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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: York Pijahn
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stelle ich meistens folgende Frage: »Was würdest du machen, wenn du morgen zehn Millionen gewinnst?« Dem Reiz dieser Frage kann sich niemand entziehen, ich nicht, der Dalai Lama nicht, niemand. By the way: Was würde der Dalai Lama wohl mit zehn Millionen machen? Nimmt er sein Kassengestell für immer von der Nase und trägt
nur noch Elton-John-Brillen aus Platin und Plateau-Sandalen aus Schneeleopardenleder? Oder lebt er seinen geheimen Traum und macht ein Kickbox-Studio samt Schrotflinten-Schießstand auf den Seychellen auf?
    Mmh. Man weiß es nicht. Stattdessen hier ein Überblick über die Antworten aus meinem Freundeskreis: Felix wünscht sich einen bequemen Sessel und eine Leselampe fürs Wohnzimmer (Felix: »Ich hab Liebeskummer, verdammt, da lässt sich mit Geld nix machen.«). Silke hätte gern ein neues Rennrad, ein Zimmer mehr und einen Balkon (Silke: »Muss aber nicht sein.«). Stulli würde sein Haus gern abbezahlen, mal nach New York fahren und seinem Sohn ein Pony kaufen (Stulli: »Oder eine Katze, denn wo soll das Pony wohnen, im Carport?«).
    Ohne Geld ist man im Eimer. Mit Geld hat man trotzdem Liebeskummer.
    Ganz ehrlich - das alles sind Antworten, bei denen mir ein bisschen übel wird. Und ich im Freundeskreis-Versand gleich eine neue Garnitur »Best Buddies« bestellen will. Ein Mangel an Kreativität gepaart mit Bausparer-Biederkeit, die so bieder ist, dass sie nach Mietskaserne und Kartoffelwasser stinkt, können Sie es auch riechen? Ein Sessel? Ein Rennrad? Ein beklopptes Pony, wenn man sich eine Herde Albino-Mustangs mit verchromten Hufen kaufen könnte? Zehn Millionen
sind das Ticket zum Glück. Alles ist machbar: Zeppelinhangar, Prince gibt ein Privatkonzert in meiner Küche, endlich Besitzer einer Parmesankäsefabrik in Norditalien werden. Alles wird einfach.
    Dachte ich. Wirklich. Bis ich auf Stephan Goldbart und Joan di Furia gestoßen bin. Die beiden kalifornischen Psychologen leiten eine Beratung für Superreiche, die den beiden die Bude förmlich einrennen. Das Problem der Millionäre: das sogenannte Sudden Wealth (plötzlich reich) Syndrome . Vor allem Lottogewinner oder Erben fühlen sich durch plötzlichen Reichtum isoliert, trauen keinem mehr, verlieren die alten Freunde, bekommen Depressionen, kurz: führen ein Leben, das beschmierter kaum sein könnte. Eine deutsche Studie zeigt: Lottogewinner sind im Durchschnitt nur ein Jahr froh. Dann ist alles wie vorher. Durchschnittlich glücklich. Man kratzt sich morgens am Hinterkopf, man hätte gern einen Kaffee und freut sich, wenn man jemanden Netten in der Küche trifft und im Radio Crazy in Love von Beyoncée läuft und man dazu ein bisschen mit der Fußspitze wippen kann. Alle Befragten der deutschen Lottostudie wollten übrigens eine Weltreise machen. Aufgebrochen ist schließlich keiner. Ich vermute, sie hatten zu viel mit dem neuen Haus zu tun oder wollten ihre neuen Klamotten einfach nicht so lange alleine im Schrank hängen lassen.
    Was also tun? Ohne Geld ist man im Eimer. Mit Geld hat man trotzdem Liebeskummer. Glücksforscher sagen: Freunde, Familie, eine sinnvolle Arbeit, die anderen hilft, macht
glücklich - viel Geld tut es nicht. Nächste Woche kaufe ich Felix eine Leselampe, er hat sowieso Geburtstag, den passenden Sessel besorgt er sich dann vielleicht alleine. Und ich nehme meine erste Klavierstunde. Ganz im ernst: Wenn nicht jetzt - wann dann?
    Illu. 24

Friede sei mit mir: Mogelpackung im Haus des Herrn
    I ch stehe mit halb geschlossenen Augen da und höre dem Rentner links neben mir beim Singen zu: »Haaa …!« Rosafarbenes Poloshirt, Seglerbräune. Er schafft es, zwischen den Strophen zackig auf dem Kaugummi herumzukauen. »… leee«, das ist die dicke Frau rechts. Sie hat ein lila-weiß getupftes Kleid an und Oberarme, die wie prall gefüllte Wärmflaschen aussehen. Sie riecht nach »Tosca«, dem Lieblingsparfum meiner Mutter. »… luuu!«, das bin ich. Und jetzt zusammen: »Ha-le-lu-jaaah!«
    Es ist Sonntagmorgen, und ich bin nicht im Bett. Sondern in der Kirche, drei Minuten von meiner Wohnung entfernt. Ich bin das, was mein Freund Stulli einen U-Boot-Christen nennt. Ich lasse mich zu Taufen, Hochzeiten und Weihnachten blicken, dann tauche ich ab. Mein Verhältnis zur Kirche entspricht jenem, das ich zur Zahnreinigung habe. Ich weiß, dass man sich besser fühlt, wenn man da war und diesen sauberen Zahnarztgeschmack im Mund hat. Aber bis ich meinen Hintern in Bewegung setze, ist wieder ein Jahr rum. Dazu

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