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Onkel Horatios 1000 Sünden

Onkel Horatios 1000 Sünden

Titel: Onkel Horatios 1000 Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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frühstücken, stieß ich in einer alten Nummer des Tatler auf ein Foto deiner entzückenden Braut. Natürlich warf ich mich sofort ins nächste Flugzeug und kam unverzüglich hierher. Die Hochzeit findet ja ziemlich bald statt, nehme ich an?»
    «Oja, bald», murmelte Teddy. «Recht bald.»
    George Churchyard war, seit er ihm seine heikle Aufgabe anvertraut hatte, so stumm geblieben, als hätte man ihn in den Weltraum geschossen. Teddy beschloß hastig, nichts zu sagen. Wenn ein Onkel eigens um den halben Erdball reist, um Hochzeitskuchen zu essen und Schampus zu trinken und hören muß, daß die Heirat wegen mangelnden Interesses abgesagt wurde, kann er sich zu Recht verärgert fühlen.
    «Und nun verrate mir», setzte Lord Brickwood fort und klopfte seine Zigarre elegant über einem Aschenbecher ab, «wo mein lieber, lieber Bruder ist?»
    «Himmel!» Teddy zuckte zusammen. «Ich habe Vater eben zum Flugplatz gebracht. Er ist nämlich nach New York geflogen.»
    «Tatsächlich?» bemerkte Lord Brickwood, ohne besonders enttäuscht zu wirken. «Wir müssen genau aneinander vorbeigesurrt sein. Natürlich ist das mein eigener Fehler. Ich war immer schon ein elender Briefschreiber. Aber der Anblick eines leeren Bogen Papiers übt jedesmal eine lähmende Wirkung auf mein logisches Denken aus. Jedenfalls war es die Reise wert, dich wieder einmal zu sehen, mein Guter», setzte er zärtlich fort. «Mir ist’s, als sei es erst gestern gewesen, daß du laut quäkend das ganze Zimmer angespuckt hast. Ich habe dir übrigens meine Zuckermarken zurückgelassen.»
    «Vielen Dank, Onkel», murmelte Teddy wohlerzogen und zerbrach sich den Kopf, was er nun anfangen sollte.
    «Ein hübsches Zimmer», fuhr Onkel Horatio fort und ließ den Blick lächelnd durch den Raum wandern. «Wohin geht es dort drüben?»
    «Durch jene Tür? Die führt in das Speisezimmer und anschließend in eine ziemlich geräumige Küche», informierte Teddy ihn. «Und durch die andere Tür des Speisezimmers kommt man auf einen Gang, der zu vier Schlafzimmern und Baderäumen und so weiter führt.»
    «Reizendes kleines pied-à-terre», fällte Lord Brickwood sein abschließendes Urteil über die Wohnung seines Bruders. «Wie reizvoll London doch wird, wenn die Frühlingsbrise um die Ecken streicht», bemerkte er und blickte durch das Fenster auf den Eaton Square und die Bäume, die sich ungeduldig ihre neuen grünen Sommerkleider überzogen. «Obwohl ich befürchte, daß ich das West End kaum mehr wiedererkennen werde. Nachdem man überall Beleuchtungskörper angebracht und die Mädchen hinausgeworfen hat. Aber komm, mein Junge! Nachdem ich mich zwanzig Jahre in den Tropen habe braten lassen, will ich nun keine einzige Sekunde dieses prachtvollen Tages vergeuden. Wir werden in meinem Club zu Mittag essen. Ich hoffe, du hast keine andere Verabredung?»
    Teddy versicherte ihm, daß er nicht die geringste Verpflichtung hätte.
    «Ausgezeichnet!» Lord Brickwood griff nach einem grauen Homburg, gelben Handschuhen und einem Stock mit einem Silberknauf. «Ich hoffe nur, daß der Club noch besteht. Max Beerbohm schrieb einmal eine ergreifende Geschichte über einen Mann, der sein Exil nur dadurch überlebt hatte, daß er sich seinen ersten Whisky-Soda nach seiner Rückkehr in seinem Londoner Club ausmalte - als er jedoch hinkam, wurde eben der letzte Schornstein abgetragen. Und wir können uns auch ohne weiteres ein Taxi nehmen», setzte er hinzu und betrat den Lift. «Du kannst dir nicht vorstellen, Teddy, wie schwierig das Leben war, ehe ich aus der Armee austrat und unter den weitherzigeren Voraussetzungen des Fernen Ostens neu anfing. Man konnte nicht eine Flasche anständigen Champagners auftreiben, und die Amerikaner beschlagnahmten alle Taxis.»
    «Aber ich dachte immer, sie wären auf unserer Seite gewesen?» fragte Teddy verwirrt.
    «Ja, im Grunde genommen waren sie das wohl auch», murmelte Lord Brickwood, schritt zur Haustür und schwenkte seinen Spazierstock mit dem Silberknauf. «Pall Mall», befahl er dem Chauffeur.
    Auf der Fahrt äußerte Lord Brickwood sich über die vielen neuen Bauten, die in London wie der Spargel in die Höhe schießen. Teddy saß schweigsam in der Ecke des Taxis. Ihm war zumute, als wäre ein Fabeltier aus dem Märchenbuch auf dem Eaton Square erschienen und hätte begonnen, ihn abzuschnuppern. Er hatte im Laufe der Jahre nur wenig über seinen Onkel erfahren, da Lord Brickwoods Name automatisch jedes Gespräch zum Stocken

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