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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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auszudrücken. »Hach, Miß Feely und prügeln! – Ihre Prügel töten keine Fliege. Sie sollte sehen, wie mein früherer Herr schlug, da flog das Fleisch in Fetzen; der hat es verstanden.«
    Topsy schlug immer Kapital aus ihren Sünden und Untaten, sie betrachtete sie augenscheinlich als eine Art großer Auszeichnung.
    »O Gott, ihr Nigger«, predigte sie ihrem Publikum. »Wißt ihr, daß ihr alle Sünder seid? Ihr seid es – jeder von euch. Die weißen Leute sind auch Sünder – Miß Feely sagte es, aber ich glaube, Nigger sind die schlimmeren. Ich bin so schrecklich böse, mit mir wird keiner fertig. Die ganze Zeit hat früher meine Herrin auf mich geflucht. Ich glaube, ich bin das verdorbenste Geschöpf in der Welt.« Und Topsy schlug einen Purzelbaum, erklomm strahlend und selbstzufrieden einen höheren Balkonpfeiler und brüstete sich mit ihrer Verdorbenheit.
    Miß Ophelia war jeden Sonntag sehr bemüht, Topsy den Katechismus einzutrichtern, Topsy hatte ein ungewöhnliches Gedächtnis und lernte mit einer Geläufigkeit, die ihre Lehrerin sehr in ihrem Tun bestärkte.
    »Was denkst du, was sie davon gewinnt?« fragte St. Clare.
    »Kinder haben immer davon gewonnen. Kinder haben das immer lernen müssen, weißt du«, antwortete Miß Ophelia.
    »Ob sie es wohl verstehen?« fragte St. Clare.
    »Ach, gleich verstehen Kinder das nicht, aber wenn sie erwachsen sind, fällt es ihnen wieder ein.«
    »Mir ist es noch nicht wieder eingefallen«, sagte St. Clare, »obgleich ich bezeugen muß, du hast es mir gründlich eingepaukt, als ich ein Junge war.«
    »Du hast immer leicht gelernt, Augustin. Auf dich habe ich große Hoffnungen gesetzt«, sagte Miß Ophelia.
    »Nun, und jetzt hast du keine mehr?« fragte St. Clare.
    »Ich wollte, du wärst noch so brav, wie du als Junge warst, Augustin.«
    »Das wollte ich auch tatsächlich, Kusine. Na, fahr fort, und frag Topsy ab, vielleicht kommt doch etwas dabei heraus.«
    Topsy hatte während der Unterhaltung unbeweglich wie ein schwarzes Denkmal mit artig gefalteten Händen dabei gestanden; auf ein Zeichen von Miß Ophelia fuhr sie fort.
    »Unsere ersten Vorahnen, ihrer Willensfreiheit überlassen, fielen aus dem Stande der Unschuld, in welchem sie erschaffen waren.« Topsys Augen funkelten, und sie blickte fragend auf.
    »Was ist, Topsy?« fragte Miß Ophelia.
    »Bitte, Madam, war dieser Stand Kentucky?«
    »Welcher Stand, Topsy?«
    »Der Stand, aus dem sie fielen? Ich hörte immer, wie der Herr sagte, wir kämen vom Stand Kentucky.«
    St. Clare lachte.
    »Du mußt ihr schon eine Erklärung geben, sonst gibt sie sich selbst eine«, sagte St. Clare. »Sie verwechselt Stand mit Staat und schlägt da anscheinend einen Zusammenhang mit der Auswanderung vor.«
    »O Augustin, sei still!« sagte Miß Ophelia. »Wie kann ich weiterkommen, wenn du dabeistehst und lachst?«
    »Na, auf mein Ehrenwort, ich werde eure Übung nicht länger stören«, und St. Clare nahm seine Zeitung und ging ins Nebenzimmer und setzte sich dort hin, bis Topsy fertig war mit Aufsagen. Sie machte es sehr schön, nur daß sie hin und wieder ein wichtiges Wort komisch verdrehte und trotz aller Bemühung auf dem Irrtum beharrte. Und St. Clare hatte trotz aller Versprechungen, sich zu bessern, seinen diebischen Spaß an diesen Irrtümern. Jedesmal, wenn er zu Scherz aufgelegt war, rief er Topsy zu sich und ließ sie die entstellten Sätze hersagen, soviel Miß Ophelia auch protestierte.
    »Wie soll ich bei dem Kind zum Guten wirken, wenn du so weitermachst, Augustin?« sagte sie dann.
    »Ja, es ist ungezogen – ich will es auch nicht wieder tun. Aber ich finde es unbezahlbar, wie dieser komische Kobold über die langen Worte stolpert!«
    »Aber du bestärkst sie in ihren Fehlern.«
    »Was schadet das? Für sie ist ein Wort so gut wie das andere.«
    »Du erwartest von mir, daß ich sie erziehe; und du solltest dich erinnern, daß sie ganz vernünftig ist, da mußt du vorsichtig sein, daß du sie nicht falsch beeinflußt.«
    »Oh, verflixt! Das sollte ich wirklich.«
    Auf diese Weise vollzog sich Topsys Erziehung in den nächsten zwei Jahren. – Miß Ophelia ärgerte sich mit ihr tagtäglich wie mit einer dauernden Plage, an deren Heimsuchung sie sich mit der Zeit gewöhnte, wie manche Leute an Nervenschmerz oder Migräne sich gewöhnen.
    St. Clare hatte an dem Kind dasselbe Vergnügen wie an einem Papagei. Sobald Topsy bei den anderen Bewohnern des Hauses in Ungnade fiel, suchte sie Schutz hinter seinem Stuhl;

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