Olivers Versuchung
erkannte seine Chance. Er brachte sein Bein hoch und schlug dem Vampir mitten im Sprung in die Leistengegend. Und schon brach dieser zusammen.
Amaury verlor keine Zeit und wickelte die silberne Kette um dessen Hals. Der Gestank von versengten Haaren und Fleisch durchdrang sofort die Luft.
„Verdammtes Arschloch!“, fluchte Amaury, während er die Kette eng um den Hals des Vampirs gewickelt hielt und ihn damit zu Boden zwang. Der Vampir kämpfte immer noch. Er griff die Kette mit seinen Händen, um sie von seinem Hals zu ziehen, aber verbrannte sich dabei die Finger, denn Silber war das einzige Metall, das einen Vampir verletzen konnte, wenn er es berührte.
Zane trat mit seinem Stiefel gegen die Hüfte des Typen, dann half er Amaury, ihn mit einer zweiten Silberkette zu fesseln. Hinter ihm weinte das Mädchen immer noch. Zane stand auf und sah sie an.
Ihr Hals blutete stark, und ihr Körper war mit Schürfwunden, die von Vampirkrallen stammten, übersät. Der verrückte Vampir hatte sie brutal rangenommen.
„Scheiße!“, zischte Zane.
Ein Blick auf den Eingang der Nische bestätigte, dass keiner der Clubbesucher bemerkt hatte, was los war: Die Musik war zu laut, als dass jemand den Kampf oder die Schreie des Mädchens gehört hätte, und die verspiegelte Trennwand, die den Eingang zum Teil verdeckte, verbarg das Blutbad dahinter.
Zane blickte in die Augen des Mädchens, konzentrierte sich auf ihr Gehirn und wischte jede Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis aus ihrem Verstand. Aber um die Blutung zu stoppen und sie zu heilen, brauchte er Hilfe. Als blutgebundener Vampir konnte er nur das Blut seiner Hybrid-Gefährtin trinken, und wenn er die Wunden dieses Mädchens leckte, um sie zu schließen, würde er dabei ihr Blut zu sich nehmen. Es würde ihn krank machen. Er brauchte einen Vampir, der entweder nicht blutgebunden oder an einen anderen Vampir blutgebunden war. Diese waren in der Lage, auch Blut, das nicht von ihrem Gefährten oder ihrer Gefährtin kam, zu verdauen.
Außerdem waren die Verletzungen des Mädchens schwerwiegend. Sie brauchte Vampirblut, um zu heilen. Nur einfach ihre Wunden zu lecken, damit der Vampirspeichel sie schloss, würde nicht ausreichen.
„Wir brauchen Cain“, sagte er zu Amaury. „Und wo zum Teufel ist Thomas?“
***
Cain widerstand dem Drang, seine Hand über seinen Mund und seine Nase zu legen, aber es war schwer, sich bei dem Anblick dieses Grauens nicht übergeben zu wollen. Das Mädchen, das auf dem schmutzigen Boden des Raumes lag, war tot. Ihre Kehle war herausgerissen worden, und es war offensichtlich, dass ein Vampir brutal von ihr getrunken und sie dann mit seinen Krallen getötet hatte. Als ob er verärgert gewesen wäre. Nein, nicht nur verärgert: wütend! Und er hatte das Mädchen dafür bestrafen wollen.
Ihre mandelförmigen Augen standen offen und starrten ihn noch immer voller Schrecken an. Das war Beweis genug, dass der Vampir, der dies getan hatte, sich nicht einmal bemüht hatte, Gedankenkontrolle anzuwenden, damit sie nicht mitbekam, was er ihr antat. Das arme Mädchen hatte gewusst, was mit ihr geschah.
Cain wandte sich von dem blutigen Anblick ab und durchsuchte den Raum nach Hinweisen, die ihn zu dem Vampir, der dies getan hatte, führen könnten. Instinktiv wusste er, dass er nichts finden würde. Er war zu spät gekommen.
Cain senkte seinen Kopf, als er einen leichten Lichtstrahl bemerkte, der unter einer der verspiegelten Wände hervor schien. Er ging darauf zu. Im Spiegel gab es kein Spiegelbild von ihm, und obwohl er es gewohnt war, erschreckte ihn dies ab und zu immer noch. Manchmal fragte er sich, ob er wirklich existierte oder ob er nur ein Schatten seiner eigenen Fantasie war. Er schüttelte diesen idiotischen Gedanken ab und ließ seine Hände über den Spiegel gleiten. Er suchte nach Vertiefungen oder Haken, durch die er hinter den Spiegel gelangen konnte. Es gab keine, aber als er gegen den Spiegel drückte, bewegte sich dieser von der Wand weg und offenbarte ein anderes Zimmer dahinter, das ein Abstellraum zu sein schien.
Eine Gestalt sprang ihn an, aber trotz der verschwommenen Bewegung, die er wahrnahm, reagierte Cain unverzüglich. Er knallte seinen Körper gegen den des Angreifers, den er als einen Vampir erkannte. Der üble Geruch von Blut haftete ihm noch immer an. Der Kerl war breiter und ein wenig wuchtiger als Cain. Cain landete einen rechten Haken unter dessen Kinn, was den Kopf seines Angreifers zurückpeitschte,
Weitere Kostenlose Bücher