Operation Amazonas
Scheide trugen – wenn sich die Shuar-Stämme bekriegten, kam es häufig zu derlei Übergriffen.
Als Tshui sich rittlings auf ihn hockte, langte ihr Kouwe mit der freien Hand zwischen die Beine und ertastete die dort verborgene kleine Erhebung, auf die sich ihre Körperwärme übertragen hatte. Er zog die Klinge aus der verborgenen Lederscheide hervor.
Als sie seinen intimen Diebstahl bemerkte, stieß sie einen Schrei aus und bleckte die Zähne.
Sie versuchte sich wegzuwälzen, doch Kouwe hielt noch immer ihr Handgelenk gepackt. Während sie herumschwenkte, folgte er ihrer Bewegung, sie weiterhin fest umklammernd, und nutzte ihren Schwung, um sich aufzurichten.
Sie standen sich geduckt gegenüber.
Ihre Blicke trafen sich. Er sah die Angst in ihren Augen. »Gnade«, flüsterte sie. »Bitte.«
Kouwe dachte an die vielen Opfer, die sie vergeblich angefleht hatten – doch er war kein Unmensch. »Die Gnade sei dir gewährt.«
Sie entspannte sich ein wenig.
Er nutzte den Moment, um sie an sich zu reißen und ihr das Messer bis zum Heft zwischen die Brüste zu rammen.
Sie schnappte überrascht nach Luft.
»Die Gnade eines raschen Todes!«, zischte er sie an.
Das Gift wirkte augenblicklich. Sie verkrampfte und versteifte sich, als hätte sie einen Stromschlag erlitten. Während ein erstickter Schrei von ihren Lippen kam, stieß er sie von sich. Sie war tot, ehe sie auf dem Boden aufprallte.
Kouwe wandte sich ab und warf das vergiftete Messer weg. »Und das ist mehr, als du verdient hast.«
Das Gewehrfeuer flaute immer weiter ab, bis nur noch vereinzelte Schüsse zu vernehmen waren. Bevor die Verteidigung vollständig zusammenbrach, musste Louis sich mit seinem Schatz in Sicherheit gebracht haben.
Er hob die zweite Uzi vom Boden auf und beobachtete, wie Nate sich mühsam, mit schmerzvoll verzerrtem Gesicht auf die Ellbogen aufstützte.
Louis salutierte vor ihm, wandte sich ab – und erstarrte mitten in der Bewegung.
In ein paar Metern Entfernung sah er etwas, was eigentlich unmöglich war. An einem Baum lehnte eine blasse, ausgemergelte Gestalt. »Louis …«
Er taumelte erschreckt zurück. Ein Gespenst …
»Dad, lauf weg!«, rief Nate in gequältem Ton.
Ein Schauder lief Louis über den Rücken, dann fasste er sich wieder. Natürlich war das kein Gespenst. Carl Rand lebte! Wie war das möglich? Welch glücklichem Zufall hatte er das zu verdanken?
Er zielte mit der Uzi auf die Gestalt.
Der geschwächte Mann hob den Arm und zeigte nach links. Louis schwenkte den Blick herum.
Unter einem Busch stand geduckt ein Jaguar mit golden geflecktem Fell. Im nächsten Moment setzte die Raubkatze zum Sprung an.
Louis schwenkte die Waffe herum und feuerte, schleuderte Erde und Laub empor, während er die auf ihn zufliegende Raubkatze beschoss.
Auf einmal traf ihn unversehens etwas von der anderen Seite.
Er wurde mehrere Meter weit geschleudert und landete mit dem Gesicht im Morast. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst, er schnaubte und spuckte Dreck. Ein gewaltiges Gewicht drückte ihn nieder.
Wer … was …? Er drehte den Kopf herum.
Ein schwarzes Raubtiergesicht funkelte ihn an. Krallen hatten sich schmerzhaft in seinen Rücken gebohrt.
Allmächtiger!
Der erste Jaguar näherte sich ihm drohend. Louis versuchte, den Arm zu heben und die Uzi in Anschlag zu bringen. Ehe er jedoch feuern konnte, flammte ein gewaltiger Schmerz in seinem Arm auf. Zähne gruben sich bis auf den Knochen ins Fleisch, dann ruckten sie zurück und rissen den Arm, untermalt vom Knacken der Knochen, an der Schulter ab. Louis schrie auf.
»Bon appetit«, murmelte Nate.
Dann wandte er den Blick ab. Er hatte einmal einen Dokumentarfilm über zwei Killerwale gesehen, die mit einer Robbe spielten, bevor sie sie fraßen: Sie schleuderten sie umher, fingen sie wieder auf, rissen Fleischfetzen heraus und schleuderten sie abermals empor. Grausam und herzlos. So
unerbittlich wie die Natur. Das Gleiche geschah auch hier. Die beiden Jaguare fanden ein katzenhaftes Vergnügen daran, Louis Favre zu töten, ihn nicht bloß zu fressen, sondern Rache an ihm zu nehmen.
Nate wandte sich den drängenderen Problemen zu. Indem er sich mit den Händen voranzog und mit dem unverletzten Bein abstieß, kroch er zu Kelly hinüber. In seiner Hüfte wütete der Schmerz. Ihm verschwamm die Sicht. Doch er musste sie erreichen.
Kelly lag in einer Blutlache schlaff auf dem Boden. Schließlich sackte er neben ihr zusammen. »Kelly …« Als sie
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