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Operation Blackmail

Operation Blackmail

Titel: Operation Blackmail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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Leonid, der große Höhe nicht mochte. Vor allem nicht ohne
Geländer, und das Einzige, woran er sich festhalten konnte, waren die Fugen zwischen
den großen Steinquadern, aus denen das Schloss errichtet worden war. Vorsichtig
tastete er sich mit dem linken Fuß voran. Zunächst nur Zentimeter für
Zentimeter, aber sein Schritt wurde sicherer. Das war wichtig, denn an den
Fenstern konnte er sich diese Geschwindigkeit nicht erlauben. Meter für Meter
arbeitete er sich die Fassade entlang, bis er das Zimmer von Heinkel erreichte.
    Leonid spähte durch eine Lücke im Vorhang. Das Zimmer lag im
Dunkeln, sein Ziel schlief. Deutlich konnte er erkennen, wie sich unter der
dicken Daunendecke sein Brustkorb hob und senkte. Leonid griff zu einem
weiteren Standardinstrument von Einbrechern, das er in der Wadentasche seiner
Hose versteckt hatte. Er drückte einen Saugnapf auf die Fensterscheibe und
setzte den Glasschneider an. Würde der kleine Diamant in der Spitze des Messers
ausreichen, oder hatten sie etwa selbst im vierten Stock Panzerglas verbaut? Er
hatte es sich nicht vorstellen können. Und er sollte recht behalten. Mit einem
leisen Knirschen, kaum lauter als Zähne, die nachts aufeinandermahlen, schnitt
die Schneide durch das Glas. Einmal rundherum, und er konnte den Saugnapf
mitsamt einem kreisrunden Stück Scheibe herauslösen. Er warf es in den kalten
See, der das Werkzeug mit einem gleichgültigen Platschen begrüßte. Nicht lauter
als eine tauchende Ente, lächelte Leonid.
    Langsam griff er durch die Öffnung und legte die Hand um den Knauf.
Er drehte, das Fenster ließ sich problemlos öffnen, und die alten Scharniere
erwiesen sich als erstaunlich gut geölt, sie gaben keinen Laut von sich. Er
stieg auf den Schreibtisch, der vor dem Fenster stand, und zog die Garrotte,
einen dünnen Draht mit einem kleinen Stück Holz an jedem Ende. Ein primitives
altes Werkzeug von Meuchelmördern, aber heute noch ebenso effektiv wie im 16.
Jahrhundert. Und vor allem: absolut geräuschlos. Mit einem Leibwächter direkt
vor der Tür war ihm selbst die schallgeschützte Pistole zu riskant, deshalb
würde er Heinkel auf die klassische italienische Mafiamethode erledigen.
    Er stand jetzt vor Heinkels Bett, der immer noch friedlich, tief und
fest schlief. Die Daunen gingen auf und ab, regelmäßig, nichts ahnend. Leonid
spannte den dünnen Draht testweise, dann ließ er wieder locker. Er musste ihn
um Heinkels Kehle legen. Davon würde er zwar aufwachen, aber in den ersten
Sekunden nach dem Aufwachen ist jeder Mensch orientierungslos, sogar, wenn er
höllische Schmerzen hat. Er trat ans Kopfende und wollte gerade die Decke
zurückschlagen, als er hörte, wie unter den Daunen eine Pistole entsichert
wurde. Dann spürte er den Lauf einer Waffe, der ihm gegen die Schläfe drückte.
    Â»Hallo, Leonid«, sagte eine eiskalte Frauenstimme.
    KAPITEL 68
    Bad Soden am Taunus, Deutschland
    Tag 16: Dienstag, 22. Januar, 06:55 Uhr
    Paul fror, und sein Rücken schmerzte höllisch, er hatte
die ganze Nacht im Auto vor Philipp Gessners Haus gesessen. Dummerweise war er
kein Profi in Sachen Observation, und so hatte er weder an Essen noch an Kaffee
gedacht, der ihm das Wachbleiben einfacher gemacht hätte. Er streckte die Beine
so tief er konnte in den Pedalraum und drückte die Wirbelsäule durch. Herrje,
wer hätte gedacht, dass die Verfolgung eines Verdächtigen, das tägliche Brot
der Privatdetektive, so langweilig sein konnte. Sie waren wirklich nicht zu
beneiden. Dabei sah in Fernsehkrimis alles immer so spannend aus. Die
stundenlange Warterei zwischen den aufregenden Verfolgungsjagden wurde aber
einfach herausgeschnitten. Die einzige Ablenkung war die Nachricht von Solveigh
Lang gewesen, dass sie Leonid Mikanas geschnappt hatten. In diesem Moment
verhörten sie ihn gerade und versuchten, den Namen des Masterminds aus ihm herauszupressen.
    Pauls Job war der Maulwurf. Zwei Spuren, die beide auf ihre Art zum
Erpresser führen konnten. Und jetzt, nach vier gähnenden Stunden, um fast
sieben Uhr morgens, gab es endlich ein Lebenszeichen von Gessner. Vor einer
halben Stunde war das Licht in seiner Wohnung angegangen, es konnte jederzeit
losgehen. Paul drehte den Zündschlüssel, ohne den Motor anzulassen, um zu
überprüfen, wie viel Benzin er noch im Tank hatte. Er war fast dreiviertel
voll, mehr als genug. Paul rutschte tiefer in

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