Opferzahl: Kriminalroman
kleinen Insel Tilos zwischen Rhodos und Kos, einer freien Zone zwischen all den touristischen Zerstörungen. Vorläufig noch. Jedenfalls klang es so - in der Tourismusbroschüre.
Er war direkt aus Berlin gekommen und wollte sich hier auf Rhodos mit Sara und Isabel treffen. Sie würden mit dem Schiff weiterfahren und eine erholsame Woche auf Tilos verbringen. Das war der Plan.
Die große Anzeigetafel rasselte. Neben dem Wort Stockholm blinkte jetzt das Wort »gelandet«.
Die letzte Viertelstunde war schierer Genuss.
Schließlich kam Sara Svenhagen, Isabel im Kinderwagen schiebend, heraus. Sie waren vereint. Umarmten sich. Und ihnen gelang sogar ein echter Filmkuss.
Er zog sie mit sich zum Flughafenrestaurant. Sie holten sich zwei kleine Flaschen Retsina und setzten sich an einen ziemlich schmierigen Tisch. Isabel war in ihrem Kinderwagen neben dem Tisch eingeschlafen; so spannend war es, Papa wiederzusehen.
Jorge schenkte den harzigen Wein ein und sagte:
»Ich habe die Polizeiarbeit ziemlich satt.«
»Ich auch«, sagte Sara.
»Und was ist in der Stadt passiert?«
»Nicht sehr viel. Aber du bist ein internationaler Held, mein Latino-Ritter. Hast du ihm wirklich den Daumen abgerissen?«
»Frag nicht«, erwiderte Jorge mit angewiderter Miene. »Da war eine Menge Adrenalin im Spiel.«
»Ja, was ist in Stockholm passiert?«, sagte Sara. »Andreas Bingby ist aufgewacht. Er hat die Geschichte der Mädchen bestätigt und weint um seine Gabriella. Arman Mazlum ist auf freiem Fuß. Er kehrt zum Skärholmen Benknäckers IF zurück und nimmt wieder Kontakt zu Kräkan auf. Viggo soll zur Operation und Zellgiftbehandlung ins Krankenhaus, und Jan-Olov kehrt in die Sauna am Ravalen zurück. Wenn sie ihn denn loswerden. Aber was ist mit Paul und Kerstin?«
»Neugierig bist du gar nicht«, stellte Jorge fest und lächelte.
»Du ahnst gar nicht, wie!«, sagte Sara und lächelte ebenfalls.
»Ich weiß es nicht«, sagte Jorge. »Stimmt es, dass Per Naberius sich in Luft aufgelöst hat?« Sara nickte.
»Mächtige Beschützer, weißt du ...« Sie schwiegen eine Weile. »Wir haben einiges nachzuholen«, sagte Sara. »Ja«, antwortete Jorge, und ein Anflug von Schmerz trat in sein Gesicht. Er rieb ihn weg. »Ich liebe dich.«
»Und ich liebe dich.«
Als sie sich über den Tisch beugten, um sich einen Kuss zu geben, gab es hinter ihnen eine kräftige Explosion.
Gegenseitig zogen sie sich auf den Fußboden herunter.
Er zog sie im selben Augenblick, als sie ihn zog. Sie tasteten nach ihren Dienstwaffen, die nicht vorhanden waren.
Ihre Blicke trafen auf ein sonnenverbranntes Paar am Nebentisch. Das Paar starrte sie erschrocken an, und die Hand des Mannes hielt eine heftig schäumende Champagnerflasche.
Jorge und Sara brachen in Gelächter aus. Es war jenes Lachen, das einfach kein Ende findet. Sie lagen auf dem schmutzigen Fußboden des Flughafenrestaurants und lachten und lachten.
»Wir brauchen ein paar Tage Urlaub«, sagte Sara Svenhagen.
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