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Onkel Toms Hütte

Titel: Onkel Toms Hütte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beecher-Stowe Harriet
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als sie gerade die Böschung hinunterjagte. Er warf sich sofort vom Pferd, rief laut nach Sam und Andy und war hinter ihr her wie ein Jagdhund hinter dem Reh. In diesem schwindelnden Augenblick berührten ihre Füße wahrhaftig kaum noch den Boden, binnen einer Sekunde war sie am Rande des Wassers. Aber sie waren ihr auf den Fersen. Da sprang sie mit der Kraft, die Gott nur den Verzweifelten verleiht, mit einem wilden Schrei und einem gewaltigen Satz über die trübe Strömung am Ufer des Flusses auf das dahinter treibende Eis. Es war ein verzweifelter Sprung, ein Sprung, den man nur wagt mit Verzweiflung und Wahnsinn im Herzen. Selbst Haley, Sam und Andy schrien hell auf und streckten die Arme gen Himmel bei diesem Anblick.
    Die riesige Eisscholle schwankte und krachte unter ihrem Gewicht. Aber Eliza verweilte nicht lange. Mit wildem Schrei und verzweifelter Anstrengung sprang sie auf die nächste und übernächste – sie stolperte, glitt aus, sprang wieder, fiel hin und sprang aufs neue. Ihre Schuhe hatte sie längst verloren, ihre Strümpfe waren zerrissen, eine Blutspur zeichnete ihren Weg, aber sie sah und fühlte nichts, bis sie wie in einem Traum die Ohioseite erblickte und einen Mann, der ihr auf das Ufer hinaufhalf.
    »Du bist ein tapferes Mädchen, wer du auch sein magst«, sagte der Helfer mit einem herzhaften Fluch.
    Eliza erkannte Stimme und Gesicht eines Mannes, der eine Farm in der Nähe ihrer alten Heimat besaß.
    »O Mr. Symmes – rettet mich, bitte rettet mich, verbergt mich«, flehte sie.
    »Nanu«, rief da der Mann, »was ist denn das? Ist das nicht die Eliza von Shelbys?«
    »Mein Kind, hier, diesen Jungen, er hat ihn verkauft! Drüben ist sein Herr«, sagte sie und zeigte zum jenseitigen Kentuckyufer.
    »O Mr. Symmes, Ihr habt selbst einen kleinen Sohn.«
    »Das ist wahr«, sagte der Farmer, als er sie mit rauher, aber freundlicher Hand das steile Ufer heraufzog. »Außerdem bist du ein tapferes, tüchtiges Mädchen, und Schneid gefällt mir, bei wem auch immer.«
    Als sie die Höhe der Uferböschung erreicht hatten, hielt Mr. Symmes inne.
    »Ich würde dir gerne behilflich sein«, sagte er, »aber ich kann dich hier nirgends verstecken. Ich kann dir nur den einen Rat geben«, und er deutete auf ein großes, weißes Haus, das abseits von der Dorfstraße stand. »Geh dorthin, da wohnen freundliche Leute. Die werden dir beistehen in jeder Gefahr. Die kennen sich aus mit deiner Notlage.«
    »Vergelt's Gott«, sprach Eliza bewegten Herzens.
    »Keine Ursache, was ich getan habe, ist nicht der Rede wert.«
    »O Herr, und Ihr verratet mich nicht?«
    »Wo denkst du hin, Mädchen? Für was für einen Schurken hältst du mich? Nun komm, geh schön weiter, sei verständig. Du hast dir deine Freiheit wahrlich verdient.«
    Das junge Weib drückte ihr Kind an die Brust und entfernte sich mit raschem, federndem Schritt. Der Mann blickte ihr nach und sprach vor sich hin:
    »Shelby mag denken, ich hätte nicht gerade sehr nachbarlich an ihm gehandelt. Aber was sollte ich machen? Sollte er eines von meinen Mädchen in derselben Lage treffen, mag er mir's vergelten. Ich kann es nicht ertragen, wenn sie mit den Hunden hinter solch einem Wesen her sind, das sich hetzt und keucht und ihnen zu entkommen sucht. Im übrigen habe ich keine Lust, für andere den Jäger und Häscher zu spielen.« So sprach dieser einfache und heidnische Mann aus Kentucky, der offensichtlich in die gesetzlichen Verhältnisse nicht eingeweiht war und sich deshalb verleiten ließ, geradezu christlich zu handeln.
    Haley hatte als ein völlig verblüffter Zuschauer der Szene beigewohnt. Als Eliza das andere Ufer erreichte, blickte er Sam und Andy fragend und ratlos an.
    »Das war ein tolles Stück«, sagte Sam.
    »Das Mädchen muß sieben Teufel im Leibe haben«, meinte Haley. »Sie sprang ja wie eine wilde Katze.«
    »Ich hoffe nur«, sagte Sam, sich hinter dem Ohr kratzend, »der Herr wird uns entschuldigen, daß wir ihr auf diesem Weg nicht folgen. Ich glaube nicht, daß ich mir das zutraue«, und er gab ein heiseres Lachen von sich.
    »Du hast gut lachen«, erwiderte grollend der Händler.
    »Gott behüte Euch, Herr, ich kann nicht anders«, sprach Sam, seiner langverhehlten Freude freien Lauf lassend. »Es sah zu komisch aus, wie sie sprang und hüpfte, das Eis krachte, wie man das hörte: bautz, sie sprang, platsch, es spritzte«, und Sam und Andy lachten, bis ihnen die Tränen über die Backen liefen.
    »Ihr sollt mir lachen auf der

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