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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Unarten bei?«
    »Sie kann ihr keine Unarten beibringen, das mag ihr bei anderen Kindern gelingen, aber von Eva rollt das Böse ab wie Tauperlen von den Kohlblättern, es sinkt nicht ein Tropfen ein.«
    »Sei nicht so sicher«, sagte Miß Ophelia. »Ich weiß nur, meine Kinder ließe ich nicht mit Topsy spielen.«
    »Deine Kinder würden es nicht nötig haben«, sagte St. Clare, »meinem tut es gut. Wenn man Eva verderben könnte, wäre es schon vor Jahren geschehen.«
    Topsy wurde zunächst von der feineren Dienerschaft verachtet und über die Achsel angesehen. Sie sahen sich aber alsbald veranlaßt, ihre Einstellung zu ändern. Man stellte bald fest, daß jedem, der Topsy zu nahe trat, sogleich etwas Unangenehmes geschah. Entweder fehlten ein paar Ohrringe oder ein teures Andenken, oder ein Kleidungsstück war völlig verdorben, oder der Betreffende stürzte versehentlich über einen Eimer heißen Wassers, oder ein Stückchen Schmutz fiel gänzlich unvorhergesehen herab, wenn man höchsten Staat angelegt hatte – und jedesmal, wenn man nachforschte, war niemand für die Streiche verantwortlich zu machen. Topsy wurde gerufen und von allen häuslichen Richtern in ein scharfes Verhör genommen, aber sie überstand jede Prüfung mit der erhabenen Miene reinster Unschuld. Niemand hegte den geringsten Zweifel, wer der Spitzbube war, aber nicht die geringste Spur eines kleinsten Beweises konnte die Verdächtigungen unterstützen, und Miß Ophelia war viel zu gerecht, um aufs Geratewohl strafend einzugreifen.
    Die Streiche waren auch zeitlich immer sehr sinnig ausgedacht, um den Missetäter auch weiterhin zu schützen. So wurde die Rache an den Stubenmädchen Rosa und Jane immer dann vorgenommen, wenn sie (was nicht selten geschah) bei ihrer Herrin in Ungnade waren, wenn ihre Beschwerden also auf kein Mitgefühl stießen. Kurz gesagt, Topsy hatte dem ganzen Haushalt bald beigebracht, daß man sie besser in Ruhe ließe. Also ließ sie jeder in Ruhe.
    Topsy war in allen Handfertigkeiten geschickt und ausdauernd, alles, was man sie lehrte, lernte sie mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Schon nach wenigen Lektionen hatte sie begriffen, Miß Ophelias Zimmer so blitzblank zu halten, daß selbst diese sehr eigene Dame nichts auszusetzen fand. Keine Meisterhände konnten die Laken glatter streichen, die Kissen genauer aufbauen, besser kehren, Staub wischen und aufräumen als Topsy, wenn sie wollte – aber sie wollte nicht sehr oft. Als Miß Ophelia nach drei oder vier Tagen sorgfältiger und peinlicher Überwachung so leichtsinnig war, anzunehmen, daß Topsy sich jetzt daran gewöhnt und ohne Aufsicht arbeiten könnte, so daß sie selber ging, um etwas anderes zu erledigen, da feierte Topsy für zwei, drei Stunden einen wahren Karneval von Unordnung und Tollheiten. Anstatt das Bett zu machen, unterhielt sie sich damit, die Kissenbezüge abzustreifen und ihren wolligen Kopf in das Inlett zu stecken, bis er über und über voll Federn war, die nach allen Richtungen flogen; sie kletterte auf die Bettpfosten und machte Kopfstand; Tücher und Laken verstreute sie auf dem Fußboden; das Keilkissen schmückte sie mit Miß Ophelias Nachthemd und vollführte allerhand Theater damit – sie sang und pfiff und machte Grimassen gegen ihr Spiegelbild; kurzum, wie Miß Ophelia es nannte: sie feierte Kains Auferstehung.
    Bei anderer Gelegenheit fand Miß Ophelia Topsy mit ihrem besten, scharlachroten Schal aus indischem Krepp, den sie sich als Turban um den Kopf gewürgt hatte, während sie großartige Bewegungen vor dem Spiegel probte – denn Miß Ophelia hatte in nie gekannter Sorglosigkeit den Schlüssel an ihrem Schrank steckenlassen.
    »Topsy!« rief sie, da ihre Geduld erschöpft war, »warum mußt du schauspielern?«
    »Weiß nicht, Madam – vielleicht, weil ich so böse bin.«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich mit dir tun soll, Topsy.«
    »Ach, Madam, Sie müssen mich versohlen; meine alte Herrin hat mich immer versohlt. Ich bin nicht an Arbeit gewöhnt ohne Hiebe.«
    »Aber, Topsy, ich mag dich nicht hauen. Wenn du willst, kannst du alles sehr schön. Warum willst du nicht immer?«
    »Ach, Madam, ich bin an Hiebe gewöhnt, ich weiß, die tun mir gut.«
    Miß Ophelia versuchte das Rezept, und Topsy erhob dabei jedesmal einen entsetzlichen Lärm, sie schrie, sie ächzte, sie flehte, um eine halbe Stunde später, auf dem Balkongitter hockend, umgeben von dem jungen Gemüse, ihre abgrundtiefe Verachtung für die ganze Angelegenheit

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