Opfer fliegen 1. Klasse
Arme: „Wenn wir schon nicht beim Treffen im
Grandhotel .Königssohn’ willkommen sind, dann sollten wir doch mit einem oder
mehreren der Überlebenden reden.“
„Ich kenne fünf Namen“, nickte
Gaby und öffnete das letzte Zöpfchen wieder, weil’s zu dicht an ihrem
sommerkurzen Pony war: „Armin Leipel, Susanne Kühnert — Nadja Mutter, Helmut
Werfall, Alfons Schröder und Klaus Ebert.“
„Werfall? Schröder?“ forschte
Tim. „Sind die mit unseren beiden Verliebten verwandt?“
„Die Onkels. Mit großem Geld,
selbstverständlich. Ein ehemaliger Juwelier und ein Möbelhersteller. Nein,
Schröder ist spezialisiert auf Küchen. Die berühmten Schröder-Einbauküchen.“
„Haben wir zu Hause“, sagte
Klößchen. „Meine Mom ist sehr damit zufrieden. Trotzdem kocht sie nicht gern.
Aber das liegt an ihrem Diät-Tick wegen meines übergewichtigen Papas.“
„Was für ein Glück“, meinte
Karl grinsend, „daß wenigstens der Sohnemann schlank ist.“
„Ph!“ machte Klößchen. „Nur
keinen Neid.“
Er war immer noch mit seinem
Radio beschäftigt, hatte zwar nicht Radio-Kalkutta gefunden, dafür aber ein
Dritt-Programm aus der TKKG-Stadt und ließ Techno-Beats für einen Moment dröhnen.
Tim wollte schon sagen, er
solle das Trommelfell-Massaker ein bißchen dämpfen, als sich der Sound
plötzlich änderte. Aus Musik wurden Nachrichten.
„...teilt das Polizeipräsidium
mit“, erklärte ein Sprecher, „daß am frühen Nachmittag aus der nahen Landesstrafanstalt
Sassvest ein spektakulärer Ausbruch zweier Schwerkrimineller gelang. Eckhart
Diepholz und Bosko Müller, zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilte
Gewalttäter, sind auf freiem Fuß und werden sicherlich hier in der Großstadt
untertauchen. Diepholz, der auf den Beinamen Fischhaut hört, und Müller,
genannt Kernspucker, gelten als äußerst gefährlich. Für Hinweise, die zu ihrer
Ergreifung führen, sind 10 000 DM ausgesetzt.“
Es folgte eine anschauliche
Personenbeschreibung, und das war’s dann als Nachricht. Musik setzte wieder
ein.
10 000, dachte Tim. Das wäre
ein warmer Regen, in dem ich gern duschen würde.
Aber er hing dem Wunschdenken
nicht nach, ebensowenig wie seine Freunde, sondern kam auf die von Gaby
genannten Namen zurück.
„Pfote, du hast noch einen
fünften Namen genannt — von denen aus dem Überlebens-Club. Klaus Ebert. Wer ist
das?“
Gaby flocht noch immer und
blickte, beinahe schielend, nach links, als wollte sie die Entstehung des
Zöpfchens optisch überwachen.
„Ebert ist Prokurist — also eine
Art Geschäftsführer — bei Alfons Schröder. Ist dessen rechte Hand. Eine
Vertrauensstellung in Sachen Einbauküchen. Außerdem ist Ebert ein Glückspilz.
Ich weiß das alles von meinen Eltern, als sie mal über ihn sprachen.“
„Glückspilz?“ forschte Tim mit hochgezogenen
Brauen. Gaby nickte, ohne das Haargeflecht loszulassen. „Er war schon mal
abgestürzt — vor dem Unglück bei Malakaputtschino.“
„Was?“ rief Klößchen. „Schon
mal abgestürzt? Und? Hat er dabei überlebt?“
„Oh, Willi!“ meinte Gaby und
verdrehte die Augen nach oben. „Wie sollte er denn sonst an dem zweiten Absturz
teilnehmen?“
Klößchen grinste. „War nur ein
Witz.“
„Hahaha!“ machte Karl.
„Hinterher kann man das immer behaupten.“
„Ich bin doch nicht blöd“,
erwiderte Klößchen.
„Wie war das nun mit Eberts
erstem Absturz?“ fragte Tim seine Freundin.
„Ganz irre! Er und seine Frau
hatten bei einer Silvesterball-Tombola einen Freiflug gewonnen. Nicht mit dem
Jet, sondern mit dem Fesselballon. Diese umweltschonende Heißluftfahrt fand dann
ein halbes Jahr später statt. Aber nur Klaus Ebert nahm teil. Seine Frau — ich
glaube, sie heißt Bettina und neigt zu krampfartigen Kopfschmerzen, zu Migräne
— wollte nicht. Sie hatte wohl Angst. Oder Kopfschmerzen. Jedenfalls ist Ebert
allein geflogen. Nur er und der Ballonführer befanden sich in der Gondel, dem
Korb für die Passagiere. Tja, und dann — irgendwo über den österreichischen
Alpen war der Ballon plötzlich defekt. Wohl infolge von Materialermüdung.
Jedenfalls riß die Ballonhaut auf, und fluppp ist die Heißluft entwichen. Zum
Glück langsam! Ebert und der Ballonführer sind also in Zeitlupe abgestürzt,
landeten in einem Bergsee und kamen mit dem Leben davon. Nur Schrammen. Das
Gefährlichste an dem Unglück war der Umstand, daß der Ballonführer nicht
schwimmen konnte. Ebert mußte ihn retten.“
„Wahnsinn!“
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