Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
Doch der Wald war ein endloses Meer aus mächtigen Baumstämmen und Buschwerk an einem von verfaulenden Pflanzenresten bedeckten, steilen Abhang. Es gab nur einen Weg: abwärts.
Und dann? Bis zum Fluss waren es zwei Tage zu Fuß, bis zu den nächsten Außenposten der Zivilisation noch mindestens eine Woche mehr. Und welche Waffen konnte es dort schon geben, die einer Horde wie dieser gewachsen waren?
Keine.
Hoffnungslosigkeit überwältigte ihn und legte sich wie Blei in seine Glieder. Unvermittelt kam ihm seine Frau in den Sinn, und er bedauerte, ihr nie gesagt zu haben, wie zornig er darüber war, dass sie ihn verlassen hatte. Ihre Unversöhnlichkeit und ihr Spott standen ihm noch deutlich vor Augen. Sie hatte die Kryptozoologie als eine Beschäftigung für Kinder oder Schwachsinnige verhöhnt, als reine Spintisiererei. Es war ein Fehler gewesen, bei ihr auf Verständnis zu hoffen. Und das wäre ihm nie klargeworden, wenn nicht … Kopfschüttelnd verbannte Weston diese Gedanken. Das Bild seiner Frau wollte er beim Sterben ganz bestimmt nicht vor Augen haben.
Der Boden unter seinen Füßen wurde sicherer. Das Brennen in den Lungen ließ nach, und der Schweiß auf seiner Stirn verdunstete jetzt, bevor er in die Augen tropfte. Er bekam wohl das, was man die »zweite Luft« nannte, und einen Moment lang schöpfte er wieder Hoffnung.
Da strich ein flackernder Schatten über ihn hinweg, als würde irgendetwas über ihm die spärlichen Sonnenstrahlen abblocken, die durch das Blätterdach drangen. Er blickte hoch und starrte in zwei rotgeränderte, tiefgelbe Augen. Die Bestie kreischte und griff nach ihm. Ihre Finger fanden seine Expeditionsweste und packten zu. Einen Augenblick später verlor er den Bodenkontakt und wurde mit erstaunlicher Leichtigkeit durch die Luft geschleudert.
Alles drehte sich um ihn, während er die ganze Gruppe auf sich zukommen sah, einige in vollem Lauf, manche durch die Wipfel, während andere ungeschickt durchs Gebüsch stolperten. Normalerweise wäre er vielleicht drei Meter weit durch die Luft geflogen, aber die Steilheit des Geländes verlängerte seinen Sturz. Erst nach fast zehn Metern kam Weston auf, doch das Gefälle, das seinen Sturzverlängert hatte, milderte ihn auch ab. Er rollte und schlidderte noch fünfzehn Meter weiter, bis er am Fuß eines großen, schlanken Adlerholzbaums zum Liegen kam.
Er wusste, dass er von Glück sagen konnte, überhaupt überlebt zu haben, noch dazu ohne gebrochene Knochen. Mühsam rappelte er sich auf, wobei er sich der Nähe der Horde haariger Kreaturen, die den Berg heruntergedonnert kamen, schmerzhaft bewusst war. Mit wackligen Knien lehnte er sich an den Baum. Der Stamm erzitterte.
Weston blickte hoch und sah wieder in diese rotgeränderten Augen. Die Kreatur hing kopfunter im Baum und schlug mit dem Handrücken nach ihm. Er ging zu Boden, betäubt und der Verzweiflung nahe. Sie hatten ihn. Die Flucht war zu Ende.
Er begann zu weinen, während die Kreatur mit jener Geschicklichkeit den Baum herabkletterte, die ihm schon die ganze Woche aufgefallen war. In vieler Hinsicht waren sie besser an ein Leben in den Bäumen als auf der Erde angepasst. Die Bestie stellte sich vor ihm auf die Hinterbeine und richtete sich zu ihrer vollen Größe von anderthalb Metern auf. Ohne ihre außergewöhnliche Körperkraft hätte Weston sich vielleicht den Weg freikämpfen können. Doch er erinnerte sich, mit welcher Leichtigkeit er wie ein Kind durch die Luft geschleudert worden war.
Während das Biest sich über ihm aufrichtete, stieß es einen gutturalen Laut aus, und jetzt umzingelten auch die anderen den auf dem Rücken liegenden Weston. Kreischend schlugen sie in einem grotesken Schauspiel auf den Boden, wie er es von ihnen noch nie gesehen hatte, nicht einmal, wenn sie auf die Jagd gingen. Ein paar blieben in den Bäumen, wo sie schreiend an den Ästen rüttelten. Das Untier, das ihn erwischt hatte – Red Rim, wie er es bei sich wegen der rotgeränderten Augen nannte –, starrte ihm insGesicht. Es beugte sich näher und beschnupperte ihn gründlich von Kopf bis Fuß.
Vielleicht wollen sie feststellen, ob ich essbar bin, dachte Weston. Er überlegte, ob er sich irgendwie unappetitlicher machen könnte, aber das war kaum möglich. Seine Beine waren bereits mit Kot beschmiert, die Hose urindurchtränkt. Er stank erbärmlich – obwohl, wie er jetzt feststellte, nicht so schrecklich wie die Kreaturen, die ihn umringten. Sie rochen scharf nach
Weitere Kostenlose Bücher