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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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glücklich macht?«
    »Lieber noch bin ich im Himmel – nur für meine Freunde möchte ich noch leben. Hier ist vieles, was mich betrübt und was mir schrecklich ist. Lieber wäre ich dort – aber ich möchte dich nicht verlassen, es bricht mir fast das Herz!«
    »Was betrübt dich und ist dir schrecklich?«
    »Oh, alles, was geschieht und immer wieder geschieht. Unsere Leute tun mir so leid. Sie haben mich lieb, und alle sind gut und freundlich. Ich wünschte, Papa, sie wären alle frei.«
    »Ja, aber Eva, findest du nicht, daß es ihnen gut geht, bei uns?«
    »Oh, Papa, wenn dir aber etwas zustößt, was wird dann aus ihnen? Andre Leute sind nicht wie du, Papa.«
    »Mein Kleines, du bist zu empfindlich.«
    »Ach, das bekümmert mich, Papa! Du willst immer, daß ich glücklich sei und niemals Schmerzen leide, nicht einmal eine traurige Geschichte höre, während andere arme Leute ihr Leben lang nur Not und Elend kennen, das ist doch nicht richtig. Ich muß doch wissen – wie es ist – und es auch spüren. Alle diese Sachen sind mir ganz tief zu Herzen gegangen, ich habe immer wieder darüber nachgedacht, Papa, kann man denn nicht alle Sklaven freilassen?«
    »Das ist eine schwierige Frage, mein Liebes. Zweifellos sind die Zustände schlecht; darüber sind sich viele Leute klar, ich auch. Ich wünsche von ganzem Herzen, es gäbe im ganzen Land nicht einen Sklaven mehr, aber ich weiß nicht, wie man das anfangen soll.«
    »Papa, du bist so gut und edel und freundlich, du kannst immer alles so schön ausdrücken, könntest du nicht überall hingehen und den Leuten zureden, daß sie es richtig machen? Wenn ich tot bin, wirst du an mich denken und es mir zuliebe tun? Wenn ich nur könnte, würde ich es tun.«
    »Wenn du tot bist, Eva!« rief St. Clare leidenschaftlich. »O Kind, wie kannst du so reden. Du bist alles, was ich auf Erden habe.«
    »Komm, komm, mein Herzblatt«, sagte St. Clare beschwichtigend, »gräme dich nicht so sehr, und sprich nicht vom Sterben, dann will ich alles tun, was du willst.«
    »Und versprich mir, lieber Vater, daß Tom seine Freiheit erhält, sobald ich…«, sie unterbrach sich und sagte dann zögernd, »ich nicht mehr da bin.«
    »Ja, mein Liebstes, alles – was du dir wünschst.«
    »Lieber Papa«, sagte das Kind und preßte die brennende Wange gegen die seine, »wie sehr wünschte ich, daß wir zusammen gingen.«
    »Wohin, mein Kind?« sagte St. Clare.
    »In das Reich unseres Heilandes; dort ist es ruhig und friedlich und alles voller Liebe.« Das Kind sprach unwillkürlich wie von einem Ort, den es gut kannte. »Möchtest du nicht mitkommen, Papa?«
    St. Clare zog sie näher an sich und schwieg.
    »Du wirst zu mir kommen«, sagte das Kind im Ton ruhiger Gewißheit, den sie öfters ganz unbewußt anschlug.
    »Ich werde dir folgen. Ich werde dich nie vergessen.«
    Die Schatten des feierlichen Abends schlossen sie immer enger ein, während St. Clare auf der Veranda saß und die zerbrechliche kleine Gestalt an sein Herz gepreßt hielt. Er sah die lieben Augen nicht mehr, aber ihre Stimme ertönte wie eine Geisterstimme, und wie in einer Vision des Jüngsten Gerichts erstand in diesem Augenblick seine ganze Vergangenheit vor seinem inneren Auge – die Gebete – Choräle seiner Mutter – sein eigenes, frühes Streben und Trachten nach dem Guten, und von da an bis zu dieser Stunde Jahre weltlichen, skeptischen und, wie man so sagt, achtbaren Lebens. Als es dunkel wurde, trug er sein Kind nach oben, und als es zur Ruhe gebettet war, schickte er alle andern fort und wiegte es in seinen Armen, bis es eingeschlafen war.

24. Kapitel
    Der kleine Evangelist
    Es war an einem Sonntagnachmittag. St. Clare hatte sich auf einem Liegestuhl aus Bambusrohr ausgestreckt und rauchte genießerisch seine Zigarre. Marie lag hingegossen auf einem Sofa, das gegenüber dem geöffneten Verandafenster zum Schutz gegen die Moskitos dicht mit durchsichtigen Schleiern verhangen war; mit lässiger Hand hielt sie ein elegant gebundenes Gebetbuch. Sie tat das, weil es Sonntag war, und bildete sich ein, darin zu lesen – aber sie hatte es nur aufgeschlagen und war beständig darüber eingenickt.
    Miß Ophelia hatte nach längerem Suchen in der Nähe einen kleinen Methodistengottesdienst ausfindig gemacht, an dem sie jetzt teilnahm, Tom hatte sie dorthin gefahren und Eva sie begleitet.
    »Höre, Augustin«, sagte Marie, nachdem sie ein Weilchen geschlummert, »ich muß mir meinen alten Dr. Posey aus der Stadt

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