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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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Chloe einen solchen Rat geben.«
    »Schade, daß du ihnen eine Moral aufbürdest, die weit über ihre Verhältnisse geht. Das habe ich schon oft gedacht, Frau.«
    »Es ist nur die Moral der Bibel, Shelby!«
    »Laß, Emily, ich will mich ja nicht in deine religiösen Ansichten mischen; nur für Leute in diesen Verhältnissen sind sie denkbar ungeeignet.«
    »Das ist allerdings richtig«, sagte Mrs. Shelby. »Darum hasse ich die ganze Sklaverei ja auch aus tiefster Seele. Ich kann dir nur versichern, mein Lieber, ich kann mich nicht von Versprechungen freimachen, die ich diesen hilflosen Menschen gegeben habe. Wenn ich das Geld nicht anders bekommen kann, will ich Musikschüler annehmen; ich weiß, ich bekäme genug und könnte mir selbst das Geld verdienen.«
    »Du würdest dich doch nicht so erniedrigen, Emily? Dazu würde ich nie meine Einwilligung geben.«
    »Erniedrigen! Würde es mich nicht ebenso erniedrigen, wie wenn ich diesen Geschöpfen die Treue bräche? Wahrhaftig nicht!«
    »Nun, du bist immer heroisch und überirdisch!« sagte Mr. Shelby, »aber ich finde, du solltest es dir weidlich überlegen, ehe du dem Don Quichotte nacheiferst.«
    Hier wurde die Unterhaltung durch Tante Chloe unterbrochen, die am Ende der Veranda auftauchte.
    »Wenn Sie erlauben, gnädige Frau« – sagte sie.
    »Nun, Chloe, was gibt's?« fragte die Herrin, erhob sich und kam ans Ende der Veranda.
    »Wenn gnädige Frau einmal dies Geflieder anschauen möchte.«
    Chloe hatte eine besondere Vorliebe, Geflügel mit ›Geflieder‹ zu bezeichnen, ein Sprachgebrauch, an dem sie hartnäckig festhielt, ungeachtet aller Verbesserungen, die von den jüngeren Familienangehörigen vorgeschlagen wurden.
    »Lieber Himmel!« pflegte sie zu sagen, »das versteh ich nicht. Eins ist so gut wie das andere. Geflieder ist doch nicht schlecht«; und Chloe fuhr fort, von Geflieder zu sprechen.
    Mrs. Shelby lächelte, als sie die toten Hühner und Enten am Boden liegen sah, die Chloe mit ernster, nachdenklicher Miene musterte.
    »Ach, wirklich, Tante Chloe, das ist mir gleich; richte sie an, wie du meinst.«
    Chloe nahm sie geistesabwesend auf; es war ganz offensichtlich, daß die Hühner sie nicht beschäftigten. Schließlich sagte sie mit dem kurzen Auflachen, womit ihr Stamm häufig eine verwickelte Sache einleitet – »Du liebe Güte, gnädige Frau, warum bemühen sich der gnädige Herr und die gnädige Frau um das Geld und benutzen nicht, was sie in der Hand haben?« und Chloe lachte wieder.
    »Ich versteh dich nicht, Chloe«, sagte Mrs. Shelby und hegte keinen Zweifel, daß Chloe, nach ihrem Betragen zu schließen, jedes Wort von der Unterhaltung zwischen ihr und ihrem Mann mitangehört hatte.
    »Liebe Güte, gnädige Frau«, fuhr Chloe abermals lachend fort, »andere Herrschaften vermieten ihre Nigger und verdienen viel Geld dabei. Warum halten Sie sich eine Horde, die Ihnen die Haare vom Kopf frißt?«
    »Na, Chloe, wen sollten wir denn deiner Meinung nach vermieten?«
    »Liebe Zeit, ich habe keine Meinung; nur Sam sagte, in Louisville ist so ein ›Perditor‹, der braucht jemand für Kuchen und Torten und will vier Dollar die Woche zahlen, hat er gesagt.«
    »Na und, Chloe?«
    »Liebe Güte, gnädige Frau, eigentlich wird es Zeit, daß Sally mal zugreift. Sally war die ganze Zeit unter meiner Fuchtel, und wenn man es recht bedenkt, macht sie alles ebenso gut. Wenn die gnädige Frau mich gehen läßt, könnte ich helfen, das Geld zu beschaffen. Ich schäme mich nicht, mit meinen Torten jedem ›Perditor‹ unter die Nase zu treten.«
    »Konditor, Chloe.«
    »Du liebe Zeit, gnädige Frau! Hat keinen Zweck. Mit Worten ist das komisch, sie rutschen mir immer aus.«
    »Aber Chloe, willst du dich von deinen Kindern trennen?«
    »Ach, du lieber Himmel, gnädige Frau! Die Jungens sind groß genug und können schon mit Hand anlegen, die sind versorgt. Und Sally besorgt das Kleine – so ein fixes, kleines Ding, die braucht nicht viel Aufsicht.«
    »Louisville ist ziemlich weit entfernt.«
    »Liebe Zeit, was schert mich das? Es ist flußab, vielleicht ganz nahe bei meinem Alten?« sagte Chloe und blickte Mrs. Shelby fragend an.
    »Nein, Chloe; der ist auch von da noch viele hundert Meilen weit entfernt.«
    Chloe machte ein betrübtes Gesicht.
    »Aber das macht nichts; auf jeden Fall kommst du ihm näher, Chloe. Ja, du sollst gehen; und dein Lohn wird auf Heller und Pfennig zurückgelegt als Lösegeld für deinen Mann.«
    Wie ein heller Sonnenstrahl eine

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