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Operation Glueckskeks

Titel: Operation Glueckskeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: York Pijahn
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Beziehungs-Bilderbuch. Verliebt wie Sau, aufeinander bezogen wie Helmut und Loki Schmidt, eines dieser »Alles-Roger-in-der-Altbauwohnung-Paare«, die man vor lauter Glück und am Kühlschrank klebenden Pärchenurlaubsfotos irgendwann vergisst zu fragen, wie es denn eigentlich so läuft. Mit Anfang 30 war der letzte Tsunami durch meinen Freundeskreis gefegt, jetzt, sechs Jahre später, war es wieder so weit.
    Ich glaube an die Existenz des Trennungs-Tsunamis: der Riesenwelle, die sich durch die Republik wälzt und Paare auseinanderreißt.
    »Und weißt du, was das Schlimmste an dem ganzen Dreck ist?«, sagte Felix am Telefon mit einer Stimme, die wie Schmirgelpapier klang. »Das Schlimmste ist, dass der ganze Schmuh jetzt wieder von vorne anfängt: traurig sein, müde
sein, wütend sein, die Ex zufällig treffen, traurig sein, sich langsam nach oben rappeln, was für ein Dreck.«
    Ich erinnerte mich an meine eigene letzte Trennung, nach der ich mich gefühlt hatte, als würde ich auf einem Spielbrett wieder auf das Startfeld zurückgeschoben. Nein, gehen Sie nicht über Los, nein, Sie bekommen auch kein Geld, hat ja mal wieder nicht geklappt, Sie alte Nulpe. Um kurz vor sechs legte ich das Telefon auf und kroch zurück ins Bett.
    Felix kommt am Wochenende aus Berlin nach Hamburg - und zieht für ein paar Tage bei mir ein. Wir werden gemeinsam auf den Schwächen seiner Exfreundin rumhacken und beide wissen, dass wir übertreiben. Ich werde ihm pro forma die frisch getrennten Frauen aus meinem Hamburger Freundeskreis vorstellen, obwohl klar ist, dass es dafür zu früh ist. Wir werden diese coole Gitarren-Version von »I will survive« hören und es heimlich gut finden. Wir werden schwierige Mixdrinks trinken, auf dem Dach eine filmreife Zigarette rauchen. Und zusammen warten, dass die Zeit vergeht. Dass die Welle weiterrollt. Und man wieder von vorne anfängt. Man kennt das langsam, auch wenn es dadurch nicht unbedingt leichter wird. Alles auf Anfang.
    Illu. 26

Realschule reloaded: Das Klassentreffen aus der Hölle
    » O kay, wir gehen jetzt rein.« Der Satz klang wie aus einem Thriller, nach Rauchbombe und Geiselbefreiung: ein Hauch von Beirut mitten in Bielefeld. Christoph schob mich Richtung Kneipentür, und mir gingen zwei Gedanken durch den Kopf: Oh Mist, ich will nicht. Und: Oh Mist, ich will nicht.
    Wenn es jemanden gibt, der angstfrei zu einem Klassentreffen fährt, will ich ihn kennenlernen. Er kommt wahrscheinlich gerade von einer Zahn-OP, die er gut gelaunt hinter sich gebracht hat, zum Geräusch des Bohrers »New York, New York« schnippend, er hat Nerven aus Kneifzangenstahl und ein Ego wie Roberto Blanco auf Kokain. Ich bin sicher: Sogar der Papst hat Bammel davor. Vor dem Vergleich mit dem, der man früher war.
    Tür auf, Kneipenlicht, und dann standen wir mittendrin. Klassentreffen sind wie Familienfeiern. Nur dass man mit den Beteiligten nicht die Gene teilt, sondern ein Stück Biografie. Statt der gleichen Nase hatte man den gleichen Mathelehrer. Man fand die gleichen Mädchen gut, nannte Französisch »Franze« und verbrachte mehr Zeit zusammen als mit seinen Geschwistern. Klassentreffen. Sosehr man gegen das Pathos
anwitzelt: Man ist zu Hause, wieder in seinem Jugendzimmer, worin man Weihnachten einquartiert wird. Man will hier nicht mehr wohnen, aber es ist toll, für eine Nacht darin zu schlafen. Ich stand in einem Raum voller Leute, die wissen, wie ich mit Lederkrawatte und »Miami Vice«-Sakko aussehe, wenn ich mit 30 Stundenkilometer auf einem Mofa fahre und dabei »Too shy, hush hush, eye to eye« von Kajagoogoo singe. Ich fühlte mich als Teil einer zum Leben erwachten Vorher-Nachher-Fotostrecke.
    Christoph hatte keines der letzten Jahrgangstreffen verpasst und mir im Taxi die zwei wichtigsten Regeln eingebläut.
    Ich war in einem Raum voller Leute, die wissen, wie ich aussehe, wenn ich Mofa fahre und Too shy, hush hush, eye to eye s inge.
    Zieh bloß nicht die Klamotten an, die du zu Abi-Zeiten cool fandest, du kommst zum Grundschultreffen ja auch nicht mit dem Tretroller. Und: Glaub nicht, dass du die Mädchen, in die du mal verliebt warst, nicht immer noch gut findest. Oberstufenverknalltheit hält länger als Pattex.
    Tür auf, Jacke aus - und da standen sie alle: Conny Oberhorstschelp zeigte Kinderfotos herum. Sie hatte schon viermal Nachwuchs bekommen und fuhr ein Liegerad mit Anhänger, das vor der Kneipe parkte. Sie hatte eine tiefe Liebe zu frittiertem Essen entwickelt oder war

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