Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)
Nansen mit fünf Begleirern nach Grönland.
Im Gegensatz zu allen vorherigen Versuchen einer Durchquerung bricht er an der Ostküste und nicht an der leichter zugänglichen Westküste auf. Seine ursprünglich geplante Route muss er aufgeben, weil er wegen der starken Strömung an der Küste seinen nördlicher gelegenen Ausgangspunkt nicht erreichen kann. Daraufhin verlegt er seinen Zielort in das südlichere Godthaab. In 49 Tagen legt er auf Skiern die
450 Kilometer lange Strecke zurück, die Männer ziehen ihre Schlitten dabei selbst über das Eis.
Zwischen 1893 und 1903 unternimmt Robert Peary einige Schlittenreisen im Norden Grönlands, bei denen er die Grenze des Inlandeises und der Insel kartografieren kann.
Die nächste Durchquerung, erstmals in West-Ost-Richtung, gelingt dem Schweizer Alfred de Quervain 1912 – ziemlich genau auf der von Nansen ursprünglich geplanten Route.
Von April bis Juli 1
913 überqueren der Däne Johann Peter Koch und der Deutsche Alfred Wegener sowie zwei weitere Männer das grönländische Inlandeis im Norden. Sie sind mit Pferdeschlitten unterwegs, die Tiere kommen wegen der Strapazen ums Leben. Die Gruppe erreicht nach rund 900 zurückgelegten Kilometern extrem erschöpft und nahe dem Hungertod die Westküste. Sie werden nur gerettet, weil sie durch Zufall von Einheimischen entdeckt wurden.
Damit sind die wesentlichen Routen über das Eis begangen, das Interesse an Grönland lässt nach, und die Welt richtet ihren Blick mehr auf die höchsten Berge der Erde als auf die Eiswüste. Ab den 1980er-Jahren gibt es jedoch eine Art Revival der Arktisregion. Die neue Abenteurergeneration wird kreativer in ihrer Zielsetzung, neue Rekorde aufzustellen: Die Phase der Superlative beginnt.
Einer Expedition unter der Leitung von Robert Peroni gelingt 1983 die bislang längste Ost-West-Durchquerung ohne Tiere oder Depots. In 88
Tagen legt die Gruppe von drei Männern im Norden Grönlands etwa 1400 Kilometer zurück. Bis dahin war allgemein nicht für möglich gehalten worden, mehr als etwa 500 Kilometer auf dem Eis zu schaffen, wenn man Verpflegung und Nahrung selbst im Schlitten ziehen muss. Peroni unternimmt ab 1988 wiederholt Versuche, als Erster das Inlandeis im kalten und dunklen arktischen Winter zu durchqueren, scheitert dabei jedoch.
Im Jahre 1992 gelingt erstmals einer nur aus weiblichen Teilnehmern bestehenden Expedition die Durchquerung. Leiterin ist die Norwegerin Liv Arneson.
Einen Geschwindigkeitsrekord stellt der Norweger Sjur Mordre 1995 auf: In nur acht Tagen durchquert er mithilfe von Kitesegeln das Inlandeis.
Rune Gjeldnes und Torry Larsen, ebenfalls aus Norwegen, gelingt 1996 die erste Süd-Nord-Durchquerung Grönlands. Auf ihrer Tour von Cape Farewell bis nach Cape Morris Jesup legen sie rund 2900 Kilometer in 86 Tagen auf dem Eis zurück. Eine solche Strecke ist nur möglich, weil sie einen großen Teil davon mit Kites zurücklegen. Dieses Fortbewegungsmittel nutzt 200
5 auch die kanadische Greenspeed-Expedition: In sechs Tagen und 23 Stunden überqueren sie das Eis und stellen damit einen neuen Temporekord auf.
Extrem schnell unterwegs sind im gleichen Jahr auch Niklas Norman, Trygve Nakling Kristiansen und Carl Gustav Rye Florence: Für eine 2500 Kilometer lange Strecke zwischen Narsaq und Qaanaaq brauchen die Norweger nur 21 Tage, was einem Schnitt von 120 Kilometern pro Tag entspricht. Sie brechen zugleich den 24-Stunden-Segelrekord mit einer Distanz von
442,7 Kilometern.
Eric McNair-Landry aus Kanada und Sebastian Copeland aus den USA schaffen im Juni 2010 noch erheblich mehr: 595 Kilometer in 24 Stunden bringen ihnen bei einer Süd-Nord-Expedition einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde ein.
Die längste Strecke, die eine Arktis-Expedition ohne Unterstützung von außen bislang zurückgelegt hat, schafft der Brite Eric Hayes 2009 mit 3120 Kilometern auf dem Inlandeis. Die Zahl bezieht sich auf eine gerade Linie zwischen Anfangs- und Endpunkt. Die tatsächlich bewältigte Distanz liegt mit allen Umwegen und Abweichungen sogar bei 4260 Kilometern – das entspricht etwa der Luftlinie zwischen München und der Grenze zu Afghanistan.
Glossar
Anemometer
– Mechanisches Messgerät zur Bestimmung der Windgeschwindigkeit mit Hilfe eines Propellers.
Angmasette
– Fischart, die im deutschen Sprachgebrauch als Lodde bekannt ist und an Grönlands Küsten häufig vorkommt.
Angmagssalik
– Früherer Name von Tasiilaq, dem größten Ort an der grönländischen
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