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Oma packt aus

Oma packt aus

Titel: Oma packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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zu, Nele?«
    Nein, eigentlich nicht.
    Blöderweise ging mir ein anderer Opa-Spruch durch den Kopf: Man hat schon Pferde kotzen sehen.
    »Möchtest du die Wahrheit wissen?«
    Nein! Bloß nicht!
    »Ja.«
    »Du erinnerst dich an unsere Verabredung im Möbelhaus? Am Tag, als wir uns die Einbauküchen ansehen wollten?«
    Na klar. Es schien mir, als läge jener Tag Monate zurück, dabei waren erst zwei Wochen vergangen. Allerdings ausgesprochen ereignisreiche zwei Wochen, und da dehnt sich die Zeit bekanntlich ordentlich aus.
    Ich nickte und fragte mich, was das jetzt sollte. Wollte er mir im Nachhinein ein schlechtes Gewissen einreden, weil ich ihn versetzt hatte? Damit die Waagschale sich auch wieder zu seinen Gunsten senkte?
    Na gut, konnte er haben.
    »Ich hätte das nicht vergessen dürfen«, sagte ich mit einer kleinen Portion Reue in der Stimme. »Aber ich war an dem Tag mit Rüdiger zusammengestoßen und …«
    Paul drückte mir ein kleines quadratisches Kästchen in die Hand.
    »Das wollte ich dir an dem Morgen geben.«
    Mir brach der Schweiß aus.
    Oh Mann. Das Ding fühlte sich samten an, wie … wie …
    Nee, ne?
    »Mach es auf.«
    Mit zitternden Fingern klappte ich den dunkelblauen Deckel hoch.
    Ein Ring blitzte mir entgegen. Ein richtiger echter Ring. Mit einem ovalen Saphir in der Mitte und einigen Glitzersteinchen drum herum.
    Diamanten.
    Bestimmt.
    Boah!
    Er sah ein bisschen aus wie der Ring von Lady Di, den heute Princess Catherine trug.
    Ich fühlte mich jetzt auch wie eine Prinzessin, und Pauls Waagschale war mit einem Krachen runtergeknallt.
    Oder?
    Ganz egal.
    Hier ging es nicht darum, wer mehr Grund zur Reue hatte. Hier ging es um Liebe.
    Und ein Mann, der mir einen Heiratsantrag machen wollte, bevor er überhaupt von der Existenz einer Tochter namens Klara gewusst hatte, der liebte mich. So viel stand mal fest.
    Paul streifte mir den Ring über. Er passte perfekt.
    »Wow!«, sagte ich.
    »Ist das ein Ja?«
    »Selbstverständlich, du Transuse«, erklärte Opa aus dem Halbdunkel.
    »Sei du bloß still«, gab ich zurück. »Husch, husch zurück in deine Urne, wo du hingehörst.«
    »Wie bitte?«, fragte Paul.
    »Äh, entschuldige. Ich wollte sagen: Ja, natürlich heirate ich dich.«
    Seine Stirn war gerunzelt. Vielleicht fragte er sich, ob eine durchgeknallte Stiefmutter die Richtige für seine Tochter war.
    »Ach, Paul«, sagte ich schnell. »Ich glaube, ich halluziniere, weil ich so einen Hunger habe.«
    »Hunger?«
    »Hm.«
    Er dachte wohl an mein Magenknurren, das ihn vorhin geweckt hatte, und sprang aus dem Bett. »Rühr dich nicht vom Fleck.«
    Ich doch nicht.
    Eine Weile betrachtete ich hingerissen den wunderschönen Verlobungsring an meinem Finger.
    Ich war ja so aufgeregt! Der zweite Heiratsantrag in meinem Leben! Den ersten hatte ich vor vielen Jahren von Karl Küpper bekommen, draußen am Baggersee, in Jägermeister-Laune.
    Aber das hier, das war was anderes. Paul und ich waren nüchtern, und der Ring war bestimmt irre teuer gewesen.
    Vor lauter Aufregung schlief ich wieder fest ein.
    »Das wurde aber auch Zeit!«, sagte Opa laut. »Ich hatte schon Angst, du wirst eine alte Jungfer, so wie deine Großtante Marie.«
    »Du bist ja immer noch nicht in deiner Urne«, gab ich zurück.
    »Ich tue, was ich will. Du hast mir gar nichts zu befehlen.«
    »Nee, aber das mit der Jungfer ist Blödsinn, Opa, und das weißt du auch. Denk bloß an deinen Sohn Olaf.«
    Weg war er. Konnte ich verstehen. Wer will sich schon auch noch als Geist mit seinen jugendlichen Fehltritten befassen?
    Köstliche Düfte weckten mich.
    Paul stellte ein riesiges Holzbrett auf dem Bett ab. So eines, wie es in der Familie Occhipinti für die Herstellung der Tortellini benutzt wird.
    »Zum Glück haben sie auch eine Mikrowelle, so konnte ich alles aufwärmen.«
    Ich sabberte fast so gut wie Rüdiger, als ich die Leckereien vor mir sah. Eine Schüssel voll mit Spaghetti und großen Muscheln, eine andere mit Tagliatelle alla bolognese, fette Schweinerippchen, dampfende Rosmarinkartoffeln, ein gemischter Salat, eine kalte Platte mit Schinken, Salami und hauchzart geschnittener Mortadella und ein Korb voller Brot. Außerdem eine große Schale mit Tiramisu.
    Apropos Rüdiger. Der war hinter Paul hereingeschlüpft und bedachte mich jetzt mit einem leidenden Blick. Dumm für ihn, dass an dem Halsband, das er nun wieder trug, ein großer Zettel hing. »Ich habe drei Packungen Zwieback gefressen. Bitte nicht füttern!« Zur Sicherheit

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