Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
Frauentyp sein. Schließlich bedurfte es zur Fortpflanzung einer willigen Partnerin. Und willige Partnerinnen hatten zeit seines Lebens nicht gerade Schlange gestanden. In der Highschool war er der Streberfreak mit den dicken Brillengläsern und dem Rechenschieber in der Hemdtasche gewesen. Seine besten Freunde waren ein Apple iic und eine Raubkopie des Kung-Fu-Spiels Karateka. Auf dem College wurde er als ewige Jungfrau gehänselt und das Opfer von mehr als einem üblen Streich im Duschraum. Immerhin schaffte er es, den Apple gegen einen brandneuen PC mit Windows 3.1 und einer Raubkopie von Doom einzutauschen. Und nun, zehn Jahre später, war er Inhaber von Elysian Games, einem der führenden Entwickler von Videospielen in der Welt, neben Blizzard, Microsoft und EA. Mit dreißig Jahren hatte er ein Imperium aufgebaut und verdiente in einem Jahr mehr Geld als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben.
Seine dicken Brillengläser waren den Weg des tasmanischen Tigers gegangen und durch Kontaktlinsen ersetzt worden, der Rechenschieber durch einen PDA, aber noch immer war er durch und durch Computerfreak. Es gab eine Zeit, in der ihn nichts vom Spiele-Entwickeln ablenken konnte. Bis »sie« in sein Leben trat. Genaugenommen hatte er sie eingestellt. Angela O’Neill. Eine brillante Programmiererin. Er bewunderte ihr Talent. Kaum eine Frau konnte sich für die Entwicklung realistischer Spielphysiken begeistern – sie schon. Doch nicht das war es, was sein Auge vom Computerbildschirm abgelenkt hatte. Es war ihre Vorliebe für enge T-Shirts, die ihre ausgeprägten Rettungsringe betonten. Er wusste nicht genau, warum, aber er war verrückt nach diesen Rettungsringen.
Wie sich herausstellte, war sie verrückt nach PDAs. Ein Jahr später heirateten sie – ein großes Spektakel und vielleicht die einzige Veranstaltung abseits der Welt der Computer, die ihre Gäste jemals besucht hatten. Schließlich, heute vor zwei Jahren, bekamen sie ein Kind. Ben. Einen kleinen Kümmerling mit hellblauen Augen, blasser Haut und pechschwarzem Haar. Angie blödelte, dass Gott den Kontrast zu hoch eingestellt hätte, als Ben geschaffen wurde.
Und jetzt, an Bens zweitem Geburtstag, rissen sie sich endlich mal los vom Geschäft. Ließen ihren Monitor Monitor sein und das Chaos im Büro hinter sich. Ihr Ziel hieß Lynch Park, ein Ausflugsparadies mit grünem Gras, hohen Bäumen und zwei kleinen Stränden, einer Konzertmuschel, einer Eisdiele und einer Meeresbrise, die einfach unschlagbar war. Alles, was sie mitnahmen, waren Handtücher, Spielzeug und viel Sonnencreme.
Daniel war gerade von einer einwöchigen Geschäftsreise rund um die Welt zurückgekommen. Nach Verhandlungen in Tokio und Hongkong hatte er in Washington Station gemacht, wo sein Team das Oval Office für ein Level seines neuen Ego-Shooters fotografierte: »Army Ranger: Advance Strike Force«. Inspiriert von den Heldentaten des gegenwärtigen Präsidenten als Army Ranger, tauchte im Spiel auch dessen Doppelgänger auf, obwohldie Figur natürlich anders hieß. Höhepunkt der Reise war der Empfang beim Präsidenten im Oval Office gewesen. Seit Monaten machte Daniel damit Publicity, und das Ereignis hatte seine hochgesteckten Erwartungen noch übertroffen. President Duncan hatte ihn nicht nur ausgesprochen herzlich begrüßt, sondern sogar gesagt, er freue sich darauf, das Spiel zu spielen. Der Präsident! Peinlicherweise hatte Daniel ihn anschließend angeniest. Anscheinend irgendein Virus, das er sich vor einer Woche in Hongkong eingefangen hatte. Der Präsident war mit einem Scherz darüber hinweggegangen.
Doch das Beisammensein mit der Familie – da konnte auch ein Besuch beim Präsidenten nicht mithalten. Nicht einmal eine Godzilla-Vorstellung in einem Tokioter Kino. Und selbst die Veröffentlichung eines neuen Spiels nicht. Die Erkältung war fast überstanden, und Daniel war fest entschlossen, zusammen mit den Menschen, die er am meisten liebte, den Ausflug in vollen Zügen zu genießen.
Als sie den Nationalfriedhof in Beverly passierten, wo Daniels Großeltern beerdigt lagen, beglückte der kleine Ben sie mit einer enthusiastischen Version von »The Wheels on the Bus«, einem Lied, zu dem er mindestens zwanzig neue Verse kreiert hatte. Daniel kannte sie alle auswendig. Der Klang der Stimme seines Sohnes war magischer als der Begrüßungston eines Computers. Ben war seine großartigste Kreation. Nichts kam ihm gleich.
Daniel war selbst am meisten überrascht
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