Opfer fliegen 1. Klasse
klang in Eberts Ohren, als würde sich diese Tür nie wieder öffnen.
Verstört stand Bettina da. Dann
sank sie ihm an die Brust.
„Klaus! So ein Mist! Es ging ganz
plötzlich. Nicht mal schreien konnte ich. Sie kamen durch die Hintertür rein
und haben mich rumgestoßen. Ganz brutal. Ich kann froh sein, daß sie mir nicht
noch Schlimmeres angetan haben. Ich...“
„Wir können uns einsargen
lassen“, unterbrach er sie flüsternd. „So ein Pech! So ein Unglück! Hat sich
die Hölle gegen uns verschworen?“
„Ja, es ist schrecklich.“ Auch
sie sprach leise. „Schrecklich? Hast du vergessen, welcher Tag heute ist?“ Sie
starrte ihn an. Ihr Herzschlag setzte aus. An alles hatte sie gedacht in der
Aufregung. Nur nicht daran, daß... „Du hast...?“ stammelte sie.
„Über 1,6 Millionen“, nickte
er. „Die Sporttasche ist voll und wiegt, als wäre sie mit Steinen gefüllt. Sie
steht an der Garderobe. Schön sichtbar für diese zwei Mistkerle.“
„Mein Gott!“
„Eine kleine Chance haben wir
noch. Nämlich die, daß sie nicht darauf achten. Vielleicht fressen sie sich
erst mal voll bis an die Mandeln und betrinken sich dann. Ja, mein Cognac! Mein
erstklassiger teurer Cognac! Jungs, das ist doch was! Brecht der Flasche den
Hals! Laßt euch vollaufen! Aber Hände weg von der Tasche!“
„O Gott!“
„Wenn sie bis Montagfrüh
bleiben, Bettina, ist natürlich die Katastrophe perfekt. Denn im Betrieb wird
dann das Geld vermißt. Außer mir kann es niemand gewesen sein. Ich fehle. Ich
gehe nicht ans Telefon. Schröder ist nicht blöd. Er wird sofort die Bullen
verständigen, und zehn Minuten später sind sie hier.“
Bettina preßte die Hände an den
Kopf. Ihre Migräne begann: ein dumpfer, krampfender Schmerz unter der
gepflegten Frisur.
„Klaus, und wenn du ihnen das
Geld überläßt?“
„Dann hauen sie vielleicht
vorher ab. Aber für uns war alles umsonst. Nein, Liebling, wir warten.
Vielleicht haben wir Glück.“
„Wenn wir nichts sagen, Klaus,
gibt es hier am Montagfrüh eine Schießerei, ein Blutbad. Und wir sterben als
Geiseln.“
„Aber vielleicht verschwinden
sie eher. Könnte doch sein. Vielleicht sogar heute nacht. Dann erreichen wir
den Flieger noch morgen vormittag. Könnte doch sein. Und selbst wenn sie bis
Sonntagnacht bleiben, würde uns der Vorsprung noch reichen.“
Sie nickte. Er hatte wiedermal
recht. Er war ein Stratege. Doch dann fiel ihr was ein.
„Klaus! Morgen abend wäre doch
unser Treffen im Hotel ,Königssohn’. Alle Überlebenden werden da sein. Und
Schröder würde dumm gucken, wenn wir fehlen.“
Ebert grinste wie jemand, der
an alles denkt und die Probleme im Griff hat.
„Ich habe uns bei Schröder
entschuldigt. Deine Mutter ist schwer erkrankt, und wir müssen übers Wochenende
zu ihr hin. Wie sich das gehört für eine liebevolle Tochter und einen artigen
Schwiegersohn.“
Bettinas Mutter hatte in einer
fernen Kleinstadt ein schönes Grab auf dem Friedhof, war schon vor fünf Jahren
zur letzten Ruhe gebettet worden. Aber Küchen-Schröder wußte das nicht und
hatte mitfühlend gute Besserung gewünscht für die alte Dame.
7. Rasenmähen und aushorchen
Karl hatte sich verpflichtet,
auf dem elterlichen Grundstück noch heute den Rasen zu mähen. Jetzt, als
eigentlich Tims action anlaufen sollte, fiel ihm das ein; und der TKKG-Häuptling
hätte sich beinahe in Verwünschungen ergangen.
Andererseits sah die ca. 1200
qm große Wiesenfläche rund um die trutzige Vierstein-Villa schrecklich aus. Als
hätte die Steppe hier einen struppigen Ableger produziert — voller Disteln,
Unkraut und verfilzter Halme.
„Da hilft alles nichts“, meinte
Tim. „Wir müssen ran. Wenn wir in die Hände spucken, sind wir in zwei Stunden
fertig.“
Und los ging’s! Klößchen schob
den elektrischen Mäher, Tim den mechanischen, der Muskelkraft erfordert. Karl
betätigte den Elektro-Trimmer für Randschnitte an Hecke und Wegen, Gaby harkte
das künftige Heu mit dem Rechen zusammen. Anschließend wurde es im Garteneck
kompostiert.
Nach einer Stunde und 48
Minuten sah der Garten aus wie geleckt. Karls Mutter war begeistert, servierte
Coke, Mineralwasser und belegte Brote. Tim sprach der Stärkung nur verhalten zu
und blätterte statt dessen im Telefonbuch.
„Es gibt 51 Eberts“, stellte er
fest. „Darunter 19 Kläuse. Welcher ist unserer?“
Gaby wußte es nicht, sah aber
einen Ausweg.
„Die aus dem Überlebens-Club
kennen sich ja alle persönlich. Nadja
Weitere Kostenlose Bücher