Ondragon: Nullpunkt: Mystery-Thriller (German Edition)
dafür?“
Wieder Schweigen am anderen Ende – oder war es ein Zögern?
„Nun, Herr Ondragon, Sie haben die Kontakte, für die wir Wochen, wenn nicht gar Monate brauchen würden, um sie aufzubauen. Diese Zeit haben wir aber nicht. Wir sind gezwungen, unverzüglich zu handeln!“
„Und das können Sie alles in meiner Akte lesen?“
„So ist es.“
Ondragon überlegte. Was die Deutschen wohl noch so alles über ihn und seine Kontakte wussten? Ihm war alles andere als wohl bei diesem Gedanken.
„Ich erwarte Ihre Antwort in vierundzwanzig Stunden, Mr. O!“
Ondragon wollte noch etwas erwidern, denn der Typ gebärdete sich reichlich arrogant, doch Kubicki hatte schon aufgelegt. Im selben Moment piepte das Handy. Es war die SMS mit der Internetadresse. Ondragon gab „www.deutsche-hunderassen.de“ in den Browser ein und eine unverfänglich aussehende Seite mit Hundebildern baute sich auf. Gegen seinen Willen musste Ondragon grinsen. Typisch deutsch! Aber wie er aus eigener Erfahrung wusste, war die beste Tarnung immer noch das Klischee.
Wie vorgeschrieben registrierte er sich für das Login im Forum. Immerhin hatten sie ihm den Namen Schäferhund zugeteilt und nicht Rauhaardackel oder Zwergpudel, dachte er und klickte auf den Anmelde-Button. Es dauerte einen Augenblick, dann erschien die inoffizielle Seite und anstelle netter Hundeschnauzen zeigte sie ein nüchtern gestaltetes Menü. Ondragon öffnete den Punkt „Bulletin Board“ und fand schnell den ihm zugeteilten Auftrag. Er überflog ihn, dachte nach und las ihn erneut. Diesmal gründlicher.
Dann sah er auf.
„Wollen die mich verarschen?“, stieß er laut aus. „Was für ein Auftrag ist das denn?“
Kopfschüttelnd starrte er auf das Handydisplay. Das war doch ein schlechter Scherz. Der BND wollte ihn damit beauftragen, ein Buch zu beschaffen? Ein gottverdammtes BUCH? Gereizt stieß Ondragon Luft aus. Ausgerechnet er! Stand denn nichts über seine Phobie in dieser beschissenen Akte? Irgendwie mutete das sonderbar an. Auch wenn Ondragon seine Phobie mit allen Mitteln vor der Welt zu verbergen versuchte, konnte er sich nicht vorstellen, dass der BND seine Dokumente derart unsauber führte. Das wäre wie die NSA ohne Internetanschluss. Eine andere Idee kam ihm. Vielleicht war das mit der Akte auch nur ein Bluff, um ihn zu ködern.
Nun gut, dachte er, gehen wir mal vom schlimmsten Fall aus, nämlich, dass es diese Akte gibt! Was könnten die mir bieten, damit ich tatsächlich anbeiße? Er klickte den Button an, auf dem „Zahlungsart“ stand. Eine Ziffer angegeben in US-Dollar erschien. Ondragon pfiff leise durch die Zähne. Das war in der Tat ein hübsches Sümmchen. Aber das Geld war es nicht, was ihn in den Bann zog. Auch nicht die voraussichtliche Anzahlung, die gewiss ihren Reiz besaß. Nein, es war der Satz, der darunter stand.
„Bei erfolgreicher und termingerechter Abwicklung der Operation wird dem Beauftragten Einblick in die Akte ‚Ondragon/Gemini‘ gewährt!“
„Die Akte ‚Ondragon/Gemini‘?“, wiederholte er nachdenklich. Gemini war Lateinisch und bedeutete Zwilling. Spielte das etwa auf seinen Zwillingsbruder Per Gustav an? Hatte der BND Informationen über ihn und seinen Tod, die er nicht besaß? Denkbar war es. Ondragons Neugier war geweckt, er spürte, wie die Zentrifuge in seinem Kopf schneller lief. Er könnte Rudee darauf ansetzen. Vielleicht fand sein thailändischer Cyber-Pirat eine Datei mit diesem Aktenzeichen im BND-Archiv. Oder er könnte den Auftrag einfach annehmen. Das mit dem Buch würde er schon hinbekommen. Schließlich hatte er vor zwei Jahren eine im wahrsten Sinne des Wortes mörderische Therapie gegen seine Phobie hinter sich gebracht.
Er schloss die Internetseite und ging in sein Telefonverzeichnis. Er würde die Sache überprüfen … und in vierundzwanzig Stunden eine Entscheidung treffen. Aber vorher musste er seinen Flug nach L.A. buchen.
2. Kapitel
16. Mai 2011 Fortaleza, Brasilien 13.59 Uhr
„Ich erwarte Ihre Antwort in vierundzwanzig Stunden, Mr. O!“
Aufmerksam belauschte Clandestin von seinem Versteck aus das Telefongespräch des deutschen Geheimdienstmannes. Zum Glück beherrschte er Deutsch und konnte den Kerl gut verstehen. Er sah, wie der Agent das Gespräch beendete und erneut wählte.
„Ich denke, er hat angebissen!“, sagte er leise und nickte. „Ja. Warten wir es ab. Servus.“ Der Agent legte auf, steckte das Handy weg und ließ seinen Blick durch die Halle
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