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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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kommen lassen; ich bin fest überzeugt, ich habe Herzbeschwerden.«
    »Na schön; aber warum willst du nach ihm schicken? Der Doktor, der Eva betreut, scheint mir ganz erfahren zu sein.«
    »Einen kritischen Fall würde ich ihm nicht anvertrauen«, sagte Marie; »und dahin scheint es bei mir zu kommen. Ich habe schon die letzten beiden Nächte darüber nachgedacht; ich habe so quälende Schmerzen und solch ein merkwürdiges Gefühl.«
    »Oh, Marie, das ist doch blauer Dunst; an Herzbeschwerden glaube ich nicht.«
    »Das kann ich mir denken«, entgegnete Marie; »ich habe es nicht anders erwartet. Wenn Eva nur hustet oder ihr eine Kleinigkeit fehlt, regst du dich sofort auf, um mich sorgst du dich nie.«
    »Wenn dir Herzbeschwerden so verlockend erscheinen, nun gut, dann will ich mich bemühen, sie ernst zu nehmen«, sagte St. Clare.
    »Hoffentlich wirst du es nicht einmal bereuen, wenn es zu spät ist!« erwiderte Marie; »aber du magst es glauben oder nicht, meine Sorgen um Eva und die anstrengende Pflege des lieben Kindes haben dieses Übel ausgelöst, das ich längst befürchtete.«
    Worin diese Pflege bestand, auf die Marie sich berief, hätte sich nur schwer feststellen lassen. St. Clare behielt aber seine Meinung darüber für sich und rauchte weiter, bis der Wagen vor der Veranda vorfuhr. Eva und Miß Ophelia stiegen aus.
    Bevor sie noch irgendein Wort äußerte, ging Miß Ophelia stracks auf ihr Zimmer, um Haube und Schal abzulegen; während Eva auf St. Clares Ruf herbeikam, sich auf seine Knie setzte und vom Gottesdienst berichtete.
    Es dauerte nicht lange, da drangen laute Ausrufe der Entrüstung aus Miß Ophelias Zimmer (das auch auf die Veranda mündete), denen heftige Vorwürfe folgten.
    »Welch neues Teufelswerk hat Topsy wieder ausgebrütet?« fragte St. Clare. »Ich wette, daß sie diese Stürme entfesselt hat.«
    Und schon trat Miß Ophelia, bebend vor Entrüstung, heraus, die schwarze Sünderin hinter sich herziehend.
    »Hier, komm heraus!« sagte sie. »Dies melde ich deinem Herrn.«
    »Was ist geschehen?« fragte Augustin.
    »Ich habe es satt mit diesem Kind, länger ertrag ich es nicht; alles in mir sträubt sich dagegen. Hier, ich schloß sie ein und gab ihr einen Choral zum Auswendiglernen, und was hat sie statt dessen getan? Ausspioniert, wo meine Schlüssel sind, meinen Schrank aufgeschlossen und einen Haubenputz in Stücke geschnitten, um Puppenkleider daraus anzufertigen. So etwas habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen!«
    »Ich sagte Ihnen, Kusine«, erklärte Marie, »daß auch Sie die Erfahrung machen werden, daß man bei diesen Geschöpfen ohne Strenge nicht auskommt. Wenn es nach mir ginge«, sagte sie mit einem vorwurfsvollen Seitenblick auf St. Care, »dann würde ich das Kind jetzt hinausschicken und gründlich auspeitschen lassen, bis sie nicht mehr stehen kann.«
    »Das glaube ich wohl«, antwortete St. Clare. »Man rede mir nicht von dem sanften Regiment der Frau! Ich habe kaum ein Dutzend Frauen gekannt, die nicht, wenn man ihnen den Willen ließ, ein Tier oder einen Dienstboten halb totschlagen ließen, von einem Mann ganz zu schweigen.«
    »Dein Spott ist unangebracht«, sagte Marie, »die Kusine ist eine verständige Frau und sieht es jetzt genauso ein wie ich.«
    Miß Ophelia war tief in ihrer Hausfrauenehre gekränkt worden. Die Zerstörungswut und Heimlichkeit ihres Zöglings hatten sie in höchsten Zorn versetzt, meine weiblichen Leser werden ihr das nachfühlen können; aber Maries Worte standen dazu in keinem Verhältnis, und deshalb ließ auch ihre Erregung nach.
    »Um keinen Preis möchte ich das Kind so behandelt wissen«, sagte sie; »aber, Augustin, ich weiß mir keinen Rat mehr. Ich habe sie unermüdlich unterwiesen, ich habe mit ihr geredet, sie geschlagen, sie auf jede erdenkliche Art bestraft; und immer ist sie noch genauso wie am Anfang.«
    »Komm einmal her, Topsy, du Affe!« sagte St. Clare und winkte dem Kind.
    Topsy kam näher; ihre runden, harten Augen funkelten und blitzten in einer Mischung aus Zerknirschung und ihrer üblichen Schalkhaftigkeit.
    »Warum führst du dich so auf?« fragte St. Clare, der immer wieder über ihren Ausdruck amüsiert war.
    »Weil ich ein böses Herz habe«, antwortete das Kind unterwürfig, »Miß Feely sagt es auch.«
    »Siehst du nicht, daß Miß Ophelia dir viel Gutes erwiesen hat? Sie sagt, mehr kann sie nicht für dich tun!«
    »O Gott, gnädiger Herr, ich weiß, die alte Herrin hat das auch gesagt; sie hat mich viel

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