Onkel Toms Hütte
anderen Seite eures Gesichtes«, sagte der Händler und holte mit der Peitsche aus.
Beide duckten sich, rannten kreischend das Ufer hinauf und saßen zu Pferd, ehe er sie einholen konnte.
»Wir empfehlen uns, Herr«, sagte Sam voller Würde. »Die Herrin wird sich daheim schon sorgen wegen Jerry. Der Herr wird uns jetzt nicht länger brauchen. Über Lizzys Brücke können wir doch nicht reiten.« Damit bekam Andy einen Rippenstoß, und im vollen Galopp stoben beide davon, ihr Lachen verhallte im Winde.
8. Kapitel
Ein würdiges Trio
Elizas verzweifelte Flucht über den Fluß geschah zur Stunde der Dämmerung. Die grauen Abendnebel, langsam vom Wasser her aufsteigend, hüllten sie barmherzig ein, als sie am jenseitigen Ufer verschwand. Das reißende Wasser und die hoch aufgeschichteten Eismassen bildeten eine unüberwindliche Schranke für ihre Verfolger. Langsam und bitter enttäuscht begab sich Haley daher zu dem kleinen Gasthaus zurück, um darüber nachzusinnen, was nun zu tun sei. Die Wirtin ließ ihn in ihr kleines Wohnzimmer eintreten, das mit einem bescheidenen Teppich, mit einem Tisch, bedeckt mit einem glänzenden, schwarzen Wachstuch, mehreren hochlehnigen, unbequemen Stühlen, einigen grell bemalten Gipsbüsten auf dem Kaminsims und einem mißmutig schwelenden Feuer sehr dürftig ausgestattet war. Neben dem Kamin ließ sich Haley auf einer langen harten Holzbank nieder, um über die Vergänglichkeit menschlicher Hoffnungen und menschlichen Glückes im allgemeinen nachzudenken.
»Warum war ich nur so versessen auf den kleinen Affen, daß ich mich derartig betrügen ließ?« sprach er zu sich selber und ließ zur eigenen Erleichterung eine Reihe von Flüchen und Verwünschungen folgen, die wir wohl wahrheitsgemäß wiederholen könnten, aber aus Gründen des guten Geschmacks lieber verschweigen wollen.
Da riß ihn die laute und mißtönende Stimme eines Mannes, der anscheinend vor der Haustür vom Pferde stieg, aus diesen Betrachtungen. Er stürzte eilig ans Fenster.
»Beim Leibhaftigen! Dies wäre ja beinah so etwas wie Vorsehung«, sprach Haley, »wenn das nicht Tom Locker ist.«
Haley eilte hinaus. Vor der Theke in der Ecke des Zimmers stand ein gelbbrauner muskulöser Mann von sechs Fuß Länge und beträchtlicher Breite. Er trug einen Rock aus Büffelhaut, die Fellseite nach außen, was ihm ein zottiges und wildes Aussehen gab und ganz zu seinem Wesen zu passen schien. Sein Gesicht trug den Stempel äußerster Roheit. Stellt man sich eine Bulldogge vor, die plötzlich in menschlicher Gestalt, bekleidet mit Rock und Hut, ins Zimmer stürzt, gewinnt man den besten Eindruck seiner Erscheinung. Ein Reisegefährte, in vieler Hinsicht sein genaues Gegenteil, begleitete ihn. Er war klein und schmal, von behenden katzenartigen Bewegungen, mit einem lauernden Mäuseblick in seinen aufmerksamen schwarzen Augen, wozu jeder Gesichtszug im Einklang stand: seine dünne lange Nase schien mit Vergnügen in allen Geschäften herumzuschnüffeln, sein glattes, spärliches schwarzes Haar sträubte sich über der Stirn. Er machte den Eindruck verschlagener, nüchterner Berechnung. Der große starke Mann schenkte sich ein Glas Branntwein ein und kippte es schweigend hinunter.
Das kleine Männchen stand auf den Zehenspitzen und schnüffelte aufmerksam an jeder Flasche, ehe es sich mit großer Wichtigkeit in seiner dünnen Fistelstimme einen Peppermint bestellte. Er nahm dann das eingeschenkte Glas, betrachtete es mit schlauer Kennermiene wie ein Mann, der den Nagel auf den Kopf getroffen, um es dann in kleinen genießerischen Schlückchen auszutrinken.
»Ja, so ein Glück hätte ich mir nicht träumen lassen, Locker, wie geht's?« sprach Haley, seine Hand ausstreckend.
»Zum Teufel«, war die höfliche Antwort, »was bringt dich hierher?«
Das Mäusegesicht, Marks mit Namen, stellte sofort sein Glas hin, um mit vorgestrecktem Kopf neugierig den Neuankömmling zu mustern, wie eine Katze, die zuweilen ein raschelndes welkes Blatt belauert.
»Hör, Tom, das nenne ich Glück. Ich bin in einer verteufelten Patsche, du mußt mir wieder auf die Beine helfen.«
»Ho, ho! Sieht dir ähnlich!« grunzte der liebenswürdige Bekannte. »Das hat immer seinen Grund, wenn du dich freust, jemand wiederzusehen. Wo hat's denn eingeschlagen?«
»Du hast wohl einen Freund mitgebracht?« fragte Haley und blickte zweifelnd auf Marks, »wahrscheinlich ein Kollege?«
»Ganz recht. Hier, Marks, das ist der Bursche, mit dem ich in
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