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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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werden wir sie melden.«
    Eine Kutsche hielt jetzt vor der Tür, und die freundliche Familie, welche die Flüchtlinge aufgenommen, drängte sich abschiednehmend herbei.
    Die Verkleidung der Gesellschaft ging auf Tom Lockers Vorschlag zurück. Mrs. Smyth, eine angesehene Frau aus einer Quäkersiedlung in Kanada, dem Ziel ihrer Flucht, befand sich gerade auf der Rückreise und hatte sich bereit erklärt, als Tante des kleinen Harry zu gelten. Damit er sich ihr leichter anschloß, hatte er die letzten zwei Tage völlig unter ihrer Obhut verbracht. Besondere Verwöhnung, verbunden mit Unmengen von Bonbons und Mohnkuchen, hatten die Freundschaft auf Seiten des kleinen Herrn fest untermauert.
    Die Kutsche brachte sie an die Werft. Die beiden jungen Männer stiegen aus und betraten das Fallreep, Eliza reichte Mrs. Smyth galant den Arm, und Georg kümmerte sich um das Gepäck.
    Georg stand vor dem Billettschalter, um für seine kleine Gesellschaft zu bezahlen, als er zwei Männer neben sich reden hörte.
    »Ich habe alle Fahrgäste auf dem Schiff beobachtet«, sagte der eine; »ich weiß, daß sie nicht hier sind.«
    Die Stimme gehörte einem Schiffsangestellten; sein Nachbar, an den er seine Worte richtete, war unser ehemaliger Freund Marks, der in lobenswerter Hartnäckigkeit nach Sandusky gekommen war, um zu sehen, wen er dort verschlingen könnte.
    »Man kann die Frau kaum von einer Weißen unterscheiden«, antwortete Marks. »Der Mann ist ein sehr heller Mulatte. Er trägt ein Brandmal auf der Hand.«
    Georgs Hand zitterte leicht, als er Fahrkarten und Kleingeld an sich nahm; aber er drehte sich kaltblütig um, streifte den Sprecher mit einem gleichgültigen Blick und schritt gelassen zu dem anderen Schiffsende, wo Eliza auf ihn wartete.
    Mrs. Smyth suchte mit dem kleinen Harry die Geborgenheit der Damenkabinen auf, wo die dunkle Schönheit des angeblichen kleinen Mädchens die Mitreisenden zu mancher schmeichelhaften Bemerkung veranlaßte.
    Mit Befriedigung sah Georg, daß Marks beim Abschiedsläuten der Schiffsglocke über das Fallreep zurück an Land ging; und er stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als der Dampfer einen unüberbrückbaren Abstand zwischen sich und die Küste legte.
    Wer konnte ermessen, welche Gedanken Georgs Brust bewegten, als er ruhig auf Deck des Dampfers hin und her ging, neben sich seinen schüchternen Gefährten! Das mächtige Gut, dem er sich immer mehr näherte, schien zu schön, zu groß zu sein, um Wirklichkeit zu werden; den ganzen Tag war er voll Unruhe, es möchte ihm in letzter Minute noch entrissen werden.
    Aber der Dampfer durchpflügte das Wasser – Stunden flogen vorbei, und schließlich tauchte klar und greifbar die kanadische Küste auf, die Küste, die wie ein mächtiger Zauber bannte – die mit einem Schlag alle Spuren der Sklaverei austilgte, gleichgültig in welcher Sprache sie aufrechterhalten oder von welcher nationalen Macht sie bestätigt wurde.
    Georg stand Arm in Arm mit seinem Weib an der Reling, als der Dampfer sich der kleinen Stadt Amherstberg in Kanada näherte. Sein Atem ging schwer und mühsam, ein Schleier legte sich ihm vor die Augen; stumm preßte er die Hand, die zitternd auf seinem Arm lag. Die Glocke läutete – das Schiff legte an. Kaum wissend, was er tat, suchte er sein Gepäck zusammen und versammelte seine kleine Gesellschaft. Zusammen gingen sie an Land. Sie standen noch und warteten, bis sich das Schiff geleert hatte. Und dann knieten Mann und Weib mit dem verwunderten Kind in der Mitte unter Tränen und Umarmungen auf dem Boden der Freiheit nieder.
    Bald geleitete Mrs. Smyth die kleine Gesellschaft zu dem gastlichen Hause eines guten Missionars, der in christlicher Barmherzigkeit wie ein Schafhirte die Vertriebenen und Heimatlosen sammelte, die stets Zuflucht an dieser Küste fanden.

37. Kapitel
    Der Sieg
    Als Tom seinem Verfolger von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, seine Drohungen hörte und in tiefster Seele dachte, seine letzte Stunde habe geschlagen, schwoll sein Herz in heißer Tapferkeit. Aber als der andere gegangen und die Erregung verebbt war, kehrte der Schmerz seiner zerschlagenen Glieder und das Bewußtsein seines unwürdigen, trostlosen Zustandes zurück, und der Tag schlich kummervoll dahin.
    Lange, ehe seine Wunden verheilt waren, bestand Legree darauf, daß er wieder an der Feldarbeit teilnahm, und nun folgte täglich Pein und Plage, erschwert durch jede Art von Ungerechtigkeit und Niedertracht, die ein

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