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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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doller gehauen, mein Haar gezaust, meinen Kopf gegen die Tür gebumst, hat alles nichts genützt. Wenn sie mir alle Haare herausziehen – nützt auch nichts. So böse bin ich. O Gott, ich bin ja doch nix als ein Nigger!«
    »Also, da muß ich es aufgeben«, sagte Miß Ophelia, »ich kann diesen Ärger nicht länger ertragen.«
    »Darf ich auch noch eine Frage stellen?« sagte St. Clare.
    »Bitte.«
    »Wenn dein Christentum nicht stark genug ist, ein Heidenkind hier zu Hause, ganz allein, zu erretten, wozu schickt man denn einige arme Missionare unter tausend ihresgleichen? Ich halte dieses Kind nur für ein Beispiel von tausend anderen.«
    Miß Ophelia antwortete nicht sogleich; inzwischen hatte Eva, die der Szene schweigend beigewohnt hatte, Topsy ein stummes Zeichen gemacht, ihr zu folgen. Am Ende der Veranda befand sich ein kleines Glaszimmer, das St. Clare als eine Art Lesezimmer benutzte, dorthin entfernten sich die beiden.
    »Was hat Eva vor?« sagte St. Clare, »das muß ich sehen.«
    Er folgte ihnen auf Zehenspitzen, hob den schützenden Vorhang und blickte hinein. Einen Augenblick später legte er seinen Finger auf die Lippen und winkte leise Miß Ophelia, gleichfalls einen Blick hineinzuwerfen. Da saßen beide Kinder auf dem Boden einander gegenüber, Topsy mit ihrem gewohnten leichtsinnig unbeteiligten und drolligen Ausdruck, Eva dagegen brennend vor innerer Erregung und mit Tränen in den Augen.
    »Warum bist du denn so böse, Topsy? Warum versuchst du es nicht und bist brav? Hast du niemand lieb, Topsy?«
    »Weiß nichts von Liebhaben; ich liebe Bonbons und so was«, sagte Topsy.
    »Aber Vater und Mutter hast du lieb?«
    »Hab ich nie gehabt, das weißt du doch, Fräulein Eva.«
    »Ach ja, ich weiß«, sagte Eva niedergeschlagen; »aber hast du keine Geschwister, oder eine Tante oder…«
    »Nein, niemand – hab nix und niemand.«
    »Aber, Topsy, wenn du es nur einmal versuchtest, dann könntest du…«
    »Könnte ich auch nur ein Nigger sein, und wär ich noch so brav«, sagte Topsy. »Wenn meine Haut abging und ich darunter weiß wäre, dann würde ich es versuchen.«
    »Aber man kann dich auch liebhaben, wenn du schwarz bist, Topsy. Miß Ophelia hätte dich gleich lieb, wenn du brav bist.«
    Topsy gab ein kurzes, stumpfes Lachen von sich, das ihren Unglauben ausdrücken sollte.
    »Glaubst du das nicht?«
    »Nie; sie kann mich nicht ausstehen, weil ich ein Nigger bin – lieber läßt sie sich von einer Kröte berühren. Niemand kann Niggers liebhaben, und dagegen können Nigger nix machen. Mir ist es gleich«, sagte Topsy und begann zu pfeifen.
    »Oh, Topsy, du armes Kind, ich habe dich lieb!« sagte Eva in einem jähen Gefühlsausbruch und legte ihr dünnes, weißes Händchen auf Topsys Schulter; »ich hab dich lieb, weil du nie Eltern und Freunde gehabt hast, weil du so ein armes, gescholtenes Kind bist! Ich habe dich lieb und möchte, daß du brav bist. Mir geht es nicht sehr gut. Topsy, ich werde nicht mehr lange leben, da macht es mir Kummer, daß du so ungezogen bist. Sei doch gut, mir zuliebe; ich werde nicht mehr lange bei dir sein.«
    Tränen stiegen in die runden, glänzenden Augen Topsys; große, helle Tropfen rollten einer nach dem andern langsam hernieder und fielen auf die weiße, kleine Hand. In diesem Moment war ein Strahl echten Glaubens, ein Strahl himmlischer Liebe durch die Dunkelheit ihrer heidnischen Seele gedrungen! Topsy neigte ihren Kopf auf die Knie und weinte und schluchzte.
    »Arme Topsy!« sagte Eva, »weißt du nicht, daß der Herr Jesus alle gleich liebhat? Er ist ebenso bereit, dich zu lieben wie mich. Er liebt dich genauso wie ich, nur viel mehr, weil er ja besser ist. Er wird dir helfen, damit du dich besserst und auch in den Himmel kommst und ein Engel wirst, ganz, als ob du weiß wärst. Denke doch, Topsy, dann kannst du auch zu den glänzenden Engeln gehören, von denen Onkel Tom singt.«
    »Oh, liebes Fräulein Eva!« sagte das Kind, »ich will mir Mühe geben! Ich will es versuchen. Bisher war es mir ganz gleich.«
    In diesem Augenblick ließ St. Clare den Vorhang fallen.
    »Das erinnert mich an meine Mutter«, sagte er zu Miß Ophelia. »Es trifft zu, was sie mir sagte: wollen wir die Blinden sehend machen, müssen wir bereit sein, es wie Jesus zu machen – sie zu uns rufen und ihnen die Hand auflegen.«
    »Ich habe immer eine Abneigung gegen Neger gehabt«, sagte Miß Ophelia. »Tatsächlich war es mir unerträglich, wenn das Kind mich berührte; aber ich

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