube, es ist schon längst Zeit für dich, ins Bett zu gehen“, sagte er zu ihr, ohne sich zu bemühen, seine Stimme zu senken.
Cain drehte sich weg. Offensichtlich war der Vampir im Besitz all seiner Fähigkeiten. Nichts an ihm deutete darauf hin, dass er am Ausrasten war. Dass er mit einer sterblichen Frau ins Bett gehen wollte, ging Cains nichts an, zumal es schien, dass die Frau dem hundertprozentig zustimmte.
„Viel Spaß“, murmelte Cain und wusste, dass der andere Vampir ihn gehört hatte.
Als der Vampir mit seiner Eroberung für die Nacht verschwunden war, wanderte Cain zur anderen Seite des Raumes, die er noch nicht abgesucht hatte. Dieser Teil, der mit hohen Tischen und Barhockern ausgestattet war, war durch verspiegelte halbhohe Wände von der Tanzfläche abgetrennt. Dort war es nur unmerklich leiser, aber genauso voll.
Wieder ging Cain umher und suchte nach Anzeichen von Vampiren, aber er bemerkte keine verräterische Aura, die einen Vampir umgeben würde, etwas, das nur andere übernatürliche Wesen sehen konnten. Nachdem er das Erdgeschoss abgesucht hatte, ging er in die Richtung der Treppe. Als er seinen Fuß auf die erste Stufe setzen wollte, lenkte etwas in seinem Augenwinkel seine Aufmerksamkeit auf sich.
Er riss seinen Kopf in die Richtung und bemerkte eine Tür, die nur angelehnt war. Man konnte sie leicht übersehen, weil sie aus dem gleichen Material war wie die schwarz glänzende Verkleidung der Wände. Ein schwaches Licht schimmerte aus dem Raum.
Sein Herzschlag beschleunigte sich, während er zu der Tür ging
Weitere Kostenlose Bücher